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0193 - Ich heulte mit den Wölfen

0193 - Ich heulte mit den Wölfen

Titel: 0193 - Ich heulte mit den Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich heulte mit den Wölfen
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Haustür zu. Es war dieser schleichende Gang, der mir die Gewissheit gab, dass es keine Nachtbummler waren. Diese drei Männer hatten etwas vor, wobei sie nicht gestört werden wollten. Ich erinnerte mich an die offene Haustür und die fehlende Beleuchtung.
    Zum zweiten Mal griff ich nach der Pistole, dann löschte ich auch die letzte Lampe, öffnete geräuschlos die Flurtür und lauschte. Ich hörte nichts, keine Schritte, nichts, aber ich bemerkte den dünnen Strahl einer Lampe, der durch das Treppenhaus geisterte. Er kam näher und näher, bis er im zweiten Stock angelangt war. In diesem Stockwerk wohnte außer mir ein Buchhalter mit Frau und zwei Kindern. Dann waren da noch zwei alte Damen. Der einzige Mensch, für den drei zweifelhafte Gestalten sich wahrscheinlich interessieren würden, war ich selbst. Genau in dem Augenblick, in dem der Lichtstrahl herüberschwenkte, hatte ich die Tür wieder geschlossen.
    In Gedanken ging ich die Fälle durch, die ich in letzter Zeit bearbeitet hatte. Zweifellos gab es ein paar Gangs in New York, die allerhand darum gegeben hätten, ihr Mütchen an mir kühlen zu können. Es war wirklich ein besonderes Glück, dass ich nicht schlief. Ich habe nun mal die schlechte Angewohnheit, keine Türen zu verschließen, und das hätte mich, wenn dieser Besuch wirklich mir galt, eine gewaltige Tracht Prügel oder sogar das Leben kosten können.
    Draußen knackte eine Diele, und jetzt hörte ich ein ganz leises Flüstern. Ich hatte mich also nicht geirrt. Nun, ich wollte den Burschen einen Streich spielen. Sie würden sich an diesen Morgen noch lange erinnern.
    Wenn ich an die Gesichter dachte, die sie in ein paar Minuten machen würden, konnte ich ein leises Lachen nicht unterdrücken.
    Aus dem Radio ertönte Opernmusik. Gerade hatte ein Tenor begonnen, eine Arie aus »La Traviata« zu singen. Ich zog den Stecker heraus, klemmte den kleinen Apparat unter den Arm, stellte ihn im Badezimmer aufs Fensterbrett und schloss ihn wieder an. Der Tenor war jetzt im besten Zug. Immer mit einem Ohr nach draußen hörend, warf ich meine Jacke über einen Stuhl, eine Hose dazu und ein schmutziges Hemd darüber. Dann drehte ich im Bad die Dusche auf, schloss die Tür von außen und prüfte die Wirkung. Das Rauschen 22 des Wassers mischte sich mit dem Gesang. Es hörte sich gerade so an, als sänge ich selbst aus voller Kehle, wie ich das wirklich beim Duschen tue. Hoffentlich würde es nicht auffallen, dass der Bursche, der die Schallplatte besungen hatte, es viel besser konnte als ich.
    Draußen knackte das Schloss, und ich ging in Deckung hinter dem Kleiderschrank. Dann wartete ich mit angehaltenem Atem.
    Es dauerte noch zwei Minuten. Dann quietschte die Wohnungstür - ich hatte mir schon so lange vorgenommen, sie zu ölen -, und ich fühlte es mehr, als ich es hörte, wie jemand hereinkam. Die Taschenlampe blitzte kurz auf, aber von meinem Platz aus konnte ich nur einen kleinen Teil des Wohnzimmers übersehen. Jemand stieß an einen Stuhl, fluchte leise, und dann flammte die Beleuchtung auf. Ich sah die drei Gestalten vor der Schlafzimmertür stehen. Zwei davon hatten die typischen Killergesichter, glatt und gefährlich. Den dritten Burschen, der versuchte, sich im Hintergrund zu halten, kannte ich. Es war der Mann, der sich mir am Vormittag in Mr. Parkers Haus als Al Sarpent vorgestellt und den ich für einen Bankbeamten gehalten hatte. Also schien die Entführung des kleinen Jungen doch keine Familienangelegenheit gewesen zu sein.
    Die beiden Killer grinsten bedeutsam und sahen hinüber nach der Badezimmertür, hinter der das Wasser rauschte und mein Double Verdis Melodien schmetterte. Einer zog ein Schießeisen aus der Tasche, drückte es Sarpent in die Hand und schob ihn vor sich her. Es sah so aus, als wollte der sich sträuben, aber alle drei näherten sich dem Badzimmer.
    Gleich würden sie die Tür auf reißen. Sie dachten mit viel Vergnügen daran, was der ausgezogene G-man Cotton für ein Gesicht machen würde. Stattdessen stand dieser G-man hinter ihnen, und sie würden sich schwer hüten, was anderes zu tun, als das, was er ihnen befahl.
    Jetzt waren sie angekommen, und der mit dem Revolver streckte die Hand nach der Sinke aus.
    Der Tenor hörte auf zu singen, und unmittelbar danach brandete ein Geräusch auf, das mich vor Schreck die Luft anhalten ließ. Die Schallplattenfirma hatte es für gut gehalten, auch den Applaus auf die Platte zu bannen. Wenn ein Mann unter der Dusche singt, so

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