0192 - Die Todessekte
Gebäude einzudringen, in der Gewißheit, daß die Dame im Foyer wohl kaum ein wirksames Hindernis darstellte.
Muhara zeigte stumm seinen Dienstausweis, was die reizene Person sichtlich erschreckte. Solange sie für die Gesellschaft arbeitete, hatte es keinen Polizeibesuch gegeben.
»Wir möchten Herrn Ozaki sprechen«, erklärte Zamorra, als Muhara vor Beklommenheit keinen Ton herausbrachte.
»In welcher Angelegenheit?« Das Mädchen fragte, als sei es ihr peinlich, Neugierde zu zeigen, aber sie mußte sich schließlich an ihre Anweisungen halten. Die Zeit des Konzernchefs war kostbar, zumal er diese kräftezehrenden Nebenbeschäftigungen trieb.
»Das sagen wir ihm lieber selbst.«
Muhara hatte sich wieder in der Gewalt, wenngleich er noch immer nicht der Verbündete war, dem man sich wünschen konnte. Es war, als habe er allen Schneid eingebüßt nach seinem okkulten Abenteuer.
»Ich werde Herrn Ozaki fragen.«
Die Kleine entfernte sich rückwärts, unter zahllosen Verbeugungen, die Muhara unermüdlich erwiderte, während Zamorra sich der japanischen Tradition nicht verhaftet glaubte und sich hütete, plötzlich Dinge nachzuäffen, die ihm wenig bedeuteten.
»Herr Ozaki empfängt Sie gerne«, meldete die Kleine. »Darf ich Sie hinaufbegleiten?« Sie lächelte gewinnend. Zamorra hatte schon Angst, daß wieder die endlose Verbeugungszeremonie gestartet wurde, aber die beiden Japaner unternahmen nichts dergleichen.
Die junge Dame in dem wertvollen Kimono trippelte voraus.
Sie besorgte einen Lift und ließ die Gäste einsteigen.
Mit einem Spezialschlüssel beseitigte die Empfangsdame die Trickschaltung, die verhinderte, daß ein Besucher in der dreizehnten Etage aussteigen konnte. Ozaki wollte ungestört bleiben und haßte allzu engen und häufigen Kontakt mit seinen Mitmenschen. Zu ihm kam nur, wer angemeldet und in Begleitung einiger Vertrauenspersonen des Firmenchefs war.
In der dreizehnten Etage stiegen sie aus und blieben erstaunt stehen, denn was immer sie an Imposantem vorher erblickt hatten, diese wertvollen Teppiche, Vasen und Jadeschnitzereien, diese Orchideengebinde und Seidentapeten stellten alles in den Schatten.
Die kleine Führerin schien sich plötzlich verdoppelt zu haben. Denn zwei Damen in gleichen Kimonos, mit hoch aufgetürmten lackschwarzen Haaren, in denen wie Spieße goldene Haarnadeln und Schildpattkämme steckten, verbeugten sich synchron.
Muhara zeigte sofort Wirkung und wippte mit dem Oberkörper wie eine Bachstelze, während er pausenlos beteuerte, er wisse die Ehre zu schätzen, die ihm zuteil werde.
Die Empfangsdame zog sich inzwischen wieder zurück, natürlich nicht ohne eine Reihe von Bücklingen. Die Tür des Fahrstuhles schloß sich, und die Liftkabine verschwand fast geräuschlos.
Zamorra konnte nur hoffen, daß die baupolizeilichen Bestimmungen eine Feuertreppe oder etwas Ähnliches vorschrieben, sonst waren sie im dreizehnten Stockwerk gefangen.
Die beiden Damen, deren Gesichter puppenhaft starr wirkten unter der Schicht weißen Puders, zwitscherten etwas in der Landessprache, während sie vorauseilten.
Muhara, der alles verstanden hatte, folgte, und Zamorra schloß sich an.
Sie gelangten in einen Vorraum, der von einem Sekretär mit starker Hornbrille besetzt war. Er empfing Muhara mit dem nötigen Respekt und besaß die Höflichkeit, alles, was er in Japanisch sagte, auf Französisch zu wiederholen, damit auch Zamorra wußte, worum es ging.
Auch er wollte wissen, welche Gründe es für den ungewöhnlichen Besuch gab und begann zu schwitzen, als ihm ebenfalls die Antwort verweigert wurde. Völlig verstört verschwand er hinter einer ledergepolsterten Tür und erschien nach ein paar Sekunden wieder, hielt die Tür auf und verbeugte sich, als gewähre er Zutritt zu einem Kronsaal.
Ozaki saß hoch aufgerichtet an seinem Schreibtisch, der mit Geschäftspapieren überladen war, und schaute seine Besucher starr an. Er trug einen vornehmen grauen Anzug mit dezenten Nadelstreifen und hatte das pechschwarze Haar glatt über den Kopf zurückgekämmt. Er wirkte ausgesprochen seriös und sehr geschäftstüchtig. Nichts erinnerte daran, daß er Verbindung zu einer okkulten Sekte hielt, und jeder, der ihn sah, war von den nüchternen Graphiken beeindruckt, die hinter ihm die Wand einnahmen und das Handelsimperium Ozakis eindrucksvoll darstellten. Sämtliche Umsatzkurven zeigten eine erfreuliche Tendenz.
»Was kann ich für Sie tun?«
Ozaki vernachlässigte deutlich die
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