0192 - Hotel zur dritten Hölle
die Stellung.« Ich nickte ihm noch einmal zu und verschwand.
Glenda schaute nicht auf, als ich das Vorzimmer durchquerte. Sie war beleidigt.
In der Fahndungsabteilung wären die Kollegen am liebsten fortgelaufen, als sie mich sahen. Ich kam immer mit eiligen Sonderwünschen. Das hatte kein Beamter so gern. Zudem brunchten sie gerade. Ein Kollege hatte Geburtstag. Dementsprechend üppig fiel das Essen aus.
»Erst müssen wir noch verdauen«, begrüßte man mich. »Dann kannst du mit deinem Kram kommen.«
»Ich habe ja kaum etwas. Was ich will, kann ich auch allein machen!«
Jetzt wurde ich ganz anders angesehen. Der Leiter schob mir sogar ein Sandwich rüber. »Und um was geht es?«
»Ich brauche mal eure Vermißtenkartei.«
»Die ist groß.«
»Weiß ich. Ich will sie auch nicht essen. Ich muß wissen, welche weiblichen Vermißtenfälle sich in den letzten drei Monaten angesammelt haben.«
»Weil du es bist, John.«
Das war wirklich eine Kleinigkeit für die Spezialisten am Computer.
Von einem Sichtschirmgerät konnte ich die Namen ablesen. Leider hatte ich nicht die Fotos. Die spuckte der Computer auch noch aus. Sorgfältig auf den Karten montiert. Es war eine ganze Menge.
Sortieren konnte ich sie allein.
Warum soll ein Oberinspektor nicht auch mal Glück haben? Ich hatte es und fand das Bild der Filmschauspielerin tatsächlich. Es war zwar nicht so lebensecht, aber dennoch gut zu erkennen. Und ich erfuhr endlich den Namen, denn ich wußte nicht einmal, ob man die Darsteller vor Beginn des Films aufgeführt hatte.
Katharina Berner, las ich.
Eine Deutsche also.
Aber wie kam sie nach England? Vielleicht wollte sie hier Land und Leute kennenlernen und studieren. Und dabei war sie dann einem Filmemacher aufgefallen, der sie direkt für den Streifen engagiert hatte.
Ich bedankte mich bei den Kollegen, fuhr mit der Akte hoch in unser Büro und erntete von Suko ein freudiges Grinsen, weil ich Erfolg gehabt hatte.
Auf der Karte standen nur die persönlichen Daten, wie sie von Interpol übermittelt worden waren. Nicht der Arbeitgeber, bei dem sie ihr Geld verdient hatte.
Das war leicht zu erfahren.
Es kostete mich nur ein Anruf bei einer zentralen Filmstelle. Ich nannte meinen Wunsch, und die nette Dame versprach, mich wieder zurückzurufen.
In der Zwischenzeit kam Glenda mit dem Kaffee. Sie hatte es doch nicht übers Herz bringen können, mich schmoren zu lassen. »Sie sind die Beste, Glenda.«
»Klar, wenn eine andere nicht greifbar ist.« Sie verschwand, und Suko lachte.
Ich schlürfte den Kaffee, nachdem ich umgerührt hatte. Zwei Stücke Zucker befanden sich darin. Und plötzlich sah ich etwas Bläuliches der Oberfläche entgegen steigen.
Unwillkürlich zuckte ich zurück.
»Was ist?« fragte Suko.
Ich atmete auf, als ich den Gegenstand genauer erkannte. »Nur eine Fliege.«
»Guten Appetit.«
Jetzt mußte auch ich lachen. Glendas Rache war herrlich. Es gibt ja diese Zuckerwürfel, die präpariert sind. Mit Spinnen oder Fliegen im Innern. Wenn sich der Würfel auflöst, dann steigen die oft täuschend echt nachgemachten Insekten der Oberfläche entgegen und erschrecken den harmlosen Kaffeetrinker.
»Eine süße Rache«, meinte Suko, während ich mit spitzen Fingern die Fliege aus dem Kaffee nahm und sie in meinen leeren Aschenbecher legte.
Das Telefon meldete sich. Hastig nahm ich ab.
»Oberinspektor Sinclair?« fragte das nette Mädchen von vorhin.
»Ja.«
»Die Firma, die den von Ihnen genannten Film gedreht hat, heißt Arcon-Film.«
»Sie sind Spitze, Miß. Nun verraten Sie mir noch, wer der Produzent des Streifens ist.«
»Das kann ich Ihnen leider nicht sagen.«
»Warum nicht?«
»Weil Arcon-Film eine der Töchter eines Industrieunternehmens ist, das sich in vielen Branchen etabliert hat.«
»Wie heißen das Unternehmen und dessen Hauptgeschäftsführer oder Direktor?«
»Als Generalmanager fungiert ein Mann aus London. Sein Name ist Logan Costello!«
Das war ein Schlag wie mit dem Hammer. Ich wurde direkt bleich, und Suko schaute verwundert.
»Wie sagten Sie?« fragte ich, weil ich sichergehen wollte, mich nicht verhört zu haben.
»Mr. Logan Costello.«
»Und er managt die Filme?«
»Nein, das macht ein anderer. Harry del Rio. Er hat auch den Film gedreht ›Hotel zur dritten Hölle‹.«
»Die Anschrift dieses Harry del Rio wissen Sie nicht zufällig?«
»Nein, da müßten Sie sich schon selbst bemühen.«
»Danke sehr, das mache ich.«
Die gute Laune und die
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