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02 - Die ungleichen Schwestern

02 - Die ungleichen Schwestern

Titel: 02 - Die ungleichen Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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Es gab keine Kartenspiele,
keine Tänze, keine Musik, keine Erfrischungen; es versammelten sich lediglich
ungeheuer viel Menschen in einem Haus, schubsten und drängelten sich hinein und
schubsten und drängelten sich dann wieder hinaus. Ganz wenige blieben länger
als eine halbe Stunde. Rainbird und Joseph waren nicht nur vom Möbelschleppen
erschöpft, sondern auch, weil sie die Gelegenheit genutzt hatten, Lord
Charteris' Kohlen zurückzuschaufeln und die Kellerwand wieder zuzumauern.
    »Ich
glaube nicht, dass die arme Miss Jane an der Abendgesellschaft teilnehmen
darf«, sagte Mrs. Middleton, und ihre große weiße Haube warf einen Schatten auf
ihr Gesicht. »Sie nehmen sie nirgends mit hin und lassen sie auch ihr Haar
nicht aufstecken. Miss Euphemia nennt sie >hässliches Entchen<, aber
meiner Ansicht nach wäre Miss Jane gar nicht übel, wenn sie ein bisschen
zurechtgemacht wäre.«
    Felice
strich den burgunderroten Seidenstoff auf ihrem Schoß glatt. »Miss Jane wird
morgen abend sehr gut aussehen, glaube ich«, warf sie ein.
    Es war
so ungewöhnlich, dass die Zofe etwas sagte, dass ihre Bemerkung mit
überraschtem Schweigen aufgenommen wurde.
    »Wird
sie denn dabei sein?« fragte Rainbird schließlich neugierig.
    »Ja«,
sagte Felice. »Ich soll ein altes Kleid von Miss Euphemia für sie ändern.«
    »Aber
sie wird doch sicherlich weiß tragen«, sagte Jenny.
    »Weiß
wäre für den Anlass unpassend«, sagte die Zofe. »Diese Farbe wird ihr gut
stehen, und ich werde sie selbst frisieren.«
    »Das
freut mich zu hören«, sagte Rainbird. »Miss Jane hat bisher nur in ihrem Zimmer
Trübsal geblasen und morbide Fragen über Miss Clara gestellt.«
    Felice'
fleißige Nadel machte einen Moment Pause. »Wer ist diese Miss Clara?«
    »Die
Honourable Miss Clara Vere-Baxton«, antwortete Rainbird.
    »Die
Vere-Baxtons waren unsere Mieter, nachdem der alte Duke gestorben war. Miss
Clara war sehr schön. Eine wirkliche Tragödie.«
    »War?«
Felices schwarze Augen waren fest auf den Butler gerichtet.
    »Sie
wurde ohne die geringste Verletzung im Green Park beim Staubecken tot
gefunden«, sagte Rainbird.
    »Miss
Jane hat hunderterlei Fragen gestellt, wie >Woran ist sie gestorben? Sie muss
an etwas gestorben sein.< Ich habe Miss Jane gesagt, dass der Arzt, Mr.
Gillespie, keine Erklärung für ihren Tod finden konnte.«
    »Wenn
überhaupt jemand Miss Jane ein bisschen städtischen Pfiff geben kann, dann sind
Sie es, davon bin ich überzeugt«, sagte Joseph und sah die Zofe mit
unverhohlener Bewunderung an. Lizzie fühlte einen scharfen Stich in der
Herzgegend.
    »Auf
jeden Fall ist es ungesund, die kleine Miss Jane so allein zu lassen, dass sie
ständig über solche Dinge brütet«, sagte Rainbird, »und nur einen Diener wie
mich hat, mit dem sie sich aussprechen kann.«
    Alle
schüttelten voller Mitgefühl den Kopf. Es war wirklich traurig, dass die feinen
Leute auf ihresgleichen angewiesen waren, wenn sie sich unterhalten wollten.

    Jane war sehr
zufrieden, dass sie an der Abendgesellschaft teilnehmen durfte. Sie hätte ihre
Mutter sehr gerne gefragt, ob ein gewisser Lord Tregarthan unter den Gästen
sein würde aber sie wagte es nicht, da sie wußte, dass diese Frage die Neugier
ihrer Mutter erregen und Euphemia sie erbarmungslos aufziehen würde.
    Die
Vorstellung einer Abendgesellschaft gefiel ihr. Da sie niemanden kannte, der
auf einer Londoner Gesellschaft gewesen war, dachte sie naiv, es würde eine
fröhliche Angelegenheit werden, wo man vielleicht auch ein bisschen tanzte. Die
Gesellschaftsspalten waren keine Hilfe, weil sie nur beschrieben, wer auf den
verschiedenen Abendeinladungen war, ohne zu erwähnen, dass es weder Erfrischungen
noch Belustigungen gab.
    Euphemias
Kleid sollte von Madame Duchasse geliefert werden, die zu den führenden
Damenschneiderinnen Londons gehörte. Jane wußte, dass ihr eigenes Kleid aus
einem alten Seidenkleid von Euphemia geschneidert wurde. Sie fand das nicht
einmal ungerecht; schließlich war es nur natürlich, dass die Ältere und
Schönere alle Zuwendung für sich beanspruchte.
    Jane
fand Rainbird wundervoll, da sie eine Seite an ihm entdeckt hatte, die er vor
den übrigen Familienmitgliedern verbarg. Es amüsierte sie ungeheuer, wie schlau
der Butler ihre Mutter dazu brachte, etwas mehr Geld herauszurücken. Der kluge
Rainbird hatte schnell herausgefunden, dass Mrs. Hart dem Haushalt vorstand,
und nicht der schweigsame Captain.
    Vernünftig
wie Jane meistens war, träumte sie

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