0193 - Ich heulte mit den Wölfen
sagen. Er kam natürlich sehr schnell dahinter und hatte als Folge der Aufregung einen leichten Schlaganfall. Der Hausarzt hat vorläufig jede Vernehmung verboten. Er lässt auch die beiden Töchter nicht zu ihm. Zwei Pflegerinnen wechseln sich Tag und Nacht ab.«
»Der Mann kann einem leid tun«, meinte ich.
»Mir nicht. Er hat es nicht anders gewollt. Wenn er seinen beiden Mädels beizeiten gezeigt hätte, wer der Herr im Hause ist, wäre es nicht so weit gekommen.«
»Wir werden uns auf alle Fälle dahinterklemmen. Das bisschen Schädelbrummen machte mir nicht mehr viel aus.«
Es ging mir tatsächlich schon erheblich besser. Zwar noch nicht so, dass ich Bäume hätte ausreißen können, aber ich weiß aus Erfahrung, dass man immer kranker wird, je länger man in einem Hospital liegt. Man wird in Watte gewickelt und gepäppelt, bis man sich selbst für einen Invaliden hält.
»Sie dürfen auf keinen Fäll aufstehen«, protestierte die Schwester, als ich die Beine aus dem Bett schwang.
»Schwang«, ist vielleicht zu viel gesagt. Ich hob sie ganz langsam heraus, saß auf der Kante und guckte ziemlich schummerig aus meinem blau gestreiften Nachthemd. Die Pflegerin war hinausgerannt und kehrte mit dem Arzt zurück. Der erwies sich als vernünftiger, als ich geglaubt hatte. Er war sogar damit einverstanden, den dicken Verband gegen ein großes Pflaster einzutauschen.
»Nur, wenn Sie sich schlecht fühlen oder Schwindelanfälle bekommen, müssen Sie vorsichtig sein. Den Riss in der Kopfhaut habe ich genäht, und der wird in ein paar Tagen verheilt sein.«
Der Mann gefiel mir. Eine Viertelstunde später, nach dem ich unterschrieben hatte, dass ich das Krankenhaus auf eigene Gefahr verlasse, waren wir auf dem Wege zum Office. Dort meldete ich mich beim Chef zurück. Der wollte mich natürlich zuerst mal beurlauben, aber ich machte nicht mit. So vertieften wir uns also in die Berichte der City Police, und in das, was unsere Leute ausgegraben hatten.
Weder der Mörder des Butlers noch der oder die Entführer hatten Fingerabdrücke am Tatort zurückgelassen. Das hatte ich nicht anders erwartet. So klug ist heute jedes Kind. Dagegen warnen unsere Spurensucher Cillys Angabe über das Auto, das sie gehört haben wollte, nachgegangen. Es gab frische Autospuren vor der Haustür, und die waren fotografiert, in Gips abgegossen und in jeder Hinsicht gesichert worden. Der Wagen gehörte keinesfalls einem Mitglied der Familie Parker.
Jeder Autoreifen hat gewisse Merkmale, die fast so zuverlässig sind wie Fingerabdrücke. Unsere Leute hatten sogar festgestellt, dass der Kraftwagen ›GoodYear-Bereifung‹ hatte und dass am linken Hinterrad drei Gleitschutzwulste beschädigt waren. Die Art dieser Beschädigung war so genau zu erkennen, dass wir nur noch den Reifen brauchten, um den Eigentümer des Wagens am Kragen zu kriegen. Außerdem musste ein Leck in der Ölleitung vorhanden sein. Man hatte die Tropfen eine ganze Strecke hindurch verfolgt, sie aber dann verloren.
So weit waren wir gekommen, als das Telefon rasselte. Es war Verbeek, der zusammen mit einem Detective der City Police in Bayview als Wache zurückgeblieben war.
»Soeben war ein Expressbrief an Mr. Parker gekommen. Ich habe ihn im Einverständnis mit Mrs. Windlass geöffnet. Soll ich vorlesen?«
»Wenn es wichtig ist, dann ja.«
»Der Brief ist in New York aufgegeben, und zwar in der Central Post-Office. Er lautet folgendermaßen: Wie Sie sehen, haben wir Ernst gemacht. Dem kleinen Jungen geht es gut. Vorsichtshalber haben wir seine Pflegerin mitgenommen. Leider müssen wir unsere Forderung jetzt erhöhen. Wir sind ja durch die Entführung ein erhebliches Risiko eingegangen. Wir brauchen drei Millionen Dollar, und zwar innerhalb der nächsten achtundvierzig Stunden. Wenn Sie Wert darauf legen, den Jungen wiederzusehen, dann schicken Sie die City Police und die G-men 'hach Hause. Besorgen Sie sich das Geld, in möglichst alten kleinen Scheinen, und zwar so, dass Sie es jederzeit greifbar haben. Wir wissen genau, was bei Ihnen vorgeht. Sobald wir uns davon überzeugt haben, dass die Polizei Ihr Grundstück und dessen Umgebung geräumt hat, werden wir Ihnen sagen, wie und wo wir die Dollar in Empfang nehmen werden. Erst danach werden Sie Ihren Enkel zurückerhalten. Wenn Sie versuchen, uns zu betrügen, werden Sie überhaupt nichts mehr von uns hören. Das ist alles. Wollen Sie den Brief holen lassen?«
»Nein, ich komme selbst dorthin.«
»Jetzt ist die Katze
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