02 - Aus Liebe zu meiner Tochter
hinaus wurden seine Anrufe durch einen Streit mit Muriel wegen des Unterhalts für die Kinder belastet.
Eine Zeitlang hatte er monatlich 220 Dollar geschickt, aber dann verringerte er den Betrag. Seinen Schätzungen zufolge hatten die Reise- und Anwaltskosten bereits 10000 Dollar an Ersparnissen verschlungen, und er hatte weitere 20 000 Dollar Schulden. Finanzielle Probleme hatten ihn auch davon abgehalten, nach Südafrika zu reisen und das ihm vom Gericht zugestandene Besuchsrecht wahrzunehmen.
Hartnäckig verfolgte er sein Ziel. Er schrieb an das Außenministerium, an seinen Kongreßabgeordneten und an Senator Donald Riegle aus Michigan, der sich besonders für das Problem der elterlichen Kindesentführung engagierte.
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Ramez forschte nach, wie Vicky amerikanische Staatsbürgerin werden könnte, bis er in eine Sackgasse geriet.
Regierungsquellen zufolge war Vickys britische Staatsbürgerschaft kein Hindernis für eine Rückkehr in die USA Außerdem pflegte er die Beziehung zu einem Mann, dessen Vater im südafrikanischen Parlament saß. »Ich will nur, daß die Sache vorangeht, und sei es mit kleinen Schritten«, sagte er. »Wenn ich abgewiesen werde, versuche ich es so lange wieder, bis ich an die richtige Tür klopfe.«
Nach Ramez' Ansicht kam es darauf an, daß die Zuständigkeit für die Sorgerechtsklage wieder an das Gericht in New Jersey ging. Seine größte Sorge war, seine Töchter könnten annehmen, er habe sie im Stich gelassen. »Sie werden sagen: >Unser Vater war Tag und Nacht bei uns und hat alles für uns getan, und plötzlich redet er nicht mehr mit uns.< Wenn sie groß sind, werden sie niemandem glauben und niemandem vertrauen.«
Dabei treffe genau das Gegenteil zu, sagt Ramez nachdrücklich. Er schreibt seiner Familie immer noch zweimal im Monat und schickt seinen Töchtern Geburtstagsgeschenke, obwohl er keine Antwort erhält und nicht sicher ist, ob seine Post auch tatsächlich ankommt. In Gedanken sind die Mädchen immer bei ihm. Er sieht sie jedesmal vor sich, wenn er zu dem gelben Backsteingebäude hinüberschaut, in dem die Grundschule untergebracht ist, und wenn er den Eiswagen in der Nachbarschaft hört. (»Wir sitzen da, und die Kinder spielen, und plötzlich steht meine älteste Tochter auf und spitzt die Ohren wie ein Hase. >Eis, kann ich ein Eis haben?< Und dann höre auch ich den Wagen, und sie laufen nach draußen.«)
Muriels letzter Brief kam im August 1990. Sie nahm Ramez wegen der versäumten Besuche und der Unterhaltszahlungen ins Gebet. Mit im Umschlag lag ein neueres Foto der drei Mädchen - damals zwölf, zehn und acht Jahre alt. Ramez
kamen fast die Tränen, als er sah, wie groß sie geworden waren, seit er sie nicht mehr gesehen hatte. »Ich versäume das Wichtigste im Leben«, meinte er. In Victorias freundliches Lächeln mischte sich bereits das Selbstbewußt-sein der jungen Dame. Maya sah stur geradeaus, unerschrocken und selbstsicher wie immer.
Monica, die längst kein Baby mehr war, blickte zuversichtlich unter den Ponyfransen ihres Pagenkopfs hervor.
Dieses Bild blieb im Umschlag, es bekam keinen Platz in der Bildergalerie in Ramez' Wohnzimmer. Ramez konserviert die Vergangenheit, indem er alles so läßt, wie es war, als ihm das Herz brach. Bei ihm zu Hause sind seine Kinder immer noch kleine Mädchen mit Ringellocken und Trägerhosen wie in seiner Erinnerung. Er erinnert sich an Ereignisse aus ihrer frühen Kindheit, als seien sie erst gestern passiert oder als könnten sie sich morgen wiederholen. Ich glaube, er besucht seine Töchter deshalb nicht - so sehr er sie vermißt -, weil er Angst hat, sie könnten seinen Erinnerungen entwachsen sein.
Auch fünf Jahre nach der Trennung hat Ramez noch immer Sehnsucht nach Muriel. Er hat bisher keine Anstalten gemacht, die Scheidung einzureichen. »Ich will meine Frau nicht herabsetzen«, sagt er, »aber ich weiß, daß sie ein Opfer ist wie meine drei Töchter. Ja, sie war verantwortlich, aber wenn einem die Dinge aus den Händen gleiten, was kann man da tun?« Er würde sie sofort nach Hause holen, wenn sie bereit wäre, eine Therapie zu machen, um sich völlig von Isobells Einfluß zu befreien.
Ramez wohnt in einem niedrigen Dreifamilienhaus, und seine Wohnung ist ein merkwürdiger Ort für ein Heiligtum, Das Haus steht in einer Reihenhaussiedlung in New Jersey, einer Schlafstadt, 32 Kilometer südwestlich von New York.
Aber Ramez' Wohnung ist ein Heiligtum - ein Ort, um Vergangenes Glück zu bewahren. Vor
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