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02 - Aus Liebe zu meiner Tochter

Titel: 02 - Aus Liebe zu meiner Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty Mahmoody
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pfeifen. Aber wenn man sich von einem Mißerfolg gleich entmutigen läßt, hilft man niemandem.«
    Ramez bereitet seine Schlacht an einem weißen Tisch im Wohnzimmer vor. Dort ordnet er bis tief in die Nacht Fakten und Gedanken und gibt sie in einen Computer ein. Als Buchhalter ist er von Natur aus gründlich. Er hat einen ganzen Aktenschrank voller Unterlagen: unzählige Schriftsätze und eidesstattliche Erklärungen; zwei Sorgerechtsverfügungen, eine Entscheidung des Gerichts von New Jersey, wonach ihm das Sorgerecht übertragen wird, und einen Beschluß des südafrikanischen Gerichts zugunsten Muriels; die Briefe seiner Frau sowie Kopien seiner eigenen Briefe; Zeitungsartikel über ähnliche Entführungsfälle; und seine komplizierten Rekonstruktionen häuslicher Vorfälle, die damals belanglos schienen, im nachhinein aber zu denken geben.
    Alles ist in ein Register aufgenommen, mit Datum und Stichwort gekennzeichnet und mit Querverweisen versehen.
    Als wolle er sich moralischen Auftrieb geben, sagt er mit seinem libanesischen Akzent: »Ich denke nicht an das Problem, sondern an die Lösung - kein Gedanke an Mißerfolg, nur Hoffnung.«
    Ramez will in seinen Bemühungen nicht nachlassen. Es ist,
    als sei sein Leben ein einziges Rätsel und als hänge seine Zukunft von der Lösung dieses Rätsels ab. Er ist besessen vom Detail, wie einer, der eine Verschwörung plant.
    Manchmal allerdings verläßt ihn der Mut. »Ich kämpfe ganz allein in einem Sumpf«, sagt er mit einem Seufzer.
    »Ich brauche eine größere Organisation, die mich unterstützt. Allein hat man keine Chance! Man rennt einfach gegen eine Wand.« Abends und an den Wochenenden ist es am schlimmsten. Dann fängt Ramez an zu rauchen, eine Angewohnheit, die er glaubte endgültig abgelegt zu haben, bevor ihn das Unglück traf.
    Aber er leistet sich diesen Pessimismus nicht lange. Da sind die Akten, denen er sich widmen muß, und die dicken Ringordner, die »gefüttert« werden wollen. Es ist, als könne das nächste Detail, die nächste Erkenntnis oder der nächste Gedankenschritt den Fall entscheiden und ihm ermöglichen, seine Familie nach Hause zu holen.
    Ramez will den Schluß des Falles selbst schreiben; er versucht immer noch, seine Familie wieder zusammenzuführen.
    »Es ist sehr schwer für mich«, sagt er, »aber ich wußte, daß ich die Situation in allen Einzelheiten beschreiben mußte, auch wenn es beim Schreiben weh tat. Ich durfte nicht im Kummer schreiben. Es war zwar eine Art Therapie, aber hauptsächlich möchte ich, daß die Fakten schriftlich festgehalten werden. Ich muß stark sein; ich darf mich nicht Hängenlassen. Ich muß kämpfen, kämpfen und nochmals kämpfen.«
    Aber auf der rot-beigen Schaukel sitzt niemand, den Ramez anstoßen könnte; die Schaukel verrostet hinten im Garten. Die Fotos an der Wand altern nicht, aber jenseits des großen Teichs wachsen drei Kinder heran und werden im-mer unerreichbarer. Eines Tages werden sie zu groß sein für Schaukeln und Eiswagen und vielleicht auch für Geschichten von Mädchen, denen Flügel wachsen.
    185
    Ramez schrieb mir im Februar 1991, nachdem er Nicht ohne meine Tochter gelesen hatte. Er zog Parallelen zwischen unseren Fällen: Beide waren wir über einen Familienurlaub enttäuscht worden, und das Verhalten unserer Ehepartner hatte sich drastisch verändert. Ramez hatte seine Heimat verlassen, um amerikanischer Staatsbürger zu werden; jetzt ist er allein, und seine Kinder sind in einem dritten Land.
    Ich habe andere verlassene Eltern erlebt, die auf das Trauma der Entführung ähnlich reagieren wie Ramez. Sie sind so sehr damit beschäftigt, Beweismaterial zusammenzutragen, daß sie ihr ursprüngliches Ziel aus den Augen verlieren: den Kontakt zu den Kindern um jeden Preis aufrechtzuerhalten. Wenn ich mit diesen Eltern spreche, gebe ich ihnen den Rat, vom Besuchsrecht Gebrauch zu machen, die Unterhaltszahlungen fortzusetzen und Geburtstagsgeschenke zu schicken - einfach alles zu tun, damit die Verbindung nicht abreißt.
    Bedauerlicherweise liegt es oft nicht in ihrer Macht, die Kinder zurückzubekommen. Aber ihre Liebe kann dazu beitragen, daß sie und die Kinder das Trauma der Trennung überwinden.
    Grenzübertritt
    Viele verlassene Eltern halten es für aussichtslos, sich an ein in- oder ausländisches Gericht zu wenden. Sie sehen keine andere Möglichkeit, als die Sache selbst in die Hand zu nehmen und sich damit außerhalb des Gesetzes zu stellen.
    Da ich ebenso handeln

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