0184 - Für jedes Grinsen eine Kugel
nehmen. Noch dazu, wo alle Leute, die er jetzt nach und nach aufsuchen wollte, in der unmittelbaren Nähe wohnten.
Mit schnellen, zielbewußten Schritten ging er durch die Straßen. Sein Blick wanderte über die Hausnummern, die sich über den Haustüren befanden. Als er die richtige entdeckt hatte, stieg er die Stufen der Vortreppe hinan und betrat den Hausflur.
Er suchte ein Wohnungsschild nach dem anderen ab, bis er in der zweiten Etage den Namen Eather entdeckte. Daneben war ein Kärtchen mit dem Namen Norton angeheftet. Vermutlich ein Untermieter.
Front klingelte.
Alles blieb still. Er klingelte ein zweites und ein drittes Mal, aber niemand öffnete. Enttäuscht drehte er sich um und wollte die Treppe wieder hinabsteigen, als er stutzte.
War da nicht ein Wimmern in der Wohnung gewesen, an der er gerade geklingelt hatte? Er lauschte mit rückwärts geneigtem Kopf.
Da war ein Geräusch! Ganz schwach, fast nicht zu hören, aber Front hatte scharfe Augen und gute Ohren. Er kam zurück, bückte sich und preßte das Ohr gegen das Schlüsselloch.
Kein Zweifel. In der Wohnung war ein leises Stöhnen zu hören.
Front richtete sich auf. Er konnte sich lauschen. Ein offenstehender Fensterflügel konnte so eigenartig knarren, daß es sich wie ein Stöhnen anhörte. Aber es konnte ebensogut ein Mensch sein, der in Not war.
Er hätte nicht Detektiv sein dürfen, wenn er vor dem Unbekannten davongelaufen wäre oder auch nur eine Neigung dazu verspürt hätte. In Wahrheit empfand er genau das Gegenteil, nämlich eine brennende Neugierde, die Ursache dieses merkwürdigen Geräusches festzustellen.
Schnell eilte er ans Treppengeländer und blickte nach oben und unten. Niemand war im Treppenhaus. Er huschte zur Tür zurück, griff in seine Hosentasche und zog ein Lederetui heraus von der Größe einer Tasche, in der man fünf oder sechs Zigarren aufbewahren kann. Noch einmal bückte er sich und musterte prüfend das Schloß. Mit schnellen Bewegungen wählte er zwei Metallteile aus dem Etui, schob sie aufeinander und probierte.
Er hatte eine Nummer zu groß gewählt, wechselte aus und versuchte es von neuem. Der Dietrich griff, das Schloß schnappte zurück und die Tür ging auf. Auf Zehenspitzen trat Front über die Schwelle, nachdem er sich rasch noch ein weiteres Mal umgeblickt hatte, ob ihn auch niemand beobachte.
Leise drückte er die Tür hinter sich zu. Sollte er die Sperrkette einhängen, damit er sicher sein konnte, von draußen nicht gestört zu werden? Er überlegte. Andererseits war es niemals gut, sich selber den Rückzug zu erschweren. Er ließ die Kette hängen.
Rechts gab es eine offenstehende Tür. Der Flur, in dem er stand, bezog sein ganzes Licht aus dem Raum hinter dieser Tür, denn der Korridor selbst hatte irgendwo ein Fenster, und die einzige Lampe, die es gab, war nicht eingeschaltet. Front stand also in einem halbdunklen Flur und blickte in die Helligkeit einer offenstehenden Tür.
Ragten da nicht zwei Beine in den Türausschnitt herein? Front kniff die Augen zusammen. Aber das durch die Tür fallende Sonnenlicht blendete ihn. Er lockerte der Griff seiner Pistole im Schulterhalfter und tappte auf die Tür zu.
Als er dicht vor ihr stand, drückte er sich mit dem Rücken gegen die Flurwand und lauschte.
Ein paar Sekunden lang war es still, daß er sein eigenes Herz klopfen hörte. Aber dann war wieder dieses schwache Stöhnen da.
Front zog die Pistole und sprang mit einem Satz über die Türschwelle hinweg in den Raum hinein. Blitzschnell wanderte sein Blick umher, er drehte sich um und zog die Tür weg, um die Ecke dahinter einsehen zu können, aber seine Vorsicht war überflüssig.
Außer dem Mann, der da auf dem Fußboden lag, gab es niemanden hier. Front steckte die Pistole ein und schnüffelte. Es roch säuerlich. Er legte den Kopf zur Seite und entdeckte die Lache auf dem Fußboden. Jemand hatte sich übergeben.
Front grinste. Er hatte sonstwas befürchtet und statt seiner Befürchtungen einen sinnlos Betrunkenen entdeckt.
Schon wollte er sich umdrehen, als ihm die Kaffeetasse auf dem Küchentisch ins Auge fiel. Seltsam, dachte er. Ein Betrunkener, aber nirgendwo eine Spur von Alkohol. Na ja, er kann sich natürlich in einer Kneipe den Kanal vollgeschüttet haben.
Trotzdem. Ein Detektiv glaubt nicht, ein Detektiv weiß.
Front ging zu dem Mann, kniete vorsichtig neben ihm nieder und roch seinen schwach gehenden Atem.
Er stieß einen Pfiff aus.
Dieser Mann war ebensowenig betrunken
Weitere Kostenlose Bücher