02 Arthur und der Botschafter der Schatten
waren gelandet.
Das Aufheulen der Motoren, die jetzt im Rückwärtsgang unseren Schub bremsten, machte mir plötzlich keine Angst mehr. Ja, ich wunderte mich, dass ich überhaupt einen solchen Bammel beim Start gehabt hatte. Hinter uns erklangen ein paar zaghafte Klatscher, und dann stimmte die Mehrzahl der Passagiere in den Beifall ein. Also war ich doch nicht der Einzige mit einem mulmigen Gefühl gewesen! Das beruhigte mich ein wenig.
Die Maschine rollte aus, und unsere Mitreisenden schälten sich aus ihren Sitzen, um ihr Handgepäck aus den Ablagen zu holen.
»So schlimm war es doch nicht, oder?«, fragte mich Larissa und räkelte sich in ihrem Sitz.
»Man gewöhnt sich dran«, erwiderte ich. Jetzt war es mir schon fast peinlich, dass sie Zeuge meiner Flugangst geworden war. Wir warteten in unseren Sitzen, bis die Flugzeugtüren geöffnet waren und die Fluggäste auf den vorderen Plätzen die Maschine verlassen hatten. Als ich meinen Fuß auf die oberste Stufe der Treppe setzte und die frische Luft spürte, war ich trotz allem erleichtert.
Die Hitze war wie ein Faustschlag ins Gesicht. Sie flimmerte über dem Asphalt des Rollfelds, und ich war schon nach wenigen Schritten in Schweiß gebadet. Zum Glück war es nicht weit bis zur Ankunftshalle, die wohltuend klimatisiert war. Wir folgten den Schildern zur Gepäckausgabe, wo bereits die ersten Koffer auf dem Laufband ihre Runden drehten. Es dauerte nicht lange, dann tauchten auch unsere Gepäckstücke auf. Hinter einer Familie, die offenbar ihren ganzen Hausrat mit sich schleppte, trabten wir zum Ausgang.
Der Flughafen von Sevilla ist nicht besonders groß. So brauchten wir nur wenige Minuten, bis wir aus dem Zollbereich heraustraten. An der Absperrung hinter der automatischen Tür warteten zahlreiche Leute auf Neuankömmlinge. Larissa stieß mich an.
»Da, sieh mal«, sagte sie und deutete auf einen Mann, der auf der rechten Seite stand und ein Pappschild in den Händen hielt. Darauf waren mit dickem Filzstift die Worte Arthur und Larissa geschrieben.
»Damit können nur wir gemeint sein«, vermutete ich, warf aber trotzdem noch einmal einen Blick um mich, ob irgendjemand anderes zielgerichtet auf den Mann zusteuerte. Larissa war, wie so oft, schneller als ich und marschierte gleich in seine Richtung los.
Der Mann setzte ein schiefes Lächeln auf, als er uns auf sich zukommen sah. Er war nicht viel größer als ich und von schmaler Statur, machte allerdings einen drahtigen Eindruck. Er trug einen schwarzen Anzug, der an Handgelenken und Knöcheln ein wenig zu kurz war, und darunter ein weißes Hemd mit einem ausgewaschenen Kragen. Um den Hals hatte er eine dünne schwarze Kunstlederkrawatte gebunden. Auch seine ebenfalls schwarzen Lederschuhe hatten sichtlich schon bessere Tage gesehen, waren aber tadellos poliert.
»Arthur Schneider? Larissa Lackmann?«, fragte er, als wir nah genug herangekommen waren. Seine Aussprache war einwandfrei, dennoch konnte man hören, dass er kein Deutscher war.
Larissa stellte ihren Koffer neben ihm ab. »Kommen Sie von Mario Montalba?«
» Sí, sí. « Das Lächeln auf seinem Gesicht wurde noch breiter. »Mein Name ist Onofre Zafón. Ich bin ein Freund von Mario. Er hat mich gebeten, euch abzuholen und zu ihm nach Córdoba zu bringen.«
Trotz seiner aufgesetzten Höflichkeit gefiel mir Zafón nicht. Er hatte irgendetwas an sich, das mich misstrauisch werden ließ. Vielleicht waren es seine leeren grauen Augen, die den Eindruck erweckten, als ob dahinter keine Seele steckte, sondern lediglich ein kalt kalkulierender Automat. Es widerstrebte mir, mit ihm in ein Auto zu steigen.
»Davon hat er uns gar nichts gesagt«, bemerkte ich.
Zafón verstärkte sein schiefes Lächeln. »Mario hat auch vorhin erst erfahren, dass ich zufällig in Sevilla bin. Da hat er mich gebeten, euch doch gleich mitzunehmen.«
Das klang plausibel. Vielleicht war ich einfach zu misstrauisch. Wer sollte uns hier schon etwas tun wollen? Schließlich wussten wir selber vor vierundzwanzig Stunden noch nicht, dass wir um diese Zeit in Sevilla landen würden.
Auch Larissa schien keine Probleme mit dem Mann zu haben. »Na los«, sagte sie und blickte mich ungeduldig an. »Je eher wir in Córdoba sind, desto besser.«
» Bueno «, erwiderte Zafón. Wir folgten ihm ins Parkhaus, wo er vor einer schwarzen Limousine haltmachte. Er öffnete den Kofferraum und hievte unser Gepäck hinein. Dann hielt er uns die Tür zu den Rücksitzen
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