0173 - Zombie-Fieber
werden.
Vor ihnen, im Scheinwerferlicht der vorüberhuschenden Autos nur manchmal undeutlich sichtbar, lief eine dunkle, kleine Gestalt. Obwohl Perkins sich keine Mühe gab, ihn unauffällig zu verfolgen schien das Wesen noch nichts von ihrer Anwesenheit gemerkt zu haben. Aber wahrscheinlich konnten diese Zombies nicht denken. Ihre ganze Existenz mußte auf die Gier nach Leben ausgerichtet sein.
Zamorra hoffte es jedenfalls. Es gab keine andere Möglichkeit, den Zombie zu verfolgen. Perkins hatte vorgeschlagen, einen Sender an seinem Körper zu befestigen, aber der Gedanke hatte sich als undurchführbar erwiesen. Es gab keine Möglichkeit, das Ungeheuer solange festzuhalten, wie es nötig gewesen wäre, um ein solches Gerät anzubringen. Jede Berührung konnte tödlich sein. Selbst die Sekundenbruchteile, in denen die Fäuste des Ungeheuers Zamorras Haut berührt hatten, hatten ausgereicht, um ihm einen Teil seiner Lebensenergie zu rauben. Er fühlte sich immer noch ermattet, aber das Wissen, daß er die Stadt - und vielleicht die Welt - vor einer ungeheuren Gefahr bewahren mußte, gab ihm Kraft. Und da war noch das Amulett. Seit dem Kampf im Keller des Yard war das geheimnisvolle Schmuckstück nicht mehr zur Ruhe gekommen. Zamorra spürte die warnenden, beunruhigenden Impulse, die von dem Amulett ausgingen. Sie wurden mit jeder Sekunde stärker. Nein - es gab keinen Zweifel. Sie waren auf dem richtigen Weg.
Der Zombie bog plötzlich nach rechts ab, und Perkins hatte Mühe, den Streifenwagen herumzureißen und dem Ding zu folgen.
»Wir nähern uns dem Hafen«, murmelte er.
Zamorra nickte. »Ja. Wir scheinen auf dem richtigen Weg zu sein.«
»Glauben Sie?«
»Ich spüre es.«
Perkins schenkte ihm einen schrägen Blick, schwieg aber. Seine Hände, die das Steuer umklammerten, zitterten merklich. In beinahe regelmäßigen Abständen tastete er nach dem Schulterhalfter mit seiner Pistole, als wolle er sich davon überzeugen, daß die Waffe noch da war. Zamorra hatte Bill mit Silbermunition ausgerüstet und dem Inspektor seine eigene Waffe gegeben, da das Kaliber der Spezialmunition nicht in Perkins Dienstwaffe paßte. Er selbst hatte sich zur Sicherheit mit einem silbernen Dolch ausgestattet, aber er hatte das Gefühl, daß er die Waffe nicht brauchen würde. Was immer dort vorne auf ihn wartete, würde nicht so leicht zu besiegen sein.
Sie fuhren eine Zeitlang schweigend durch die tristen Straßen des Hafenviertels, jeder mit seinen eigenen Ängsten und Sorgen beschäftigt. Zamorra beobachtete Perkins verstohlen. Der Inspektor war nervös, aber trotzdem gefaßt. Insgeheim bewunderte Zamorra den Mann. Für ihn mußte die Situation noch viel bedrohlicher und fremder sein als für Bill und Zamorra. Er war hier mit etwas konfrontiert, das überhaupt nicht in sein Weltbild paßte, und das deshalb umso bedrohlicher war.
Und trotzdem hatte er darauf bestanden, Zamorra zu begleiten.
»Haben Sie eigentlich Kinder?« fragte Zamorra plötzlich.
Perkins sah verwirrt auf. »Ich? Kinder? Ja, zwei… wieso?«
Zamorra lächelte. »Nur so. Sie sind ein sehr mutiger Mann, nicht?«
Perkins lachte nervös. »Im Grunde bin ich ein Feigling«, gestand er.
»Aber trotzdem sind Sie mitgekommen.«
»Oh, das«, Perkins zuckte mit den Achseln. »Das sieht nur so aus. Wissen Sie, Professor, ich glaube das Ganze sowieso nicht. Wenn Sie mich fragen, dann liege ich jetzt im Bett und habe einen vollkommen verrückten Traum. Und das Schlimmste, was mir passieren kann, ist, daß ich aufwache.«
Zamorra lachte. »Trotzdem bewundere ich Ihren Mut.«
Perkins schwieg eine Weile. Dann schüttelte er den Kopf. »Das hat nichts mit Mut zu tun«, sagte er so leise, daß Zamorra Mühe hatte, seine Worte zu verstehen. »Sie haben mich nach meinen Kindern gefragt. Sehen Sie, ich komme nur ihretwegen mit. Ich habe diese Bestien gesehen. Und ich habe gesehen, was sie anrichten können. Und ich kann mir ausrechnen, was mit dieser Stadt passiert, wenn wir nicht sofort etwas unternehmen. Sie kennen die Geschichte mit den Samenkörnern und dem Schachbrett?«
»Ja.«
»Sehen Sie. Ich habe Ihnen bis heute nicht geglaubt, aber ich habe es ja mit eigenen Augen gesehen. Heute ist es vielleicht nur einer, aber morgen werden es schon zwei sein, dann vier, acht, sechzehn…« Er schluckte trocken. »Nein, wir werden diese Bestien vernichten. Und wenn es das letzte ist, was ich tue.« In seiner Stimme lag ein entschlossener Tonfall.
»Ja«, sagte Zamorra.
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