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0197 - Mörder im Chinesenviertel

0197 - Mörder im Chinesenviertel

Titel: 0197 - Mörder im Chinesenviertel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mörder im Chinesenviertel
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abend noch hier gestanden hätte, hätte ich ihn abschleppen lassen müssen. Die Nachbarn meldeten mir, daß er hier herrenlos herumstünde. Darf ich mal Ihre Wagenpapiere sehen?«
    Ich zeigte sie ihm. Als er meinen Namen las, grüßte er gleich noch einmal. Ich klopfte ihm auf die Schulter.
    »Schon gut, Kollege«, sagte ich. »Ich konnte den Wagen nicht früher holen. Tut mir leid.«
    Ich setzte mich ans Steuer und winkte ihm noch einmal zu. Er grüßte ein drittes Mal. Daß ich ihn ›Kollege‹ genannt hatte, schien ihm zu gefallen.
    Ungefähr zwanzig Minuten später fuhr ich in jenen Hof ein, mitten im Chinesenviertel, wo Miß Li-Tschou wohnte. Auf dem Hof balgten sich mehrere Kinder aller Hautfarben, Rassen und Religionen. Die meisten waren allerdings Chinesen. Im Nu war der Jaguar von ihnen umringt. Ich bahnte mir mühsam meinen Weg zwischen ihnen hindurch, nachdem ich vorsichtshalber den Wagen abgeschlossen hatte.
    Ich war mir nicht mehr sicher, wie ich gehen mußte, um zur Wohnung des Mädchens zu kommen. Aber es mußte doch zu finden sein! Zuerst ging ich nach links, wo sich der Flur das erste Mal gabelte. Aber schon nach ein paar Schritten kam mir die Umgebung so fremd vor, daß ich wußte, hier konnte ich noch nicht gewesen sein. Also kehrte ich um bis zur Gabelung und ging nach rechts.
    Ganze zehn Minuten irrte ich durch die Gänge, über Treppen und Absätze hinweg, bis ich endlich einem Erwachsenen begegnete. Es war ein uralter Chinese. Sein Gesicht bestand nur noch aus den Schädel- und Kieferknochen, die mit einer dünnen, zerknitterten, pergamentartigen Haut überzogen waren. Von den Mundwinkeln hingen ihm die langen, dünnen Enden eines Bartes herab.
    »Entschuldigen Sie, Sir«, sagte ich und nahm den Hut ab. »Ich finde mich hier drin nicht zurecht. Können Sie mir helfen? Ich suche Miß Li-Tschou.«
    Er hatte mich mit ausdruckslosen Augen starr angeblickt. Jetzt krochen seine dünnen Spinnenfinger empor und tasteten nach mir. Es sah so unheimlich aus, daß ich erschak.
    Der Alte schien blind zu sein. Als er meine Ärmel ertastet hatte, ließ er die Hände an ihnen herabgleiten, bis sie meine Finger trafen. Kalte, fast tote Hände schlossen sich um die Finger meiner linken Hand. Er drehte sich um und tappte langsam in einen Flur hinein, den ich bis dahin noch nicht betreten hatte. Ich folgte ihm.
    Mit einer traumhaften Sicherheit führte er mich Stufen hinan und hinab, durch Quergänge und Korridore. Bis er vor einer Tür stehenblieb, meine Hand losließ und sich verneigte.
    »Sie sind am Ziel, Sir«, sagte er.
    Seine toten Augen sahen an mir vorbei ins Leere, als er die Arme leicht über der Brust kreuzte, sich verneigte und davonging. Vor Verwunderung über den seltsamen Alten vergaß ich, mich zu bedanken.
    Als er um die nächste Ecke verschwunden war, räusperte ich mich, klopfte an die Tür und lauschte.
    Hinter der Tür blieb alles still. Im Flur hier draußen war die Luft angefüllt von einem seltsamen Brausen, Schwirren und Raunen. Es war, als ob won überall her ferne Geräusche durch die Luft flpgen. Man konnte kein bestimmtes Geräusch erkennen, aber unbestreitbar war dieses eigenartige Brausen da.
    Ich klopfte wieder. Dabei preßte ich das linke Ohr gegen den Türspalt. Aber auch jetzt blieb alles still. Nachdem ich mich rasch umgesehen und weit und breit keinen Menschen entdeckt hatte, bückte ich mich und versuchte, durch das Schlüsselloch zu blicken.
    Es ging nicht, denn von innen stak ein Schlüssel.
    Dann mußte aber doch jemand zu Hause sein. Ich hämmerte mit beiden Fäusten gegen die Tür.
    Die Antwort bestand in einer Stille, die an meinen Nerven zerrte. Kurz entschlossen griff ich zur Türklinke und drückte sie nieder. Die Tür ging auf. Ich trat über die Schwelle.
    Und da lag sie. Miß Li-Tschou. Das aparte Chmesenmädchen. Mit einem Dolch in der Brust.
    ***
    »Bringt ein paar chinesische Kollegen mit«, sagte ich am Hörer meines Sprechfunkgerätes im Jaguar. »Die ganze Nachbarschaft sind Chinesen. Bei den Vernehmungen kann es nicht schaden, wenn wir ihnen Landsleute gegenüberstellen können.«
    Ich legte den Hörer auf, steckte mir eine Zigarette an und wartete. Li-Tschou, das kleine Chinesenmädchen, war also tot. Und diesmal gab es kein Rätselraten über die Todesursache.
    Ob der Holländer etwas damit zu tun hatte? Es wäre schließlich nicht das erste Mal, daß ein Liebhaber seine Geliebte umgebracht hat. Andererseits war vorläufig kein Motiv dafür zu erkennen,

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