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02 Arthur und der Botschafter der Schatten

02 Arthur und der Botschafter der Schatten

Titel: 02 Arthur und der Botschafter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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Larissa sich zusammen, wenn ich vor einer Kapelle oder einer Gebetsnische etwas länger verweilte. Leider wusste ich auch nicht, wonach ich Ausschau halten sollte. Aber einfach aufgeben kam für mich nicht infrage.
    Überall standen Reisegruppen herum und lauschten ihren Führerinnen oder Führern. Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch, Chinesisch – hier war man offenbar auf Besucher aus allen Ländern der Erde eingestellt. Wir blieben kurz bei einer deutschen Gruppe stehen und hörten ein wenig zu. Die Führerin erklärte gerade die verschiedenen Phasen, in denen die Mezquita errichtet worden war. Als sie begann, sehr ausführlich verschiedene Details der Baugeschichte des Gebäudes vorzutragen, gingen wir weiter.
    Wir erreichten erneut den Bereich, in dem das alte Uhrwerk und andere Artefakte ausgestellt waren. Suchend drehte ich mich um meine eigene Achse, als mir etwas ins Auge fiel, das wir bei unserem ersten schnellen Rundgang übersehen hatten: eine Handvoll prächtiger alter Bücher, die in verglasten Holzvitrinen lagen.
    Ich zog Larissa mit zur ersten Vitrine. Die in roten, grünen und blauen Samt gebundenen Bände, deren Ecken mit ziseliertem Metall versehen waren, schienen Gebetsbücher zu sein. Sie stammten also aus einer Zeit lange nach der Herrschaft der Mauren. Das wurde bei näherem Hinsehen auch durch die kurzen Beschreibungen darunter bestätigt: Das älteste der Bücher war im 18. Jahrhundert entstanden, hatte also eigentlich gar nichts mit der Mezquita zu tun.
    In den Boden vor den Buchvitrinen war eine Reihe von Grabtafeln eingelassen. Hier waren wohl prominente Bürger der Stadt beerdigt. Ich studierte die Texte, entdeckte aber nichts Außergewöhnliches. Das Wappen auf einer der Tafeln erinnerte mich vage an eine Kompassnadel, was mich wiederum an Himmelsrichtungen denken ließ. Ich wollte zur nächsten Grabtafel gehen, aber der Gedanke an die Himmelsrichtungen ließ mich nicht los. Da war doch was ... Ich versuchte, mich zu erinnern. Da lag irgendwas in meinem Kopf verborgen, ich spürte es genau. Ich schloss die Augen und tastete mich wie durch einen Nebel voran: Kompass, Himmelsrichtungen, Nord, Süd, Ost, West ...
    Da war es! »Der Zettel!«, rief ich, und meine Stimme hallte in dem Gebäude wie ein Donnergrollen. Ein Mann in schwarzem Anzug und mit weißem Kragen, offenbar ein Geistlicher, blickte streng zu uns herüber. Sofort senkte ich meine Stimme wieder.
    »Der Zettel«, flüsterte ich Larissa zu und streckte meine Hand aus. Sie sah mich begriffsstutzig an. »Der Zettel, den du in der Synagoge gefunden hast.«
    Sie gab ihn mir. Ich starrte auf die Buchstaben:
     

     
    NES. Konnten das die Abkürzungen für irgendwelche Himmelsrichtungen sein? Ich zog mein Reisewörterbuch hervor und schlug nach. N konnte für norte stehen, das spanische Wort für Norden, E für este , also Osten, und S für sur , Süden. Aber Norden Osten Süden ergab keinen Sinn, zumal mit den vier Zahlen drum herum.
    »Darf man fragen, was du da treibst?« Larissa blickte mir über die Schulter.
    »Einen Moment«, vertröstete ich sie, denn soeben blitzte eine weitere Gedankenverbindung in meinem Kopf auf. Als wir vorhin an einer der Reisegruppen vorbeigekommen waren, hatte die Führerin gerade darüber gesprochen, dass in der Mezquita ursprünglich 1293 Säulen gestanden hatten. Und 1293 war die erste Zahl auf dem Zettel! Das konnte doch nur bedeuten, dass sich der Hinweis auf diesen Ort bezog.
    Ich teilte Larissa, die unruhig auf eine Antwort wartete, meine Vermutungen mit. Zum ersten Mal, seit wir den Mauren verabschiedet hatten, blitzte es wieder in ihren Augen auf.
    »Hast du es schon mit den Zwischenrichtungen versucht?«, fragte sie mich. »Also Nordosten – das könnte doch vielleicht noreste sein, also NE.«
    Ich schlug das Wort nach. Das gab es tatsächlich. »Also könnte NES Nordosten und Süden heißen.«
    »Und 7 und 8 sind Entfernungen«, ergänzte Larissa. »Jetzt müssen wir nur noch herausfinden, worauf sich diese Angaben beziehen. Und welche Maßeinheit dazugehört: Kilometer, Meter oder Zentimeter.«
    »Warum fangen wir nicht hier an?«, fragte ich. Ich hatte aus dem Hotel einen einfachen Stadtplan mitgenommen, den ich jetzt auseinanderfaltete.
    »Mal sehen ... Wir stehen in dieser Ecke der Moschee ... Die Wand mit dem Mihrab ist die Südwand.«
    »Bist du sicher?«, unterbrach mich Larissa. »Mussten die Gebetsräume der Muslime nicht immer nach Osten, also nach Mekka, zeigen?«
    Nun

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