0190 - Die Dämonenfürsten
Fernen erkennen mußte, daß sein Mordanschlag gescheitert war. Vor Kerrs Augen brach der Attentäter lautlos zusammen.
Kerr kniete schon neben ihm, fühlte nach dem Puls und suchte ihn vergeblich. Er begann mit Wiederbelebungsversuchen, aber nach der zehnten Minute gab er erschöpft auf.
»Verdammt…«
Auch Zamorras Amulett hatte dem Toten nicht mehr helfen können. Jede Spur war damit beseitigt.
Draußen auf der Straße stand das halbe Dorf versammelt. Die Explosion der Granate hatte auch den letzten aus dem Haus geholt. Kerr sah müde aus dem Fenster und sah die Menschenmenge draußen.
Er schluckte.
»Dav«, sagte er leise. »Rufen Sie Mullon in Carmarthen an. Er soll den Toten abholen und untersuchen lassen. Und ich werde jetzt ganz schnell aus Cwm Duad verschwinden, damit beim nächsten Attentat, das vielleicht glückt, nicht Unschuldige zu Schaden kommen… aber wenn das alles hier ausgestanden ist, dann machen wir ein kleines Faß auf hier im Dorf… für alle, all right?«
Er ließ überraschte Menschen im Pub zurück, verließ den Schankraum und stieg draußen in den Wagen. Der Dämon, der ihn im Auftrag des Fürsten der Finsternis jagte, würde schon daran arbeiten, abermals einen Überraschungsschlag loszulassen.
Kerr fuhr los. Er war gesättigt, und auch seine Müdigkeit hielt sich in Grenzen. Es war, als seien ihm in der Mardhin-Grotte Kräfte zugeflossen, die eine Schlafpause überflüssig werden ließen. Und das war gut so, denn er spürte, daß die Zeit mehr und mehr drängte. Er mußte nach Germany, mußte die Beschwörung am versteinerten Fluß vornehmen…
Aber zunächst einmal mußte er nach London, Heathrow Airport. Von da mit dem nächstmöglichen Flugzeug nach München…
»Na, ob Sir James die Spesenrechnung unterschreibt…?«, zweifelte er im Selbstgespräch. »Aber warum soll nur Sinclair dicke Rechnungen vorlegen dürfen?«
Er trat das Gaspedal durch. Der Vauxhall Cavalier jagte mit durchdrehenden Rädern los. Kerr verzichtete jetzt großzügig darauf, sich an Geschwindigkeitsbeschränkungen zu halten.
Von Ölkrisen und Spritverschwendungen schien er auch noch nie etwas gehört zu haben.
Nach zwei Stunden parkte er am Londoner Flughafen.
***
Zamorras Hand umschloß den Griff des Schwertes. Langsam, fast viel zu langsam hob er die Waffe an.
Nichts geschah!
Kein Übergang von einer Welt zur anderen! Keine blitzschnell wechselnde Umgebung! Aber gut lag die Waffe in seiner Hand, nicht zu schwer und auch nicht leicht genug, um wie ein Spielzeug zu wirken.
Eine prachtvolle Waffe! Und Zamorra, der von Waffen nicht sonderlich viel hielt, weil sie Vernichtungsinstrumente waren, war von diesem Schwert begeistert!
Er wog es in der Hand. Gleichzeitig erlosch das Glühen des kristallenen Schreins. Zamorra schwenkte das Schwert durch die Luft. Die Klinge war hervorragend ausgewogen.
Aber den Kristall im Griffstück konnte er nicht benutzen. Er war zu stark. Er fühlte es sofort, als er ansatzweise danach zu tasten versuchte.
Er war nicht einmal enttäuscht. Es war ihm von vornherein klar gewesen, daß er einen dermaßen starken Kristall nicht beherrschen konnte.
Nicole stieß ihn an. »Was hast du nun vor?«
Er schmunzelte. »Das Schwert klauen, was sonst? So eine prachtvolle Waffe darf hier nicht Zurückbleiben.«
»Diebstahl…«
»Ic glaube kaum, daß der ORTHOS-Tempel dieses Schwert rechtmäßig erworben hat. Ich werde es auf jeden Fall mitnehmen, schon allein des Kristalls wegen. Ein solches Machtinstrument darf hier nicht Zurückbleiben.«
Er wandte sich um und verließ den Raum. Nicole folgte ihm. Hier im Tempel blieb ihnen wahrscheinlich nichts mehr zu tun.
Aber mehr denn je rechnete Zamorra jetzt mit einem überraschenden Überfall. Er wollte es nicht wahrhaben, daß die Dämonendiener den Tempel derart schutzlos zurückgelassen hatten.
Unangefochten erreichten sie den Innenhof. Niemand hinderte sie daran, den Tempel durch ein breit offenstehendes Tor zu verlassen! Durch dieses Tor mußten auch die befreiten Tempeldienerinnen entwichen sein.
»Ich werd’ verrückt«, murmelte Zamorra überrascht, als sie sich draußen befanden. »Das kann doch nicht wirklich alles sein… unmöglich! Sie müssen doch etwas tun!«
»Oder auch nicht«, murmelte Nicole plötzlich. Der Abend dämmerte bereits, aber auf der breiten Prachtstraße, die von Tempel und Königspalast zum Hafen führte, befand sich kein Mensch. Nur sie beide standen hier, in die dunklen Roben der Adepten
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