0197 - Horror-Träume
Besuch abzustatten«, sagte Odinsson und ließ sich in den Sessel fallen.
»Du weißt, wo er steckt?« fragte Nicole überrascht.
Odinsson lächelte fein. »Ein paar Vollmachten hat man mir immerhin noch gelassen. Genügend, um via Polizei einen Mann aus dem Bett zu scheuchen, der die Akten des Einwohnermeldeamtes betreut. Ich ging davon aus, daß van Meulen in räumlicher Nähe sein muß, und siehe da, man fand ihn. Er besitzt einen Bungalow am jenseitigen Ortsrand. Es kann sein, daß man sich jetzt bestimmter Datenschutzvorschriften erinnert und versucht, mich vor den Kadi zu bringen, aber da es für die britische Krone wie auch für die NATO ist, werden wohl deren Vertreter und das britische Konsulat versuchen, schützend ihre Hand über mich zu halten.«
Siccine schüttelte sich leicht. Er wagte nicht zu fragen, welche Summen Odinsson zwecks Bestechung in Bewegung gesetzt hatte. Aber auch der Commander war der Ansicht, daß zur Zeit der Zweck die Mittel heiligte.
»Schön«, sagte er. »Suchen wir diesen van Meulen also auf und reißen ihn aus seinen sanften Träumen.«
»Genau das«, sagte Nicole ernst, »werden wir nicht tun. Wenn er erwacht, erlöschen seine Träume, und damit auch Zamorra und die ANTARES und alles, was er sonst noch im Griff hat. Aber wichtig ist schon, daß wir ihn uns greifen.«
Eine Viertelstunde später rollte der schwarze Cadillac durch die Nacht seinem Ziel entgegen.
***
Jemand verstofflichte sich in dem großen Wohnzimmer des Bungalows. Es war eine wohlbeleibte Gestalt in gesetztem Alter, dezent grau gekleidet. Das Auffälligste waren die stechenden Augen, die wie die eines Albinos rötlich schimmerten.
Der Fürst der Finsternis war erschienen.
Er hatte das Aussehen eines Geschäftsmannes angenommen. Asmodis besaß eine Unzahl von Tarnexistenzen in menschlicher Gestalt überall auf der Welt. Diese war eine von ihnen.
Asmodis orientierte sich. Er spürte die eingedämmten Bewußtseinsmuster anderer Menschen aus den Kellerräumen. Die dort lagen, waren durch einen magischen Bann gefangen und würden nicht eher wieder erwachen, als Art van Meulen es zuließ.
Art van Meulen … Asmodis machte sich langsam mit diesem Namen vertraut. Bis jetzt hatte er ihn für unwichtig gehalten, aber wer es fertigbrachte, einen Professor Zamorra gefangenzunehmen, war nicht ganz so unwichtig.
Asmodis bewegte sich und durchforschte den Bungalow. Im Schlafzimmer fand er Art van Meulen auf seinem Bett liegen, das zerwühlt war. Im Schlaf mußte der Magier sich in Streß-Situationen sehr heftig bewegt haben.
Art van Meulen hatte sich verändert. Er war hagerer geworden, wirkte ausgezehrt. Die Macht zu träumen entzog ihm Kraft. Sie war der Preis in sich.
Asmodis’ feistes Gesicht verzog sich zu einem spöttischen Grinsen. Vielleicht würde er van Meulen das Leben schenken, als Gegenleistung für die Auslieferung Zamorras. Es würde dann allerdings ein dämonisches Leben sein.
Die Hölle konnte Wesen wie Art van Meulen gebrauchen.
Vorsichtig drang Asmodis in das Unterbewußtsein des Schläfers vor. Er wußte, daß van Meulen nicht erwachen durfte. Dann würde es nämlich keinen Professor Zamorra mehr geben.
Aber Asmodis hatte ganz bestimmte Gründe dafür, den Meister des Übersinnlichen lebend in seine Gewalt zu bekommen …
In diesem Moment fühlte er, daß Besuch kam.
***
William C. Siccine benutzte den Suchscheinwerfer des Wagens und tastete die Bungalows, die relativ weit auseinander standen, nach Hausnummern ab.
»Hier ist es«, sagte er plötzlich.
Odinsson kurbelte am Lenkrad. Der schwarze Cadillac glitt an der Einfahrt vorbei, stoppte, und der Pentagon-Agent lenkte ihn rückwärts vor das Garagentor. Nicole nickte zufrieden; Odinsson dachte an alles. Der Wagen stand jetzt nah genug und auch direkt in Fahrtrichtung, falls ein schnelles Verschwinden ratsam werden sollte.
Der leise Motor des großen Wagens verstummte. Die beiden Männer und Nicole stiegen aus. Langsam schritten sie auf die Haustür zu.
Siccine wollte den Daumen auf den Klingelknopf legen. Ein leises Zischen Odinssons hinderte ihn daran.
Der Colonel zog einen kaum erkennbaren Gegenstand aus der Tasche und schob ihn gegen das Zylinderschloß der Tür. Dann begann er an winzigen Verstellrädchen zu drehen.
Stückweise glitt der Gegenstand in das Schloß. Und plötzlich paßte der verstellbare Schlüssel und sperrte das Schloß auf. Odinsson drückte leicht gegen das Türblatt, zog seinen Schlüssel mit
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