0190 - Ein schwarzer Tag in meinem Leben
ich zum zweiten Mal die Augen aufschlug, saß Suko noch immer an meinem Bett.
Draußen war es dunkel geworden, in meinem Krankenzimmer brannte nur die Nachttischlampe.
»Hi«, krächzte ich.
»Da bist du ja wieder.«
»Und?«
Suko ging auf die Frage überhaupt nicht ein. »Wie fühlst du dich?« wollte er statt dessen wissen.
»Ich könnte Bäume ausreißen. Aber jetzt mal Spaß beiseite, Dicker, was ist eigentlich geschehen, und wie sieht es mit meinem Bein aus?«
»Sie waren alle da«, sagte Suko. »Jane, Bill, Sheila, sogar Sir James wollte kommen, aber die Ärzte wollten keinen Menschenauflauf. Sie haben gesagt…«
Ich hörte nicht mehr hin, was der Chinese mir da erzählte. Ich winkelte meinen linken Arm an und zog ihn vorsichtig unter der Bettdecke hervor. Dann drehte ich meine Finger in Sukos Hemd, und der Chinese verstummte.
»Jetzt komm mal zur Sache, Herr Inspektor«, zischte ich.
»Du behandelst mich hier wie ein Kind. Okay, ich habe eine Kugel abbekommen, das ist aber nicht tragisch.«
»Nicht tragisch, John? Das Kaliber war nicht von schlechten Eltern. Sie haben dir das Ding herausoperieren müssen. Mein lieber Mann, das war ganz schön hart.«
»Und Nadine Berger?«
Ich hatte Angst vor der Frage und auch vor der Antwort. Sehr deutlich sah ich das Bild noch vor meinen Augen. Wie sie auf dem Bett lag, Gesicht, Laken und Hals voller Blut, ein schlimmer Anblick, den ich nie aus meinem Gedächtnis würde streichen können. Lebte sie noch?
Suko senkte den Blick.
Da rieselte mir ein Schauer über den Rücken. Auch mein Freund sah die Gänsehaut, die sogar mein Gesicht erfaßt hatte, und er schwieg weiter. »Ist sie. Ist sie…«
O verdammt, ich brachte das letzte Wort nicht raus. Ein dicker Kloß saß auf einmal in meiner Kehle, der es verhinderte.
»Ich weiß es nicht, John!«
»Was weißt du nicht?« fuhr ich meinen Freund an. Heftiger, als ich es eigentlich wollte.
»Was mit Nadine ist.«
»Suko!« Meine Stimme klang beschwörend. »Ich habe sie gesehen, Suko. Und sie sah mir verflixt danach aus, als würde sie nicht mehr leben. Aber ich will Gewißheit haben. Ich will endlich wissen, auf wessen Konto sie geht. Hast du das Monster gesehen? Es muß dagewesen sein. Rede, Suko, bitte.«
»Nein, John, ich habe es nicht gesehen.«
Ich schaute Suko an. Log er? Kaum, er hielt meinem Blick stand.
Auch in seinen Augen sah ich kein verräterisches Zucken, aber trotzdem war längst nicht alles in Ordnung. Der Chinese saß auf der Bettkante, ich stieß ihn an.
»Geh mal weg.«
»Und dann?«
»Will ich aufstehen.«
»Du bleibst liegen!« Selten hatte mich Suko so angefahren. In seinen Augen blitzte die Entschlossenheit, Gewalt anzuwenden, wenn ich der Aufforderung nicht Folge leistete.
Ich hatte den Kopf etwas erhoben und ließ ihn jetzt wieder zurücksinken. »Dann sag mir endlich, was geschehen ist, zum Henker. Ich will und muß es wissen.«
Suko blickte mich eine Weile an. »Der Arzt hat zwar verboten, dich aufzuregen, aber er kennt dich nicht. Wir kamen natürlich viel zu spät. Irgend jemand hatte die Polizei alarmiert. Wahrscheinlich ein Mensch, dem die Schüsse aufgefallen waren, von dem Filmteam war es jedenfalls keiner. Die Unverletzten, das waren zwei, hatten einen Nervenzusammenbruch. Die Kollegen rauschten an und fanden vor der Halle einen Bewußtlosen.«
»Der geht auf meine Kappe.«
»Okay, aber weiter. Sie drangen in die Halle ein und sahen erst einmal dich. Einer der Beamten kannte dich vom Ansehen her. Sofort wurde Scotland Yard alarmiert und natürlich die Ambulanz. In der Halle lagen zwei Tote. Einer ist von dir getötet worden, man fand in seinem Körper die Silberkugel. Und ein Mensch, wahrscheinlich ein Schauspieler, wurde wohl von dem von dir erwähnten Monster getötet, denn er sah schrecklich aus. Ferner fanden wir zwei Verletzte. Einer konnte sich noch auf den Beinen halten. Er redete allerdings wirres Zeug, stand unter Schock. Der andere war von der Kugel eines Gangsters getroffen worden. Er liegt schwerverletzt zwei Zimmer weiter. Die Ärzte haben ihn operiert und hoffen, daß sie ihn durchbringen. Das war übrigens der Regisseur.«
»Und Nadine?« Ich hielt es einfach nicht mehr aus, mußte mehr wissen.
Suko hatte bisher auf meiner Bettkante gesessen, jetzt erhob er sich, ging zum Fenster und blieb dort stehen, wobei er mir den Rücken zuwandte. Der Lampenschein erreichte ihn kaum, ich sah ihn als einen kompakten Schatten.
»Rede!«
Mit leiser Stimme, so
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