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0186 - Höllenfahrt um null Uhr zehn

0186 - Höllenfahrt um null Uhr zehn

Titel: 0186 - Höllenfahrt um null Uhr zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Höllenfahrt um null Uhr zehn
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tat wohl.
    Der Sheriff legte den Hörer wieder auf die Gabel und sagte: »Doc Michailowitch kommt gleich.«
    Ich war dabei, mich trockenzureiben, stutzte und erwiderte: »Michailowitch? Ist er Russe?«
    »Ja, genau wie ich. Hier in der Gegend sind viele eingewanderte Russen.«
    Nach einer Viertelstunde klopfte es ans Fenster. Plachnow ging hin, zog den Vorhang ein bißchen beiseite und schrie: »Komm nur rein, Mischa! Die Tür ist offen!«
    Wir zuckten erschrocken zusammen. Wenn Plachnow brüllte, war es wie ein gewaltiges Donnergrollen, das einem noch nach Minuten in den Ohren klang. Die Tür ging auf, und das genaue Gegenstück zu Plachnow kam hereingetrippelt. Es war ein Männchen unbestimmbaren Alters, das einen sehr zerbrechlichen Eindruck machte. Ich war überzeugt, daß er die kleinste Nummer eines Konfektionsanzugs trug, die es überhaupt gab. Trotzdem war sie ihm noch zu groß und vor allem zu weit.
    »Gentlemen«, röhrte Plachnow, »darf ich bekannt machen? Das ist Doc Michailowitch. Und das sind die FBI-Agenten Cotton und Decker.«
    »Erfreut, Sie kennenzulernen, Doc«, sagte ich und schüttelte ihm die Hand, damit er nicht auf den Gedanken käme, mich nach östlicher Sitte zu umarmen und mit Wangenküssen zu bedenken. Zum Glück verzichtete der Doc von sich aus auf eine solche Vorstellung.
    »Und das ist der Mann, um den Sie sich kümmern sollen, Doc«, sagte ich und zeigte ihm unseren Gefangenen. Vorsichtshalber hatten wir ihm die Handschellen noch nicht abgenommen.
    »Ist der arme Kleine hingefallen?« fragte der Doc mit seiner hohen Lispelstimme und einem Grinsen.
    »So ungefähr«, gab ich ernst zurück. »Er raste mit fast 100 Meilen vor unserem Wagen her, kümmerte sich nicht um unsere mehrfachen Aufforderungen anzuhalten und ließ sogar zu, daß ein Kumpan aus dem Heckfenster auf uns schoß. Well, wir schossen zurück und trafen den Tank seines Fahrzeugs. Es explodierte. Wir bekamen ihn aus dem Auto heraus. Draußen ging er mit einem Messer auf mich los. Sie würden uns einen Gefallen tun, Doc, wenn Sie ihn gründlich untersuchten und ein Protokoll darüber aufsetzten, um welche Zeit er Ihnen zur Untersuchung vorgestellt wurde. Und welche Wunden Sie bemerkten.«
    »Verstehe schon«, lispelte Doc Mischa. »Sehr gut! Bei solchen Burschen kann man gar nicht vorsichtig genug sein. Nehmen Sie ihm die Handschellen ab! Sie stören bei der Untersuchung. Machen Sie Ihren Oberkörper frei!«
    Unser Gefangener gehorchte schweigend. Er schnitt verächtliche Grimassen, als der Doc anfing, ihn abzuhorchen und mit den Fingern abzuklopfen. Wir steckten uns Zigaretten an, Plachnow stopfte sich eine Pfeife, in der ein gewöhnliches Päckchen Tabak spielend unterzubringen war.
    Fast eine halbe Stunde lang beschäftigte sich der Doc mit dem jungen Mann. Sheriff Plachnow wurde aufmerksam, als der Doc ihm das Blut aus dem Gesicht wusch. Mißtrauisch umkreiste er die beiden, bis er plötzlich stehenblieb und fassungslos auf den Gefangenen starrte. Dann wirbelte er auf dem Absatz herum, marschierte in die hinterste Zimmerecke und winkte uns aufgeregt zu.
    Neugierig gingen wir hin.
    »Was ist los, Plachnow?« fragte Phil. Er sprach den Namen sehr amerikanisch aus.
    Der Sheriff beugte seinen Kopf vor und flüsterte: »Das ist Dean Horace!«
    Ich zuckte die Achseln:
    »Na und? Ist das eine Berühmtheit, die man kennen sollte?«
    »Horace, ich meine Bill Horace, ist lange Jahre Bürgermeister in Lilianwos gewesen«, erklärte der Sheriff leise. »Ihm gehören die beiden Sägewerke, die vier Möbelfabriken, also praktisch die ganze Industrie, die wir haben.«
    »Um so schlimmer, wenn er ein solches Früchtchen von Sohn hat«, erwiderte Phil.
    »Wir sollten aber doch Horace anrufen, bevor wir mit dem Verhör beginnen!« Phil sah mich fragend an. Ich zuckte wieder die Achseln und sagte: »Meinetwegen. Aber glauben Sie nicht, daß mein Verhör sich dadurch irgendwie ändern wird. Ob er Horace, Miller oder Roosevelt heißt, er wird sich zu verantworten haben.«
    Die letzten Worte hörte Sheriff Plachnow schon nicht mehr, denn er stürzte ans Telefon und wählte hastig eine Nummer. Eine Weile hörten wir ihn eindringlich jemand auffordern, sofort in sein Office zu kommen, weil etwas von größter Wichtigkeit geschehen sei. Dann schien er endlich eine Zusage erhalten zu haben und legte zufrieden Hörer zurück.
    Als er sich umdrehte, sah ich, daß ihm Schweiß auf der Stirn stand. Fürchtete er sich etwa vor einem ehemaligen

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