0178 - Wir spielten mit dem Feuer
ist er!«
Wir sprangen auf und blickten über seine Schulter. Kein Zweifel. Die Glutaugen, die schwarzen Locken und die aufgeschriebene Größe - alles stimmte.
»Ralph Mantelli«, las Phil vor. »Spitzname Gigolo. Trotz seiner Jugend schon viermal vorbestraft wegen Beteiligung an Bandenverbrechen. Ich denke, wir kaufen uns diesen süßen Burschen einmal…«
***
Es war wesentlich schwieriger, Gigolo selbst aufzutreiben, als seine Karte zu finden.
Zunächst einmal bedankten wir uns bei Paddington für die Hilfe, die er uns im Archiv geleistet hatte. Er winkte ab und fuhr mit einem Taxi zurück zum Revier. Für ihn war die Sache Racketeer erledigt. Sein Revier hatte nichts mehr mit der Geschichte zu tun, seit man wusste, dass Racketeer ein FBI-Fall war. Paddington konnte sich wieder den kleinen Dieben, Betrügern und Schwindlern innerhalb der Grenzen seines Reviers zuwenden.
Für uns lag die Sache anders. Wir hätten einen steckbrieflich gesuchten Rauschgifthändler endlich erwischt, aber andere hatten ihn buchstäblich eine Minute vorher beseitigt. Das musste uns beschäftigen, ob wir wollten oder nicht.
Mister High bekam von uns einen mündlichen Bericht. Aber wir hatten im Grunde nicht viel zu erzählen. Was wussten wir schon? Dass Gigolo mit einem weißen Kittel im Medical Centre den Arzt gespielt hatte, um das Gegenteil eines Arztes zu sein: nämlich um einen Kranken umzubringen. Warum? Wieso gerade Gigolo, das stand noch in den Sternen.
»Suchen Sie diesen Mantelli«, sagte der Chef zu uns. »Ohne ihn hat es keinen Zweck, weiter über die Sache nachzugrübeln. Da er ihn erstochen hat, muss er ja auch wissen, warum er es tat.«
Phil und ich machten uns auf die Socken. New York hat rund acht Millionen Einwohner, und wenn Sie die Städte und Dörfer in der unmittelbaren Nachbarschaft mitzählen, können Sie vielleicht auf zwölf oder dreizehn Millionen kommen. Darunter einen windigen kleinen Gesellen mit Glutaugen und Schmachtlocken zu suchen, war gar nicht so einfach. Gangster haben die unbequeme Angewohnheit, nicht täglich die Polizei anzurufen und ihren Aufenthaltsort bekannt zu geben.
Wenn man keinen besseren Einfall hat, geht man nach Schema F vor. Phil und ich hatten keinen besseren Einfall und handelten folglich, wie es die Routine in solchen Fällen ergibt. Wir notierten uns die Nummer, unter der Gigolos Foto im Verbrecheralbum verewigt war, gingen damit in die Kartei und holten die Karte aus dem Kasten, die die gleiche Nummer trug.
Auf der Karte stand der übliche Kram: Geburtstag, -ort, Spitzname, Größe, Gewicht und so weiter. Aber es standen auch eine Reihe von Namen darauf, die zu seinen speziellen Freunden gerechnet wurden. Und natürlich war die Liste seiner Vorstrafen erwähnt. Das letzte Mal war er vom Criminal Court in Manhattan verurteilt worden. Das Geschäftszeichen der Gerichtsakten war angegeben, und wir schrieben es ab. Anschließend fuhren wir hinab in die Centre Street und ließen uns die Akten heraussuchen. Wir hatten Glück und kamen ein paar Minuten vor Schluss der Office-Stunden.
Gegen die übliche Entnahmequittung packten wir die Akte ein und fuhren zurück zum FBI-Distriktgebäude. In unserem Büro brannte an diesem Abend lange Licht, denn wir hatten bis gegen zehn zu tun, um die Akten gründlich zu studieren und eine Menge Notizen zu machen. Jeder Name, der in der Akte erwähnt wurde, bekam seinen Platz auf der Liste der Personen, die wir in den nächsten Tagen überprüfen wollten. Irgendwie musste ja schließlich an Gigolo heranzukommen sein.
Um halb elf fuhr ich Phil nach Hause und brummte dann selbst in Richtung Heimat. Ich fiel todmüde ins Bett und schlief tief und traumlos bis in den nächsten Morgen hinein.
***
Als es klingelte, hieb ich zweimal vergeblich auf den Wecker, bis ich kapierte, dass es die Klingel an meiner Wohnungstür war und nicht der Wecker, der diesen Lärm veranstaltete.
Fluchend warf ich mir den Morgenrock über und marschierte zur Tür. Phil grinste mich an.
»Ich wusste gar nicht, dass du Urlaub hast!«
»Urlaub? Wieso Urlaub? Hast du zu viel Kaffee getrunken, oder woher rühren sonst die Störungen in deinem Oberstübchen?«, knurrte ich gähnend.
Phil warf seinen Hut auf die Ablage in der Garderobe, setzte sich im Wohnzimmer in einen Sessel und sagte gelassen: »Es ist jetzt zwanzig Minuten vor neun. Wann hast du eigentlich die Absicht, deinen Dienst anzutreten?«
Ich öffnete den Mund, bekam keinen Ton heraus und starrte
Weitere Kostenlose Bücher