0193 - Ich heulte mit den Wölfen
mir die Überwachungsstelle die Niederschrift eines Gesprächs zwischen Nadine und ihrem geschiedenen Mann Giles Ovoll. Ich las:
Nadine: Hier bei Parker, es spricht Mrs. Ovoll.
Giles: Bist du das, Nadine?
N.: Natürlich. Ich habe es doch eben gesagt.
G.: Ich wollte mich nur erkundigen, was bei euch so los ist. Es muss doch recht aufregend sein.
N: Du hast gut reden. Wenn Daddy sie nicht hinausgeworfen hätte, wäre das ganze Haus voller Detektive und G-men.
G.: Warum hat er sie denn hinausgeworfen?
N.: Das kann ich dir am Telefon nicht so genau erklären. Wollen wir uns heute Abend treffen?
G.: Wenn ich sicher, bin, dass niemand uns nachschnüffelt.
N: Darüber kannst du beruhigt sein. Ich möchte dich unbedingt sprechen.
G.: Ist es denn so wichtig?
N: Noch wichtiger. Ich weiß mir keinen Rat mehr. Ich brauche dich unbedingt.
G.: Du wirst doch keine Dummheiten gemacht haben?
N: Frage nicht so viel, sondern sag lieber, wo wir hingehen.
G.: Komm zu LUCIANO in der 41. Straße.
N: Schön, um wie viel Uhr?
G.: Genau um neun. Sei ausnahmsweise pünktlich.
Der Rest war uninteressant.
»Ich möchte wissen, warum Nadine ihren geschiedenen Mann so nötig braucht?«, meinte Phil.
»Das werden wir vielleicht erfahren. Wir werden jemanden hinschicken, der die Ohren spitzt.«
»Ich wäre sogar dafür, dass wir uns irgendwo in der Nähe aufhalten, damit unser Mann uns jederzeit erreichen kann.«
»Der Gedanke ist nicht schlecht«, überlegte ich, und dann ging ich wieder mal zum Spiegel an der Wand, um mir die Haare über das große Pflaster zu kämmen, das meinen Schädel schmückte und sicherlich noch ein paar Tage schmücken würde.
LUCIANO ist ein großes Tanzrestaurant und eine kleine Bar. »Unser Mann könnte uns sagen, wo die beiden sich niedergelassen haben, und wir setzen uns einfach in das andere Lokal, damit er uns immer schnell erreichen kann«, schlug Phil vor.
Ich war einverstanden. Wir holten uns Tom Walther und besprachen die Sache mit ihm. Die 41. Straße war nicht sehr weit vom Federal Building entfernt. Sobald Nadine und ihr ehemaliger Mann eingetroffen waren, sollte Walther uns anrufen. Wir konnten dann in wenigen Minuten dort sein. Kurz danach meldete sich unser Schreibmaschinenfachmann. Er hatte herausgefunden, dass das kleine »e« eine Unregelmäßigkeit aufwies und dass am »t« ein Stückchen der unteren Schleife abgesprungen war. Das war natürlich schön und gut, aber es gab in New York sicherlich mehr als hunderttausend Royal-Maschinen, die wir ja nicht alle nachprüfen konnten.
Als nächstes kam das negative Resultat einer Umfrage bei allen Krankenhäusern, bei denen Phil hatte nachforschen lassen, ob im Laufe der Nacht oder besser am frühen Morgen ein Mann mit einem Schulterschuss aufgenommen oder verbunden worden war. Das war nicht überraschend. Es gibt genug Ärzte, die derartige Verletzungen sehr diskret behandeln, wenn sie entsprechend dafür bezahlt werden.
Der Einfachheit halber ging Phil mit mir nach Hause. Wir aßen, und dann mussten wir doch noch mal zu Phil fahren, weil der darauf bestand, sich tunzuziehen. Um halb neun waren wir wieder im Office und warteten. Um neun Uhr zehn kam der Anruf.
»Die beiden Personen sind vor fünf Minuten fast gleichzeitig angekommen und sitzen im Restaurant. Sie haben sich in einer kleinen Box niedergelassen, und ich brachte es fertig, einen Platz zu erobern, der nur durch eine dünne Holzwand von ihnen getrennt ist.«
»Gut. Spitzen Sie die Ohren. Wir werden in zehn Minuten in der Bar sein.«
»Okay.«
Zehn Minuten später waren wir an Ort und Stelle. Aus dem Restaurant erscholl laute Jazzmusik, das Klirren von Gläsern und das Summen vieler Stimmen. In der Bar war es ruhiger. Etliche Liebespärchen saßen in den Ecken, und die Theke war dicht besetzt mit Männern, die, den Hut ins Genick geschoben, ihre Drinks vertilgten. Vorläufig ging es noch ruhig und gesittet zu. In ein paar Stunden, wenn die Gäste erst ordentlich getankt hatten, würde es anders aussehen. Wir bestellten Bier und harrten der Dinge, die da kommen sollten.
Dabei langweilten wir uns.
»Ich habe den Eindruck, als hätte diese dringende Unterredung ganz andere Gründe, als wir hoffen«, knurrte Phil, und ich musste eingestehen, dass ich gerade dasselbe gedacht hatte.
Wahrscheinlich würden wir uns die Nacht ganz umsonst um die Ohren schlagen. Es war zehn Uhr, und wir hatten soeben die dritte Flasche ausgetrunken, als Walther eilig hereinkam.
»Die beiden
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