02 - Aus Liebe zu meiner Tochter
mußte, als ich mit Mahtab aus dem Iran floh, kann ich die Verzweiflung dieser Eltern gut verstehen. Im Februar 1988, ein paar Tage nach meiner Reise nach Washington, wo ich die erschreckende Nachricht erhielt, daß Moody aus dem Iran ausgereist war, wurde ich von einer nervlich zerrütteten Frau namens Cathy Mahone aus Dallas angerufen. »Danke, danke«, sagte sie. »Wenn Sie nicht gewesen wären, hätte ich meine Tochter nicht wiederbekommen!«
Im Jahre 1976 wurden Cathy und Ali Bayan christlich getraut. Sie ließen sich in Dallas nieder, und ihr Leben war fast zu schön, um wahr zu sein. Cathy arbeitete in einem Immo-bilienbüro, Ali in einem Restaurant. Bei einem Besuch in Alis Heimatstadt Jarash in Jordanien wurde Cathy von Alis Familie ebenso bereitwillig akzeptiert, wie ihre Familie Ali akzeptiert hatte.
Als Cathy schwanger war, reiste Ali noch einmal in seine Heimat. Diesmal kam er mit einer »veränderten Persönlichkeit« zurück, wie ich es schon in vielen Fällen erlebt habe. Er Sollte mit seiner Familie nach Jordanien ziehen, aber Cathy Weigerte sich. Die Ehe ging allmählich in die Brüche, und 187
nach der Geburt der Tochter Lauren ließen sie sich scheiden.
Ali kehrte jedoch nicht nach Jordanien zurück, sondern eröffnete mit seinem Bruder ein Geschäft und heiratete wieder. Er verbrachte immer noch viel Zeit mit Lauren; in Ca-thys Augen war er ein großartiger Vater.
Als die texanische "Wirtschaft stagnierte, verlor Ali sein Geschäft. Am 1. November 1987 - seine Tochter übernachtete bei ihm - brachte er Lauren nach Jordanien. Es war ein Treuebruch, der Cathy völlig überraschte.
Vom Außenministerium bekam Cathy eine Liste mit jordanischen Anwälten und den Rat, in Jordanien vor Gericht zu gehen. Aber Cathy hatte von den Verzögerungen und Rückschlägen gehört, die andere verlassene Eltern auf diesem Weg hatten hinnehmen müssen, und sie wußte, daß sie nicht so lange warten konnte. Ohne Lauren hatte ihr Leben keinen Sinn. Sie war bereit, jedes Risiko einzugehen, um ihre Tochter zurückzubekommen.
Cathy versuchte es auf andere Weise: Sie heuerte einen Profi an, der ein Entführungskommando nach Jordanien schickte, um Lauren aufspüren zu lassen. Cathy reiste nach Zypern, wo sie auf die telefonische Nachricht des Kommandos wartete. »Ich nahm Ihr Buch mit nach Zypern«, erzählte sie mir, »und jedesmal, wenn ich Zweifel bekam, ob ich es auch schaffen würde, las ich weiter und faßte neuen Mut.«
Auf die Nachricht hin, daß Lauren ausfindig gemacht worden sei, reiste Cathy nach Jordanien, wo sie und die Männer des Kommandos sich als Besucher des Heiligen Landes tarnten. Das Kommando stoppte Laurens Schulbus, die Schlüssel des Busses landeten im Sand. Cathy holte ihre Tochter heraus und rannte mit ihr zu einem wartenden Auto. Auf dem Rücksitz umarmten sich Mutter und Tochter. Der Wagen brachte sie über die Grenze nach Israel, und von dort flogen sie zurück in die Staaten.
»Wenn Sie nicht den Mut besessen und ihre Geschichte niedergeschrieben hätten, wäre meine Tochter heute nicht bei mir«, sagte Cathy schluchzend. Dabei war die Krise noch keineswegs überstanden: »Jetzt bin ich in eine Wohnung eingesperrt. Meine Tochter hockt in einer Ecke und schreit immer wieder, wenn jemand an der Tür ist: >Mommy, bitte, laß nicht zu, daß sie mich holen !< Mit einer Pistole in der Hand gehe ich nervös auf und ab. Was kann ich von jetzt an tun? Wie soll unser Leben weitergehen?«
Ich wußte, wie ihr zumute war. Auch ich war zu Hause mehr als einmal mit einem Revolver auf und ab gegangen und hatte vergeblich versucht, meine Panik in Schach zu halten.
Ich konnte Cathy keine befriedigende Antwort geben. Solange die Rechte der Kinder weltweit mit Füßen getreten werden, können Cathy und ihre Tochter - oder Mahtab und ich - immer nur für kurze Zeit Ruhe und Frieden finden.
Cathy hat ihre gesamten Ersparnisse, rund 200 000 Dollar, für die Entführung ausgegeben. Mutter und Tochter leben an einem unbekannten Ort unter neuen Namen. Ich habe seit mehreren Monaten nichts mehr von ihnen gehört.
Nachdem meine Geschichte von 20/20 gesendet worden war, nahm ein Mann mit mir Kontakt auf, der sich als professioneller Entführer ausgab. Der Mann verbrachte ein Wochenende bei uns und erzählte uns seine unglaubliche Lebensgeschichte: Er sei einige Jahre bei der CIA gewesen, schäme sich aber der Dinge, die er dort getan habe. Entführte Kinder aus dem Ausland zurückzuholen biete ihm die
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