0173 - Zombie-Fieber
letzten Augenblicken seines Lebens empfunden haben mußte.
Norton bückte sich und legte dem Toten die Hand auf die Stirn.
Der Körper begann sich zu regen. In den gebrochenen Augen flackerte ein gelbes, unheimliches Feuer auf, dann richtete sich das Wesen mit mühsamen Bewegungen auf.
»Folge mir«, befahl Norton.
Er ging langsam durch den Gang. Hinter dem schweren Samtvorhang, der das eigentliche Lokal von dem Vorraum trennte, konnte er jetzt deutlich Musik hören; die Stimmen der Gäste, Gelächter, das Klirren von Glas.
Mit einem Ruck schlug er den Vorhang beiseite und blieb unter dem Eingang stehen.
Das Lokal war gut besucht. An den Spieltischen hielten sich mindestens zwei Dutzend Personen auf, und noch einmal die gleiche Anzahl belagerte die lange Bar, die die gesamte Südseite des Raumes einnahm.
Norton spürte das pulsierende, übersprudelnde Leben vor sich, und er fühlte, wie Altuuns Gier mit größerer Wut wie jemals erwachte. Seine Hände begannen zu zittern, aber diesmal nicht vor Angst. Altuuns Erregung übertrug sich auf ihn, und für einen winzigen Augenblick war die Gier des Wesens so groß, daß es die Kontrolle über seinen Körper aufgab. Für einen Sekundenbruchteil war Norton frei, frei, sich zu bewegen, wie er wollte, frei, zu sagen, was er wollte. Aber das schreckliche Wesen in ihm bemerkte seinen Fehler sofort, und Norton spürte, wie sich die unsichtbare Fessel wieder um seinen Geist legte.
Er hatte die Gelegenheit verpaßt. Und wahrscheinlich würde ihm Altuun nie wieder eine solche Chance geben.
»Los!« schrie er mit krächzender, überschnappender Stimme.
Ein paar Köpfe ruckten herum, fragende Gesichter wandten sich ihm zu. Ein Kellner eilte dienstbeflissen durch den Raum auf Norton zu, um ihm die Garderobe abzunehmen.
Was dann kam, war Chaos.
Hinter Norton brachen die Zombies aus dem Gang, eine lautlose Horde leibhaftig gewordener Alptraumkreaturen, die über die vollkommen überraschten Gäste herfielen. Noch bevor die meisten überhaupt begriffen, was los war, waren die Bestien unter ihnen.
Norton beobachtete mit hilflosem Entsetzen, wie die Zombies unter den Gästen wüteten. Es ging unglaublich schnell. Die Ungeheuer verzichteten darauf, ihren Opfern die Lebenskraft auszusaugen, sondern schienen damit zufrieden zu sein, sie zu Boden zu schlagen. In den dünnen, schwächlich wirkenden Gestalten mußte eine übermächtige Kraft stecken. Ein fürchterliches Handgemenge entspannte sich, aber die Menschen hatten von vornherein keine Chance, obwohl sie den Zombies an Zahl zehnfach überlegen waren. Ein ungeheurer Lärm erhob sich. Frauen kreischten, Glas splitterte. Jemand zog eine Pistole und feuerte zwei, dreimal auf die heranstürmenden Gestalten, ehe er selbst zu Boden gerissen wurde.
»Geh«, befahl Altuun.
Langsam, als ginge ihn das alles nichts an, setzte sich Norton in Bewegung. Ein Mann stürzte sich auf ihn, ein Stuhlbein zum Schlag erhoben, das Gesicht vor Angst verzerrt. Norton stieß ihn mit einer fast beiläufigen Handbewegung beiseite.
Er sah, wie einer der Kellner hinter der Bar nach dem Telefon griff und mit fahrigen Bewegungen eine Nummer wählte. Eine dunkle, kleine Gestalt flankte mit einem olympiareifen Sprung über die Theke und riß dem Mann das Telefon aus der Hand.
Wieder peitschte ein Schuß auf. Die Kugel klatschte dicht neben Nortons Kopf in die Holztäfelung der Wand. Norton wirbelte herum und suchte nach dem Schützen. Aber in dem Handgemenge dort vor ihm war nichts auszumachen, nur eine scheinbar unentwirrbar ineinander verstrickte Ansammlung menschlicher Körper und Glieder.
Mit ruhigen, gelassenen Schritten näherte sich Norton einem der Bewußtlosen. Seine Hände berührten die Haut des Mannes, und gleichzeitig spürte er, wie das Wesen in ihm gierig nach der Lebenskraft des Mannes griff, ihn aussaugte, bis sein Körper nichts mehr war als eine leere, graue Hülle.
Seine Hände öffneten sich. Der Körper blieb einen Herzschlag lang reglos liegen. Dann öffneten sich seine Augen. Aber es waren nicht mehr die Augen eines Menschen. Es waren die gelben Raubtieraugen eines Zombies.
»Geh!« befahl Norton.
Die Kreatur stand auf, schüttelte einen Moment lang benommen den Kopf und stürzte sich dann in das wilde Handgemenge.
Ein paar der Gäste versuchten, durch den Hinterausgang zu entkommen. Aber die Zombies waren schneller. Zwei, drei schattenhafte Gestalten durchbrachen die Mauer aus Leibern, die sich ihnen in den Weg stellten,
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