0181 - Blutige Dollars
schon einmal verschlossen gewesen sein«, sagte Lassont. »Sie wurde mit einer Spezialmaschine, wie große Restaurants sie haben, aufgeschnitten. Sie wurde dann nicht zugelötet, sondern ordnungsgemäß zugefalzt. Auch dazu braucht man eine kleine Maschine. Was den Deckel angeht, so besteht dieser aus verzinktem Schwarzblech, während wir Weißblech verwenden. Früher verarbeiteten wir auch dieses Schwarzblech, aber wir machten die Erfahrung, dass die darin aufbewahrten Früchte oder Gemüse bei längerer Lagerung oxydierten.«
»Haben Sie von diesem Blech noch einen Vorrat auf Lager?«, fragte ich.
»Es ist möglich, aber ich glaube es nicht. Keinesfalls haben wir es innerhalb der letzten zwei Jahre verarbeitet.«
»Haben Sie dem Herrn, der heute Morgen hier war und sich hinter meinem Namen vorstellte, die gleichen Auskünfte gegeben?«
»Wie der hieß, weiß ich nicht, aber dass ich ihm die Auskünfte gab, stimmt. Er schien davon sehr befriedigt zu sein. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen.«
Ich bat darum, mir die Fabrikationsräume ansehen zu dürfen, was mir bereitwilligst zugestanden wurde. Ich war erstaunt, auf welch altmodische Weise hier noch gearbeitet wurde. Überall saßen Scharen von Frauen und Mädchen herum, die Obst und Gemüse putzten und wuschen. Keine Spur von irgendwelchen Maschinen war zu sehen. Auf Gasflammen standen mächtige Bottiche, in denen das Zeug brodelte, und selbst das Füllen der Dosen geschah mit der Hand. Nur das Verschließen wurde mit Falzmaschinen bewerkstelligt. Diese Maschinen arbeiteten nach dem Fließbandsystem. Eine Arbeiterin genügte, um die Büchsen, eine nach der anderen, in die dafür bestimmte Ausbuchtung zu stellen, damit sie dahin transportiert wurde, wo der Deckel draufgedrückt und festgefalzt wurde.
Dies geschah jeweils bei zehn Büchsen zu gleicher Zeit, und diese wanderten dann durch die Ettikettiermaschine. Ich bat darum mir ein paar Deckel zwecks Prüfung mitzugeben, denn ich verstand ja nichts von den verschiedenen Blechsorten und wollte sichergehen.
Eine Maschine zum Aufschneiden gab es nicht. Die war ja hier nicht am richtigen Platz.
Ich besichtigte noch die Lagerräume, in denen tausende und abertausende von Büchsen in Kisten von je fünfhundert Stück umherstanden und darauf warteten, gefüllt zu werden.
In den Räumen für fertige Ware waren wenige Vorräte. Der Expedient erklärte mir, man sei schon seit Monaten mit der Lieferung im Rückstand.
Zuletzt landete ich wieder im Büro des Herrn Orlys und verabschiedete mich mit vielem Dank von dem Werkmeister.
Der Chef des Hauses bot mir den unvermeidlichen Aperitif an und rauchte mit Genuss eine Phillip Morris, die ich ihm anbot.
Währenddessen überlegte ich.
Ich war immer noch der festen Überzeugung, die Auswechslung des Inhaltes der Büchse mit grünen Bohnen müsse in Frankreich, und zwar wahrscheinlich in der Fabrik des Mr. Orlys vor sich gegangen sein. Wer hätte in New York an etwas derartigem Interesse gehabt? Es gibt hunderttausend andere Plätze, an denen man größere Mengen Fünfzig-Dollar-Scheine sicherer und mit weniger Aufwand an Zeit und Mühe verstecken kann. Die Verpackung in Gemüsebüchsen konnte nur dem Zweck gedient haben, sie unauffällig nach den Staaten zu bringen.
»Wären Sie so freundlich, festzustellen ob Sie jemals an den ›Ramona Club‹ in New York geliefert haben?«, fragte ich.
Monsieur Orlys erhob sich stöhnend aus seinem Drehstuhl und ging mit mir in die Buchhaltung. Als der Hauptbuchhalter den Namen »Ramona Club« hörte, schüttelte er den Kopf.
»Die Firma ist mir völlig unbekannt. Ich kann jetzt schon sagen, dass sie niemals etwas von uns bekommen hat, aber ich werde der Sicherheit halber nachprüfen lassen.«
Diese Prüfung nahm nur zehn Minuten in Anspruch, und dann wusste ich, dass die Angaben des Buchhalters stimmten.
»Ist es möglich, dass fünfhundert Dosen, ich meine gefüllte Dosen, abtransportiert werden, ohne dass es auffällt?«
»Vollkommen ausgeschlossen. Sowohl die leeren Büchsen als auch die gefüllten werden sorgfältig gezählt, und es wird darüber Buch geführt. Diese Buchführung ist narrensicher. Wir haben sie eingeführt, seit dem vor fünf Jahren größere Diebstähle vorkamen.«
Ich fischte die Rechnung, die Mr. May herausgesucht hatte, aus meiner Aktentasche. Sie trug das Datum des 16. August, und es war darauf vermerkt, die Sendung sei am 3.September eingetroffen. Diese Rechnung war gefälscht, das Formular aber
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