0192 - Die Todessekte
Vergnügungen nachzugehen.«
Der Leutnant biß auf seiner Unterlippe herum.
»Trotzdem möchte ich den Weg nicht gemacht haben, ohne mich nicht wirklich davon überzeugt zu haben, daß Muhara auf keinen Fall mehr im Hause ist«, entschied er. »Ich werde diese Räume auf den Kopf stellen.«
Zamorra wagte es nicht, dem Leutnant zu widersprechen. Erstens hätte das nur dessen Mißtrauen wieder aufflackern lassen, nachdem er sich gerade mit dem Gedanken vertraut gemacht hatte, daß nicht der Franzose, sondern eher die Mitglieder der Sekte für das Verschwinden Inspektor Muharas verantwortlich waren und zweitens mußte Muhara, in dem Zustand, in dem er sich jetzt befand, als reichlich hilflos gelten. Er lag in einer Art Totenstarre, nicht identifizierbar selbst für seine engsten Freunde und Verwandten, weil er die äußere Gestalt des Sektengründes No Haido angenommen hatte.
Das wiederum war eine Metamorphose, die der Leutnant auf keinen Fall begreifen konnte.
So befand sich Professor Zamorra in einer Zwickmühle.
Er tat das Klügste und ließ den Polizisten gewähren.
Der Leutnant machte sich mit Feuereifer an die Arbeit.
Da er systematisch vorging und ein gründlicher Mann war, fand er tatsächlich den verborgenen Raum. Und es dauerte nicht gerade lange.
»Gratuliere«, meinte Zamorra.
»Wozu? Ich habe nicht Muhara gefunden, sondern eine Mumie, die mich nichts angeht. Ich als Kriminalist kann beurteilen, daß dieser Mann eines natürlichen Todes gestorben ist, nicht durch Anwendung äußerer Gewalt. Und wenn ich die Sachen sehe, die er trägt, so möchte ich, auch ohne auf diesem Gebiet ein Experte zu sein, behaupten: dieser Mann hat vor dreihundert Jahren gelebt.«
»Und wenn ich behaupten würde, daß das Muhara ist?«
Zamorra entschloß sich, den Leutnant nicht zu schonen. Er mußte ihn dazu bringen, den Scheintoten wegzuschaffen. Denn was geschah mit dem armen Muhara, wenn jemand von der Sekte zurückkehrte oder etwa hier ein Brand ausbrach? Dann war er endgültig erledigt, während im anderen Fall die Möglichkeit bestand, ihn zu retten, auch, wenn Zamorra im Augenblick nicht wußte, wie.
»Muhara, wie?«
Dem Leutnant blieb der Mund offenstehen. Er schaute von Zamorra zu dem Hutzelgreis und wieder auf den Professor.
»Sie sind ein gefährlicher Irrer«, stellte er mit schonungsloser Offenheit fest. »Ich denke, langsam ist das Maß voll.«
»Woher wissen Sie denn, daß dieses Lebewesen tot ist? Weil der Körper in alten Kleidern steckt, weil er sich nicht bewegt, weil er aussieht, als ob er schon lange so liegt?«
Der Leutnant holte kopfschüttelnd einen Taschenspiegel hervor und hielt ihn vor den Mund der Mumie. Er zeigte keine Trübung.
»Keine Atmung - kein Leben«, stellte der Leutnant fest.
»Glauben Sie, die menschliche Medizin sieht das so unkompliziert? Vielleicht orientiert man sich heute schon eher an dem Zeitpunkt, an dem keine Hirnströme mehr meßbar sind?«
»Gut, wir packen den Knaben ein und schaffen ihn ins Polizeilabor. Vielleicht glauben Sie mir dann. Ich bin langsam schon zu allem bereit. Wenn Sie so weitermachen, studiere ich am Ende auch noch Parapsychologie, um halbwegs mit Ihnen Schritt zu halten.«
»Das würde Ihnen in der Tat nicht schaden. Fassen Sie mit an«, bat der Professor.
Sie trugen die Mumie, von der jeder auf Anhieb behauptet hätte, kein Funken Leben stecke mehr in ihr, zum Polizeiwagen und fuhren, nachdem der Leutnant noch darauf bestanden hatte, alle anderen Räume genau zu durchsuchen, in das Polizeipräsidium zurück.
Dort holten sie als erstes den Polizeiarzt, der gerade Bereitschaftsdienst hatte. Er kam mit einem Rudel Polizisten, die alle notwendigen Apparaturen schleppten.
In Ruhe hörte sich der Mediziner Zamorras Theorie an, dann lächelte er verlegen und schaute hilfesuchend auf den Leutnant.
Der zuckte die Achseln und knurrte: »Ich habe schon soviel schlucken müssen in den vergangenen Stunden, ich bin gerne bereit zuzugeben, daß ich bislang gelebt habe ohne das Leben zu kennen.«
Mit einem überlegenen Lächeln schloß der ältere Doktor mit der starken Hornbrille die Elektroden an, dann schaltete er den Apparat ein - und nichts tat sich.
»Na also«, meinte der Leutnant erleichtert.
»Warten Sie«, bat der Mediziner.
Kaum hatte er ausgesprochen, da wurden die ersten Kurven vom Schreiber aufgezeichnet. Schwache, aber nicht zu übersehene Anzeichen, daß das Gehirn arbeitete. Damit war Bewußtsein und Leben vorhanden.
Die
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