0193 - Der Mitternachts-Vampir
waren weit geöffnet. In den dunklen Pupillen spiegelte sich der Flammenschein wider, den die Fackeln an die Wände warfen. Klaus hatte vor allen Angst, aber am meisten vor der Frau, die ganz dunkel gekleidet war und eine große Pistole festhielt. Solche Schießeisen hatte Klaus schon mal gesehen. Und zwar in einem Katalog, den sein älterer Bruder geschickt bekommen hatte.
Die Frau war auch ein Vampir. Sie hatte die Lippen offen, und der Junge sah die beiden Zähne, die aus dem Oberkiefer wuchsen. Dann besaß sie noch etwas. In ihrem Gürtel hing ein Würfel. Er schimmerte weißbläulich und nahm trotzdem nicht die Farbe des Fackelscheins an, wie die anderen Gegenstände.
Die Särge waren nicht verschlossen. Ihre Deckel standen neben ihnen und lehnten an der Höhlenwand. Aber aus den Särgen stiegen plötzlich zwei Frauen.
Die beiden Kinder konnten es kaum begreifen. Ein Erwachsener wäre vielleicht schreiend davongelaufen, doch die Jungen blieben stehen, als hätte sie jemand hypnotisiert.
Bleich waren die Frauen. Ebenso bleich wie die anderen beiden und der Vampir. Sie knurrten dabei, hatten die Arme vorgestreckt und die Finger zu Krallen gebogen, so daß die Spitzen nach unten zeigten. Sie sahen die beiden Kinder und wußten sofort, daß in ihren Adern das Blut pochte und lief.
Die erste machte einen Sprung. Sie drehte sich förmlich über den Sargrand hinweg, ihr Pferdeschwanz hüpfte dabei, und sie war schon aus der Totenkiste, um sich den Jungen entgegen zu stürzen, die nicht in der Lage waren, sich zu rühren.
Da griff die Frau mit der Waffe ein. Bevor die anderen Untoten die Jungen erreicht hatten, war sie dazwischen. Mit dem Lauf ihrer Maschinenpistole schlug sie zu.
Zuerst erwischte es die mit dem Pferdeschwanz. Ihr Kopf flog zurück.
Haut platzte auf. Sie kreischte und fiel zu Boden, während Lady X herum schwang und sich die nächste vornahm. Die ließ sie kurzerhand auflaufen. Sie senkte die Mündung der MPi in den Leib der Untoten, dann rammte sie ihn hoch, traf das Kinn, und die Blutsaugerin wurde zurückgeworfen.
»Sie gehören mir!« zischte sie. »Habt ihr verstanden?«
Wimmernd und knurrend krochen die Vampirinnen davon. Doch in ihren Augen stand zu lesen, daß sie noch längst nicht aufgegeben hatten. Nur vorerst zogen sie sich zurück.
Es war seltsam, denn auch als Untote übte Lady X eine ungeheure Wirkung auf andere aus. Sie war die Chefin, sie war die Person, die alles in die Hand nehmen wollte, denn sie unterstand direkt Vampiro-del-mar, dem Kaiser der Blutsauger.
Das jedoch paßte dem Mitternachts-Vampir nicht. Er sprang vor und schrie: »Du hast hier nichts zu sagen. Ich bestimme, wer die beiden bekommt«
»Halte dich daran«, warnte Lady X.
»Nein.«
Und dann schlug Morro zu. Er hatte sich selbst überwunden, wollte den anderen zeigen, wer hier die Führung übernahm, und er überraschte auch Lady X damit.
Sie konnte nicht mehr ausweichen. Der erste Schlag fegte sie gegen die Tunnelwand, wobei sie fast noch mit ihren langen Haaren in die Flamme geraten wäre. Ein Tritt traf sie in der Körpermitte. Als sie zusammenknickte, wuchtete ihr der Mitternachts-Vampir die Maschinenpistole aus den Händen und feuerte sie zu Boden. Mit zwei Schlägen schaffte sich Lady X Distanz, aber sie konnte den Mitternachts-Vampir nicht aufhalten, trotz zertrümmerter Nase und einem defekten Schlüsselbein, denn ihre Tritte waren verdammt hart und zielsicher gewesen.
Morro warf sich gegen Lady X. Und er drückte sie mit seiner Kraft genau dorthin, wo er es haben wollte.
Auf die Särge zu.
Alle, auch die beiden Jungen, schauten der Auseinandersetzung gebannt zu. Keiner schenkte dem anderen etwas. Lady X wollte ihren Machtanspruch, und der Mitternachts-Vampir ebenso. Er wollte ihn auf keinen Fall aus der Hand geben.
Mit einem klassischen Kinnhaken verschaffte sich Morro Luft. Die Wucht des Treffers lehrte Lady X das Fliegen. Dabei hatte Morro Glück, daß seine Artgenossin, aber trotzdem Feindin, in einen der offenen Särge fiel. Mit den Füßen trat er noch einmal zu, so daß er auch die Beine in die Totenkiste aus Stein schleuderte.
Sofort schnellte Lady X wieder hoch. Gleichzeitig fing sie geschickt den Fußtritt des Mitternachts-Vampirs ab, hielt das Bein sogar noch fest und drehte es herum.
Morro klatschte zu Boden.
In diesem Moment griffen die anderen ein.
Drei weibliche Untote waren es, die sich auf Lady X stürzten und sie daran hinderten, den Sarg zu verlassen.
Im Nu war die
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