02 Arthur und der Botschafter der Schatten
wohl nichts mehr mit der Suche nach dem Buch«, sagte ich. »So wie das aussieht, wird das Beladen noch eine Weile dauern.«
Larissa gähnte. »Das ist mir ganz recht. Mein Schlaf ist mir wichtiger als deine falschen Fährten.«
Ich verkniff mir eine Antwort darauf. Wir hielten die Augen nach Karasamoff offen, doch niemand störte uns, und so blieben wir auf Deck, bis es langsam dunkel wurde. Dann klappten wir die Liegestühle wieder zusammen und gingen zurück zu unseren Kabinen. Von Karasamoff war noch immer nichts zu sehen. Ich wartete auf dem Gang, bis Larissa ihre Tür von innen verriegelt hatte. Anstatt meine Kabine aufzusuchen, stieg ich hinunter in die Bar. Ich war nicht wirklich müde und bei dem Lärm der Container würde ich sowieso nicht einschlafen können.
In der Bar traf ich Kokou und Robin wieder, die mit zwei anderen Matrosen, beide Filipinos, Darts spielten. Kokou lud mich ein mitzumachen. Wir warfen ein paar Runden, dann setzten wir uns an einen der kleinen Tische und unterhielten uns. Kokou erzählte mir, dass er seinen Lohn sparte, um später ein eigenes Restaurant in Paris zu eröffnen. Vor seiner Zeit als Schiffskoch hatte er in der französischen Hauptstadt Betriebswirtschaft studiert und nebenbei in verschiedenen Restaurants gearbeitet.
»Und ich mache mit als Oberkellner«, lachte Robin.
»Als einziger Kellner, meinst du wohl«, korrigierte ihn Kokou. »Zumindest für den Anfang.«
Es tat gut, den beiden zuzuhören, wie sie über ihre Träume sprachen. Ein wenig von ihrem Optimismus sprang auch auf mich über und ich sah die kommenden Tage nicht mehr ganz so schwarz.
Irgendwann erhob sich Kokou. »Isch muss jetzt ins Bett. Morgen um fünf beginnt meine Schicht.« Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass es bereits kurz vor elf war, und ich verabschiedete mich ebenfalls.
Trotz des Polterns der Container schlief ich erstaunlich gut ein. Mitten in der Nacht wurde ich von einem starken Vibrieren des Deckhauses geweckt. Vom Verladen war nichts mehr zu hören. Dafür wummerte jetzt der Motor des Schiffs. Ich kämpfte mich aus dem Bett und warf einen Blick aus dem Fenster. Wir hatten abgelegt. Die Lichter von Cádiz wurden langsam immer kleiner und verschwanden schließlich ganz.
Nun war ich selbst auf der Fahrt ins Ungewisse, von der ich gestern auf der Uferpromenade der Stadt geträumt hatte.
Am nächsten Morgen hatte ich mich an das ständige leichte Brummen gewöhnt. In der Messe bekamen wir ein reichhaltiges Frühstück mit frisch aufgebackenen Brötchen serviert. Von Karasamoff war nichts zu sehen. Robin erklärte uns, dass wir die Straße von Gibraltar bereits durchfahren hatten und uns im Mittelmeer befanden. Auf Backbord, also zu unserer Linken, konnten wir die spanische Küste erkennen, die aus dieser Entfernung aus einer Mischung von grünen und gelben Farben bestand.
Nach dem Frühstück erhielten wir unsere Sicherheitseinweisung. Dann machten wir uns auf, das Schiff näher zu erkunden. Ich wollte so schnell wie möglich in den Laderaum, um nach dem Buch aus dem Viana-Palast zu suchen. Larissa hatte sich zwar bereit erklärt, mir dabei zu helfen, war aber nicht wirklich mit dem Herzen bei der Sache. Für sie stand fest, dass es sich bei allem, was mit Córdoba zu tun hatte, um reine Zeitverschwendung handelte.
Wir kletterten die Treppe zum Reich des Chiefs herab. Hinter der Metalltür erwarteten uns zu unserer Überraschung keine ölverschmierten Gestalten mit großen Schraubenschlüsseln, sondern ein Pult mit zahlreichen Anzeigen und Steuerhebeln, das von mehreren Monitoren und Tastaturen flankiert wurde. Deckenhohe Schaltschränke säumten die Wände. Alles war pieksauber.
Der Chief und einer seiner Leute waren anwesend. »Willkommen im Maschinenkontrollraum«, begrüßte er uns, um uns anschließend mit Erklärungen zur Technik der Ann Catherine zu überhäufen. Dies war die Befehlszentrale für den Schiffsantrieb, wo alle Informationen in Echtzeit zusammenliefen.
Der Chief wechselte ein paar Worte mit seinem Mitarbeiter. Dann holte er aus einem Wandschrank zwei Ohrenschützer und hielt sie uns hin. »Martin ist der Zweite Ingenieur«, sagte er. »Er wird euch jetzt zeigen, was uns antreibt.«
Wir folgten Martin tiefer hinab in die Unterwelt des Frachters. Das Dröhnen war hier deutlich stärker und trotz der Ohrenschützer noch recht laut zu hören. Im Maschinenraum präsentierte er uns stolz die blitzblanken, gewaltigen Zylinder der Hauptmaschine, von denen jeder über
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