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0193 - Ich heulte mit den Wölfen

0193 - Ich heulte mit den Wölfen

Titel: 0193 - Ich heulte mit den Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich heulte mit den Wölfen
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haben gezahlt und sind im Begriff zu gehen. Leider konnte ich von der Unterhaltung sehr wenig mitbekommen. Ich weiß bloß, dass sie einen ernsthaften Streit hatten. Die Frau wollte was von ihm, und er lehnte energisch ab. Um was es ging, weiß ich nicht. Die Kapelle machte einen gewaltigen Krach, und zum Überfluss unterhielt man sich an einem Nebentisch mit höchster Lautstärke. Ich konnte nur verstehen, dass sie ihn um etwas bat und dass er zum Schluss sagte: Schlag dir das bitte aus dem Kopf. Auf solche Sachen lasse ich mich nicht ein. Sei zufrieden, wenn ich den Mund halte. Der Rest ging in dem Lärm ringsum unter.«
    Wir waren beide aufgesprungen. Ich warf den ungefähren Betrag unserer Zeche auf den Tisch.
    »Gehen Sie wieder hinein, und bleiben Sie dem Mann auf den Fersen, falls die zwei sich trennen wollen. Wir beschäftigen uns mit der Frau.«
    Ein paar Sekunden später standen wir auf der Straße und drückten uns in einen Hauseingang. Wir brauchten nicht lange zu warten. Nadine und Giles Ovoll traten aus dem Portal. Sie hatte den Kopf zurückgeneigt, um ihm ins Gesicht zu blicken, und das helle Licht deu Neonreklame fiel scharf auf ihre verzerrten Züge. In diesem Augenblick war Nadine Ovoll alles andere als hübsch. In ihren Augen standen Hass und Wut, und um ihren Mund zuckte es verzweifelt. Giles machte sich nicht mal die Mühe, ihr zu antworten. Er schüttelte sie ab wie ein lästiges Insekt, ging auf seinen Wagen zu, schloss auf und setzte sich hinters Steuer.
    Als er langsam anfuhr und zwischen den parkenden Wagen hindurchmanövrierte, stand Nadine immer noch wie erstarrt auf dem Bürgersteig. Erst als ein eiliger Passant sie anrempelte, kam sie zu sich. Sie strich mit der Hand über die Augen und setzte sich in Bewegung, aber offenbar hatte sie ihren Rolls zu Hause gelassen. Sie winkte einem Taxi, und diesen Augenblick benutzten wir, um in meinen Jaguar zu schlüpfen.
    Der Verkehr war noch so stark, dass ich dem Taxi, ohne aufzufallen, dicht auf den Fersen bleiben konnte. Es ging die 41. Straße in östlicher Richtung hinunter, und dann bogen wir rechts in die Second Avenue ein. Je näher wir dem Eastend kamen, umso grauer und schmutziger wurden die Fassaden der Häuser, umso zahlreicher die Kneipen. Selbst die Gesichter der Menschen waren grau und stumpf. Zwanzig Meter vor uns stoppte das Taxi, und im gleichen Moment flog der Schlag auf. Auch ich hielt und wartete, bis Mrs. Ovoll ausgestiegen und in einem Haus verschwunden war. Dann beeilten wir uns.
    Neben der Tür hing ein Emailleschild: PENSION SPLENDID: Im Flur brannte eine nackte Birne. Die Treppenbeleuchtung war spärlich. Es gab keinen Lift. Wir hörten das Klappern hoher Absätze auf den Stufen und folgten so leise wie möglich. Ein Radio plärrte, eine Frau kreischte, und ein Kind schrie in den höchsten Tönen. Wir hatten den ersten Stock erreicht, als die Schritte über uns verstummten und das Rasseln einer Klingel ertönte. Wir waren stehen geblieben. Wir konnten nichts sehen, aber umso besser hören.
    Eine Tür knarrte, und eine fette Stimme fragte:
    »Was wollen Sie?«
    »Ich möchte zu Familie Miller«, antwortete Nadine.
    »Nicht so stürmisch«, sagte die Frau mit der fetten Stimme. »Hier wohnt niemand namens Miller.«
    »Das ist nicht wahr.« Nadines Stimme wurde schrill. »Lassen Sie mich sofort hinein.«
    »Hauen Sie bloß ab. Auch wenn Sie echte Steinchen an den Fingern und in den Ohren haben, bei mir können Sie nicht landen. Die Millers haben hier gewohnt, aber sie sind seit heute Mittag ausgezogen.«
    »Sie lügen«, schrie Mrs. Ovoll in höchster Erregung, und gleichzeitig rief die Frau, die die Tür geöffnet hatte:
    »Alf, hier spielt jemand verrückt.«
    Ein paar schwere Schritte und dann ein grobes: »Raus.«
    Es gab einige Geräusche, das Scharren von Füßen, eine Scheibe klirrte und gerade, als ich den Fuß hob, um hinaufzustürmen, gellte ein Schrei, dem ein Poltern folgte.
    Ich brauchte die Treppe nicht hinaufzulaufen, um Nadine Ovoll zu sehen. Sie kam mir entgegen. Wie ein Sack rollte sie die Stufen hinunter und blieb vor mir liegen. Als ich mich bückte und ganz instinktiv versuchen wollte, ihr aufzuhelfen, starrten mich ihre Augen an, und in diesem Blick lagen Angst und Einsetzen. Ihr Mund öffnete sich, ein rasselnder Atemzug, und dann fiel der Unterkiefer herunter. Über die starren Augen zog sich ein Film.
    »Tot«, sagte Phil leise.
    Jemand hatte Nadine Ovoll die Treppe hinuntergeworfen, und sie musste

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