Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
02 Arthur und der Botschafter der Schatten

02 Arthur und der Botschafter der Schatten

Titel: 02 Arthur und der Botschafter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
Vom Netzwerk:
für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Bereits Abd ar-Rahman der Erste hatte eine Handvoll ausgesuchter Bibliothekare ausgewählt, welche die Bücher vor den Augen Unbefugter bewahren sollten. Daher stammt auch der Name Bewahrer.«
    »Aber irgendwann müssen die Bücher doch von hier verschwunden sein«, sagte ich.
    »Jedes Streben nach Wissen findet seine Grenzen in dem Streben nach Macht«, erwiderte der Maure. »Das war in al-Andalus nicht anders. Auch hier kamen Herrscher auf den Thron, deren Interesse an der Bibliothek nicht so groß war wie ihr Wunsch nach Macht. Der Erste Minister al-Mansûr war ein solcher Mann. Er wollte die konservativen moslemischen Geistlichen auf seine Seite bringen und war bereit, dafür einen Teil der Bücher aus der Großen Bibliothek zu opfern. Sie wurden aus den Regalen gerissen und auf dem Platz vor dem Alcázar verbrannt. Nur dem beherzten Eingreifen der damaligen Bewahrer ist es zu verdanken, dass die Vergessenen Bücher nicht ebenfalls dieses Schicksal erlitten.«
    »Und die haben die Bücher dann in aller Welt verteilt?«, fragte Larissa.
    »Der ursprüngliche Plan war, die Bücher so lange sicher zu verbergen, bis wieder Ruhe eingekehrt war, und sie dann in die Bibliothek zurückzubringen. Aber einer der ersten Bewahrer war ein Verräter. Ihm war das Versprechen der Macht, das die Bücher in sich bergen, zu Kopf gestiegen, und er versuchte, sie zu rauben. Das gelang ihm zwar nicht, war aber eine Warnung für die Bewahrer. Wo ein Verräter war, da konnten auch andere kommen. So begannen sie, Gleichgesinnte anzuwerben, die dann jeder eines der Bücher übernahmen und es fortschafften. Doch der abtrünnige Bewahrer warb ebenfalls Bundesgenossen an, die ihm bei der Suche nach den Vergessenen Büchern helfen sollten.«
    »Die Sucher waren also ursprünglich einmal Bewahrer?«, staunte Larissa.
    Der Maure nickte. »Jedes Ding trägt seinen Widerspruch in sich. Im Guten befindet sich auch immer die Möglichkeit des Schlechten. Und so war es auch bei den Bewahrern. Das macht die Sucher so gefährlich, weil sie viele Details über die Bücher kennen, die sonst nur den Bewahrern vorbehalten sind.«
    »Und was ist mit den besonderen Fähigkeiten?«, wollte ich wissen. »Woher stammen die?«
    »Aus den Vergessenen Büchern selbst.« Der Maure sah meinen erstaunten Blick und lächelte. »Ja, Arthur, du trägst einen Teil der Bücher in dir. Die ersten Bewahrer hüteten sie nicht nur, sie hatten sie auch intensiv studiert. Und als sie merkten, dass die Sucher stärker wurden, nutzten sie ihre Kenntnisse, um den Bewahrern etwas mitzugeben, das die Sucher nicht besaßen: die Fähigkeit, den Zufall für ihre Aufgabe zu nutzen.«
    Er stand von der Bank auf und reckte sich. »Zeit für die Siesta«, sagte er.
    Ich hätte ihn gerne noch mehr gefragt, spürte aber, dass dies nicht der richtige Moment dafür war. Und wie ich Larissa kannte, würde sie nach dem langen Zuhören bestimmt lieber aktiv werden. Die letzten zehn Minuten war sie schon unruhig auf der Bank hin und her gerutscht.
    Ich erhob mich ebenfalls. »Dann gehen wir jetzt in die Mezquita.«
    »Eine gute Idee«, erwiderte der Maure. »Dort ist es um diese Zeit nicht so voll. Und vor allem ist es kühl.« Er legte die rechte Handfläche in Höhe des Herzens auf seine Brust und verneigte sich leicht. »Wir werden uns wiedersehen.«
    »Wann und wo?« Eine solche Aussage war Larissa zu vage.
    »Wo Gott will«, lächelte er. Dann drehte er sich um und verließ uns. Schon nach wenigen Minuten war er verschwunden. Larissa blickte ihm nachdenklich hinterher.
    »Er hat uns eine ganze Menge erzählt«, sagte sie. »Aber wir sind unserem Ziel keinen Meter näher gekommen.«
    »Dafür wissen wir jetzt mehr über die Geschichte der Vergessenen Bücher«, entgegnete ich.
    »So?« Ihre Stimme klang skeptisch. »Wir wissen nur, was er uns berichtet hat. Bist du sicher, dass es die Wahrheit ist? Oder vielleicht nur Episode aus Tausendundeiner Nacht?«
    Ich verstand ihre Einwände nicht. »In Amsterdam war ich es, der Gerrit voller Misstrauen begegnet ist, und du diejenige, die ihm jedes Wort geglaubt hat.«
    »Für dich ist der Maure also das spanische Gegenstück zu Gerrit?«
    »Was soll er sonst sein? Ein Mann ohne Geschichte und ohne Namen, der so viele Details über die Vergessenen Bücher kennt ...«
    »Details, die uns bei unserer Suche nicht weiterhelfen. Vielleicht will er uns auch nur ablenken, weil er nicht möchte, dass wir das Buch der

Weitere Kostenlose Bücher