0193 - Der Mitternachts-Vampir
große Höhle von einem Fauchen und Kreischen erfüllt, und die beiden Jungen waren für einen Moment vergessen.
Klaus hatte die Idee.
Trotz der Streßsituation erinnerte er sich an seine Comics. Und er dachte daran, daß in den Bilderheftchen so mancher Vampir verbrannt worden war.
Feuer gab es hier.
Die Fackeln!
Klaus stieß Helmut an. Er wußte selbst nicht, woher er den Mut nahm.
Drei Schritte brauchte er nur zu laufen, da hatte er sich die Fackel geschnappt.
Klaus mußte springen, um sie aus der Halterung zu reißen. Mit beiden Händen packte er sie, als er den Schrei der Frau hörte. Es war Gabi Leber, die ihn gesehen hatte.
Auch Helmut vernahm den Schrei seiner Mutter. Er war so markerschütternd, grell und kreischend, wie er noch nie in seinem Leben einen Schrei vernommen hatte.
Wie ein Schatten war seine Mutter. Sie stürzte auf den Jungen mit der Fackel zu und wollte sie ihm aus der Hand reißen. Klaus reagierte richtig, ohne es eigentlich zu wollen. Er ließ die Fackel los und warf sie gleichzeitig seinem Freund zu. Gabis Griff ging ins Leere. Dafür fiel sie auf den Jungen und drückte ihn mit ihrem Gewicht zu Boden. Sie nagelte ihn förmlich fest, so daß Klaus nicht die Spur einer Chance besaß, sich zu erheben.
Gabi Leber war wie von Sinnen. Jetzt drang ihr Trieb voll durch. Sie war kein Mensch mehr, sie hatte die beiden Jungen bewußt in die Falle gelockt.
Klaus lag unter ihr. Mit den Händen drückte sie gegen seine Schultern.
Der Junge warf den Kopf hin und her, er wollte nicht, er weinte, schrie, und dann ließ die Untote eine Hand los, um in die Haare des Jungen fassen zu können. Ihre Finger wühlten sich fest. Sie riß den Kopf zur Seite, das Fleisch des Halses spannte sich. Jetzt war der Moment gekommen, um die Zähne in den Hals des Opfers zu schlagen.
Auch Klaus wußte, was ihm bevorstand.
»Helmuuut…!« schrie er aus Leibeskräften.
Und der Junge reagierte.
Vielleicht wußte er selbst nicht, was er tat, aber er machte instinktiv das Richtige. Er drosch mit der brennenden Fackel zu. Die Flamme leckte über den Rücken der Frau, fand ihren Weg und auch ihr eigentliches Ziel.
Die langen Haare.
Plötzlich knisterte es. Ein paar Funken sprühten hoch, und dann war die Haarflut nur noch eine Flammenlohe.
Helmut war instinktiv zurückgesprungen. Er spürte nur den heißen Hauch der Flammen. Die Vampirin aber dachte nicht mehr an ihr Opfer.
Sie hatte genug mit sich selbst zu tun. Die Untote ließ ihre Beute los und warf sich zurück. Dabei rollte sie auf dem Boden, versuchte die Flammen zu ersticken, aber das Feuer hatte sich schon zu weit ausgebreitet.
Die Chance war gleich Null.
Jetzt erst wurden die anderen aufmerksam. Ihnen war es tatsächlich gelungen, Lady X zu besiegen. Sie hatten die Scott zurückdrücken können und sogar einen der schweren Deckel auf den Sarg gelegt, so daß Lady X fast verdeckt war.
Gabi Lebers Schreie rissen sie herum.
Was sie sahen, war schaurig genug.
Ihre Artgenossin war zu einer Fackel geworden. Die langen Haare glichen einem Feuerschweif, als die Untote vom Boden hochschnellte und in ihrer wilden Panik auf den Ausgang der Höhle zurannte.
Die beiden Jungen reagierten ebenso wenig wie die Vampire. Helmut stand auf der Stelle, als wäre er festgeleimt. Die Fackel hielt er noch in der rechten Hand. Dabei zeigte die Feuerzunge nach unten. Der Junge faßte es einfach nicht, was geschehen war. Um seinen Freund zu retten, hatte er seine Mutter verbrannt, das war ihm unbegreiflich. Er merkte nicht die Hitze der Flamme, die seine Haut rötete. Wie Klaus starrte er in den Höhlengang hinein, wo Gabi Leber verschwand und sich das Feuer auf ihrem Körper ausbreitete, denn es hatte inzwischen auch ihre Kleidung erfaßt.
»Du hast sie getötet!« schrie Morro und sprang auf den Jungen zu.
Bevor Helmut sich versah, hatte der Mitternachts-Vampir ihm bereits die Fackel aus der Hand gerissen und sie fortgeschleudert.
»Jetzt werde ich mir dein Blut holen!« schrie er und griff nach dem Kleinen…
***
Wir waren in den Stollen eingedrungen. Schon nach wenigen Metern umfing uns die Dunkelheit. Das Licht vorn, es war unser Orientierungspunkt, ließen wir nie aus den Augen, und so verzichteten wir auch darauf, eine Taschenlampe einzuschalten.
Suko und ich hielten die Berettas schußbereit. Ebenso wie der Kommissar. Zudem hatte ich noch mein Kreuz offen vor der Brust hängen, und Suko trug die Dämonenpeitsche ausgerollt. Er hatte zuvor einmal einen Kreis
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