0184 - Für jedes Grinsen eine Kugel
der bereit war, vor Gericht gegen die Bande auszusagen. Eine Sache wissen und sie vor einem ordentlichen Gericht beweisen können, sind zwei Paar Stiefel.
Front fischte in der Westentasche nach ein paar Geldstücken, beglich die kleine Rechnung und gab ein geringes Trinkgeld.
»Vielen Dank, Sir!« sagte der Ober und strich das Geld ein.
Front stutzte.
Wo hatte er diese Stimme schon gehört? Er sah den Ober prüfend an. Auch das Gesicht kam ihm irgendwie bekannt vor. Er wunderte sich, daß er sich nicht genauer erinnern konnte, denn gewöhnlich besaß er ein sehr gutes Gedächtnis, wie es sein Beruf ja auch verlangte.
Er kam nicht darauf, wo er das Gesicht dieses Dandys schon gesehen hatte. Abei er war vollkommen sicher, daß er sowohl dem Gesicht als auch der Stimme schon begegnet war.
Vielleicht habe ich den Kerl mal vor Gericht gesehen, dachte Front und zuckte die Achseln. Wer in dieser Spelunke hier Kellner ist, muß ja ein hübsches Vorstrafenregister haben. Mit einem letzten Blick streifte er Klinger, der den Nachbartisch abräumte, wo gerade ein paar Männer aufgebrochen waren.
Draußen hatte ein leichter Regen eingesetzt, so daß Front beschloß, noch ein paar Minuten im Lokal zu bleiben in der Hoffnung, der Regen könnte ebenso schnell wieder aufhören wie er angefangen hatte.
Der Privatdetektiv zog sein dünnes, ln Leder gebundenes Notizbuch heraus und blätterte. Auf Grund seiner zahlreichen Bekanntschaften hatte er sich ein paar Namen von Leuten aufgeschrieben, die er noch am ehesten zu einer Aussage vor Gericht bewegen zu können glaubte. Er nahm den Stift in die Hand und betrachtete zögernd den Namen Reachester.
Finden Sie vier! hatte Reachester gesagt. Vielleicht mache ich den fünften. Vielleicht. Außerdem: Wie sollte man vier finden, wenn keiner bereit war, den ersten zu machen?
Mit einem energischen Balken strich Front den Namen Reachester durch. Er sah sich die anderen Namen an.
Brown, stand da. Ehemaliger Sergeant der Ledernacken.
Zum Teufel, ein ehemaliger Feldwebel der Marine-Infanterie mußte doch genug Rückgrat haben, daß er sich nicht von einer Verbrecherbande einschüchtern ließ. Aber wer weiß? Vielleicht war der Mann inzwischen verheiratet und hatte Kinder, genau wie Reachester. Solange ein Mann allein ist und nur auf sich selbst Rücksicht zu nehmen braucht, so lange kann er es sich leisten, hart zu sein. Wenn Frau und Kinder da sind, wird das anders.
Sein Blick flog zum nächsten Namen. »Middleton, George, in den vierziger Jahren bekannter Kriegsschriftsteller. Berühmt durch seine schonungslosen, realistischen Kriegsszenen.«
Front schnaufte verächtlich. Schonungsloser Kriegsszenen. Wer in den vierziger Jahren mit schonungslosen Kriegsszenen zu tun hatte, der erlebte sie und hatte andere Sorgen, als darüber zu schreiben. No, den Mann konnte er sich getrost bis zuletzt lassen. Wenn der bereit war, den Anfang zu machen würde es die größte Überraschung in Fronts Leben sein.
Axel Fronts Bleistift fuhr eine Zeile weiter zum nächsten Namen.
»Eather«, stand da, »Robert P., ehemaliger Polizei-Lieutenant, achtzehn Jahre Stadtpolizei, von der Goldwine Bande der Bestechlichkeit beschuldigt und aus der Polizei ausgestoßen. Angebliche Bestechlichkeit durch keinen ehrlichen Zeugen bewiesen! Träger der ›Medal of Honor‹.«
Front blies unhörbar die Luft aus. Träger der Ehrenmedaille. Es gehört verdammt was dazu, als Polizist die Ehrenmedaille zu kriegen. Die Bestechungsgeschichte wollte überhaupt nicht dazu passen. Auf jeden Fall mußte dieser Eather ein interessanter Mann sein. Den werde ich mir zuerst vorknöpfen, dachte Front und klappte sein Büchlein zu. Erst in diesem Augenblick fiel ihm auf, daß der Kellner Klinger über seine Schulter blickte.
»Möchten Sie noch etwas bestellen?« fragte er schlau, als er sich ertappt sah »Zum Teufel, nein!« bellte Front. »Vor allem möchte ich nicht, daß man über meine Schultern blickt!«
»Verzeihung«, sagte Klinger arrogant.
»In Zukunft werde ich den Tisch wegziehen und Sie direkt von vorn ansprechen.«
Er machte auf dem Abastz kehrt und marschierte zur Theke. Front blickte ihm wütend nach. Unverschämter Kerl, dachte er. Sobald ich Zeit dazu habe, werde ich mich darum kümmern, woher ich den Burschen kenne. Es wäre mir ein Vergnügen, wenn ich ihm etwas am Zeuge flicken könnte.
Front stand auf und ging grußlos zur Tür. Der Regen hatte schon wieder aufgehört, so daß es unnötig schien, ein Taxi zu
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