0192 - Die Todessekte
lassen. »Haben Sie etwas ganz Starkes für meinen Kreislauf! Ich fürchte, ich halte das nicht durch.«
***
Suyumi, von dem Angriff überrascht, wehrte sich nur schwach. Der fauchende spuckende Kater versetzte ihr ein paar Tatzenhiebe, und seine Krallen zogen blutige Striemen in das Gesicht der Bedauernswerten. Sie fiel stocksteif zu Boden.
Niemand im Raum hatte sich bewegt. Jeder beobachtete erregt aber ohne Mitleid das Schicksal der Frau, die seit Jahren zum Inneren Kreis des Geheimbundes gehörte.
Der Kater aber verschwand in einem sprühenden bläulichen Spiralnebel, und als er wieder auftauchte, hatte er sich in jemanden verwandelt, der Muharas Aussehen und No Haidos Stimme hatte.
Cho Ozaki verbeugte sich in der vorgeschriebenen Weise und näherte sich dem Großen Meister rückwärts, in gebückter Stellung. Niemand hätte den Anblick Haidos lange ausgehalten.
Die anderen Anwesenden taten es ihrem Anführer gleich.
No Haido berichtete in einem merkwürdigen Singsang von seinen Erlebnissen, seit er von dem nichtsahnenden Inspektor aus seiner unbequemen Lage befreit worden war und den Weg zum Versammlungszentrum gefunden hatte.
»Es ist ein Glück, daß ich in dieser Stunde der Bedrängnis zu euch stoße, meine Getreuen«, sagte der Große Meister.
»Das ist ein großes Glück«, bestätigten seine Anhänger.
»Nun fühle ich mich in dieser Gestalt nicht wohl, sondern ich möchte zurück in meine alte Hülle. Ihr werdet mir dabei helfen?«
»Dein Wunsch ist uns Befehl«, murmelte die teuflische Gemeinde.
»Formt den Fünfzack!«
Auch diese Weisung wurde schnell und diszipliniert ausgeführt, und diesmal beteiligte sich auch Haido. Er lag zwischen Ozaki und Tumoya, der Schauspielerin.
Als Ozaki von dem Großen Meister berührt wurde, durchzuckte es ihn wie ein Stromschlag. Diese geistige Energie, die keiner der Psi-Experten aufgebracht hatte, überstieg alle Erwartungen.
Ein Gefühl des Glücks und der Zuversicht durchflutete Ozaki, und alle Ängste vor Entdeckung und Strafe fielen von ihm ab. Er hielt sich für unschlagbar.
Mit geschlossenen Augen konzentrierte er sich.
Leise wie sanft fallende Regentropfen ertönten die Worte des Großen Meisters, der befahl, daß zunächst Suyumi beseitigt werden müßte, um keine Spuren zu hinterlassen. Von jetzt an, da die Jagd auf die Sekte eröffnet war, durfte man dem Gegner keinen Anhalt mehr bieten, der es ihm ermöglichte, zum Inneren Kreis vorzudringen, Beweise zu sammeln und die Schuldigen zu bestrafen.
»Wir schicken dich, Suyumi, die du uns verraten hast, in die Dämonenwelt. Du wirst uns dienen von nun an in alle Ewigkeit, und wenn wir rufen, wirst du erscheinen. Was wir befehlen, wirst du stumm und gehorsam ausführen. Yashi, Yashi, bantuo kuji?«
Ein Wind erhob sich, der keine Hindernisse zu kennen schien. Die Haare der Personen, die auf dem Rücken lagen und einen Fünfzack formten, flatterten, und eisige Kälte umgab die Teilnehmer.
Mit dem kalten Hauch kamen Stimmen, wie niemand sie zuvor gehört hatte. Die Töne, nicht sehr laut, aber entsetzlich eindringlich, ließen jedem Lebenden das Blut in den Adern gefrieren.
Ozaki schöpfte nur mühsam Luft.
Wenig später glaubte er zu verbrennen. Er zitterte am ganzen Leib, während seine Fingerspitzen ängstlich Kontakt suchten mit denen des Großen Meisters, der selbst Mühe hatte, den höllischen Gewalten zu trotzen, und der die Zähne zusammenbiß.
Die Augen tränten Ozaki, und er kämpfte, mit der Versuchung, sie zu trocknen. Aber dann wäre der Kontakt abgerissen und die Energie in sich zusammengefallen. Also blinzelte der Japaner hilflos. Dabei öffnete er einmal kurz die Augen, und gegen seinen Willen sah er, was mit Suyumi geschah, die reglos am Boden lag.
Zuerst wurde sie eingehüllt in ein grünliches, scheußlich phosphorizierendes Licht, das ruhig stand im Wirbel der Luft. Dann zerfiel sie zu Asche, und der Wind blies die sterblichen Überreste der Unseligen durch die Wand ins Freie, wo sie niemals mehr zu finden waren. Jede Spur von Suyumis irdischer Existenz und ihrem materiellen Körper verwehte und zerstob. Nichts blieb zurück.
Aus Knochen, Haut und Fleisch aber, die grau wurden und zerfielen, erhob sich schwerelos eine weiße Wolke, klein und unscheinbar, die umherirrte, bis sie plötzlich unter die Gewalt einer Macht geriet, die sich nicht zeigte außer in ihrer unerklärlichen Wirkung. Wie in einen Sog geraten verschwand die weiße Wolke durch die Wand, geriet aus dem
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