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02 - Die ungleichen Schwestern

02 - Die ungleichen Schwestern

Titel: 02 - Die ungleichen Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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hält.«
    »Squire
Bascombe ist fünfzig, er ist Witwer und hat Töchter, die älter als ich sind«,
rief Jane voller Abscheu aus.
    Euphemias
ungewöhnlich warmherzige Gefühle, die sie einen Augenblick lang für ihre
Schwester gehegt hatte, waren wieder völligverschwunden. »Du hast schon
immer an allem etwas auszusetzen gehabt«, sagte sie und trat zum Spiegel, um
ihre Locken zurechtzuzupfen.
    Jane
stürzte aus dem Zimmer. Wie schön wäre es, wenn es ihr gelänge, die hübsche
Euphemia auszustechen. Wenigstens einmal.
    Als
Jane an diesem Abend eingeschlafen war, nahmen ihre Träume eine merkwürdige
Wendung. Sie träumte, dass sie mit Euphemia eine Straße in London entlangging.
Beau Tregarthan fuhr in seiner Equipage an ihnen vorbei. In früheren
Träumen hatte sich an dieser Stelle Euphemia immer in rosigen Nebel aufgelöst,
während Beau Tregarthans blaue Augen voller Bewunderung Janes Augen begegneten.
Aber diesmal hielt er die Pferde an und sprang von der Kutsche, Er war nicht
mehr die verschwommene Schattengestalt der früheren Träume, sondern sehr
lebendig, sehr anziehend, fast wirklich. Er ging auf die Schwestern zu, und
seine Augen strahlten. Er blieb vor ihnen stehen. Seine blauen Augen blickten
voller Bewunderung auf - Euphemia. Diesmal war es Jane, die in den
Schatten jenseits des Lichtscheins, der das Paar umgab, verschwand.
    Sie
erwachte mit einem Ruck. Der Traum war so lebendig gewesen, so wirklich -
und so furchtbar wahrscheinlich. Sie kletterte aus dem Bett und zündete am
Nachtlicht eine Kerze an. Mit der Kerze in der Hand ging sie zum Spiegel und
starrte ihr Spiegelbild an. Ein hässliches Entchen starrte zurück. Mit einem
unterdrückten Schluchzer blies sie die Kerze aus, ließ sich bäuchlings auf das
Bett fallen, zog die Decke über den Kopf und versuchte, das lebhafte Traumbild
von Euphemia an der Seite Beau Tregarthans zu verscheuchen.

Viertes Kapitel

    Die harten
Wintermonate waren endlich vorüber, als Lord Tregarthan an seinem Schreibtisch
saß und flüchtig einen Stoß Einladungen auf goldgerändertem Papier durchging.
    Hinter
ihm saß sein Freund, Mr. Peter Nevill, ein kleiner, dünner, mürrischer Mann,
der nach der Meinung vieler Angehöriger der ersten Kreise ein merkwürdig
unpassender Freund für den leichtlebigen und eleganten Beau Tregarthan war.
    Vielleicht
war es gerade dieser Mangel an gesellschaftlichen Tugenden und Manieren, der
den übermäßig umworbenen und berühmten Beau anzog, aber es war ohnehin schwer
zu sagen, was hinter seinem schönen Gesicht und seinen lächelnden blauen Augen
vorging.
    Er
hatte im Krieg gegen Napoleon gekämpft und seinen Abschied genommen, nachdem er
verwundet worden war. jetzt hatte er seine Absicht, während der Saison eine
Frau zu suchen, eine Familie zu gründen und dann wieder in den Krieg zu ziehen,
kundgetan.
    Mr.
Nevill war First-Lieutenant in der Navy und genoss seinen ersten Urlaub
nach langer Zeit. Die beiden Männer waren zusammen zur Schule gegangen. Damals
war der größere Lord Tregarthan Mr. Nevills Beschützer gewesen, und Mr. Nevill
dankte ihm das immer noch mit leidenschaftlicher Ergebenheit.
    Die
Nachricht, dass der berühmte Beau auf den Londoner Schauplatz zurückgekehrt
war, hatte sich in den Wohnzimmern und Salons wie ein Lauffeuer verbreitet -
daher die Lawine von Einladungen.
    »Wer
ist diese Mrs. Hart in der Clarges Street 67?« fragte Lord Tregarthan
gelangweilt. »Sie schickt mir immerzu Karten.«
    »Eigenartige
Frau«, antwortete Mr. Nevill. »Einem Gerücht zufolge hat sie das unglückselige
Haus gemietet, weil es so billig war.«
    »Unglückselig?«
    »Ja.
Der Duke of Pelham hat sich darin erhängt; die Leute, die dann das Haus
mieteten, fanden ihre Tochter tot im Green Park, und die nächsten Mieter
verloren ihr Vermögen oder so was. Letztes Jahr bewohnten es ein Mr. Sinclair
und seine Tochter Fiona. Sie heiratete den Earl of Harrington, und seit ihrer
Hochzeitsreise, auf der sie ins Ausland gingen, werden sie vermisst. Man sagt,
der alte Sinclair habe sich der ganzen Armee Napoleons entgegengestellt, um
sich auf die Suche nach ihnen zu machen. Auf dem Haus liegt ein Fluch. Die Hart
hat es gemietet, ohne davon zu wissen. Sie ist furchtbar aufdringlich. Man musste
sie erst einmal auf ihren Platz verweisen. Sie hat doch glatt Sally Jersey im
Park umarmt und gerufen: >Ich bin eine Freundin von Lady Doyle.< Lady
Jersey hat sie zurückgestoßen. Sie hatte noch nie etwas von dieser Lady Doyle
gehört. Und auch

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