0177 - Todeskuß der Schwarzen Lady
daß er seine Lady dort abgesetzt hatte, erfüllte den Lord mit Schrecken. Denn wie der Chauffeur, so diente auch seine Herrin dem Bösen, den finsteren Mächten, die mehr und mehr ihre Klauen nach den Menschen ausstreckten, um sie zu beherrschen…
Sir Bryont stieg aus. Sorgfältig verschloß er den Wagen; wer im Zentrum Londons einen offenen Rolls Royce fand und unbehelligt stehen ließ, war dumm. Mit raschen Schritten eilte der Lord die kurze Strecke zurück.
Seine steife Vornehmheit hatte er abgestreift wie einen Mantel.
An den Chauffeur verschwendete er im Moment keinen Gedanken. Der war damit beschäftigt, den Bentley unfallfrei zu parken, und an dem Rausschmeißer des STARLIGHT in seiner gebügelten Livree kam Sir Bryont ebenfalls unbehelligt vorbei. Der Mann hob nur kurz die Brauen, als er den eleganten Aufzug des Lords registrierte.
Im Eingang prallte Bryont mit einem rothaarigen Mädchen zusammen.
Achtung! schrie es in ihm. Das Mädchen hat mit der Sache zu tun! Und deshalb sprach er sie an.
***
»Wer sind Sie?« fragte Dina. Die Augen des Fremden ließen sie nicht mehr los. Unwillkürlich verglich sie sie mit denen der Schwarzhaarigen. »Bryont Saris«, sagte der Fremde leichthin. »Wollen Sie schon gehen? Warten Sie. Ich lade Sie zu einer Cola und einem Tanz ein.«
»Kein Interesse«, wehrte sie ab, aber ihre Abwehr war schwach. Irgend etwas ging von dem Mann aus, das sie anzog.
»Sie wissen nicht, was Ihnen entgeht«, sagte er. »Haben Sie noch nie von mir gehört? Bryont Saris, der Schrecken aller Disco-Girls. Meine Masche ist es, Mädchen aufzureißen und mit nach Hause zu nehmen. Aber vorsichtig: Mein Zuhause ist in Schottland! Ich bin extra Ihretwegen von dort gekommen!«
»So’n Quatsch«, brachte sie hervor, lächelte aber dabei.
»Doch, im Emst«, sagte er. »Ich bin wirklich ein Schotte. Soll ich Ihnen das Kiltmuster meines Clans beschreiben? Lassen sie mich nachdenken…«
»Lassen Sie mich gehen«, sagte sie.
»Klar«, erwiderte er. »Aber Sie wollen doch gar nicht mehr.«
»Wenn Sie wirklich ein Schotte wären«, sagte sie, »würden Sie mich nicht einladen, sondern sich selbst einladen lassen. Schotten sind geizig.«
Er grinste unverfroren. »Das wollte ich eigentlich erst später zugeben«, sagte er. »Dann, wenn die Rechnung hoch genug ist. Aber Sie haben mich durchschaut…«
»Na gut, ich trinke eine Cola auf Ihre Rechnung, und dann ist Schluß für heute.«
Sie traten durch die Innentür in das dröhnende Tohuwabohu. Leicht zuckte der Lord zusammen. Dem Mädchen schien der Krach weniger auszumachen.
Bryont aktivierte seinen »sechsten Sinn« und versuchte das Menschengewimmel zu durchforschen. Doch zu viele verschiedene Eindrücke stürzten auf ihn ein. Das, was er suchte, verbarg sich fast ungewollt perfekt in der Menge.
»Wie heißen Sie?« fragte er, während er das Mädchen vor sich her in eine der Sitzecken schob. Sie war in das verwickelt, auf das er gestoßen war, das spürte er deutlich. Irgendwie, vielleicht in einer Zickzackverbindung…
»Dina.«
Bryont orderte Getränke. Nach einer Weile erschien die Bedienung und stellte die alkoholfreien Getränke vor ihnen auf dem niedrigen Tisch ab. Bryont musterte die Tanzfläche. Sein Blick fiel auf einen jungen Mann in schneeweißem Anzug, auf dem sich das Lichterspiel vielfarbig zeigte. Er tanzte mit einer schwarzhaarigen Disco-Lady.
»Dieser Affe«, murmelte Dina.
»Wer?«
»Der weiße«, sagte sie. »Steve Burgess. Er behauptete, er brauche eine Erholungspause, schon nach den beiden ersten Tänzen. Und dann taucht diese Schnepfe auf, und er hat mich total vergessen.«
»Vielleicht vergißt er die andere gleich ebenso schnell wieder und kommt zurück«, murmelte Bryont.
»Er kann mir gestohlen bleiben«, sagte sie. »So ein Affe…«
Bryont beobachtete das Paar. Sie waren jetzt schon beim mindestens fünften Tanz und kamen sich sehr nahe. Den scharfen Augen des Lords entging nichts, auch nicht, daß Burgess seine Partnerin wie hypnotisiert anstarrte und kaum in der Lage war, den Blick von ihr zu wenden.
Und trotz der Entfernung und dem zuckenden Disco-Leuchtfeuer konnte er auch den Ring erkennen, den die Frau am Finger trug. Er war wie eine Fledermaus geformt.
Seine dichten Brauen senkten sich leicht. Er konzentrierte sich auf die Schwarzhaarige und versuchte nach ihrem Bewußtsein zu tasten. Seine Fähigkeiten waren nicht besonders stark ausgeprägt, aber sie reichten, festzustellen, ob jemand sich
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