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02 - Die ungleichen Schwestern

02 - Die ungleichen Schwestern

Titel: 02 - Die ungleichen Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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ihrer Haut gelobt.
Jane richtete sich auf und entfaltete ihren Fächer. »Wie wollen wir dabei
vorgehen?« fragte sie.
    »Ich
werde Sie morgen zu einer Spazierfahrt abholen, und dann werden wir die
Angelegenheit erörtern. Du liebe Zeit! Wie laut und rüpelhaft sich die Gäste
heute benehmen!« Lord Tregarthan neigte seinen schönen Kopf zur Seite und
lauschte den fröhlichen Aufmunterungsrufen, die von oben kamen. Dann hörte man
Schreie, einen lauten Knall und dumpfe Schläge. Er stand auf. »Ihr Diener, Miss
Jane.«
    Jane
erhob sich, machte einen Knicks und sah ihm nach. Er blieb bei mehreren Leuten
zu einer kurzen Unterhaltung stehen; mit seinen hellen Haaren und seinen
breiten Schultern war er deutlich zwischen den anderen Gästen, die er alle
überragte, zu erkennen. Dann war er weg. Er hatte nicht gesagt, wann er sie
abholen wollte und ob er vorhatte, Mrs. Hart um ihre Erlaubnis zu bitten. Jane
hoffte fieberhaft, dass er es nicht vergaß. Er entsprach zwar nicht dem Bild,
das sie sich von ihm gemacht hatte, aber sie würde es so genießen, den Ausdruck
auf Euphemias Gesicht zu beobachten, wenn sie, Jane, mit dem schönsten Mann von
London ausfuhr.
    Lord
Tregarthan hatte sich tatsächlich auf die Suche nach Mrs. Hart gemacht, um sie
zu bitten, mit Jane ausfahren zu dürfen. Er fand sie ganz aufgeregt im
Speisezimmer im ersten Stock. Einige betrunkene junge Männer versuchten nämlich
gerade, einen Freund an seiner Halsbinde auf die Straße hinunterzulassen, weil
er sich gerühmt hatte, dass er so viel Stoff dafür verwende, dass sie vom
Fenster bis auf die Straße reiche.
    In
ihrer Begeisterung stießen die Angehörigen der ersten Kreise, die ausnahmslos
von Rainbirds Gebräu stark angeheitert waren, Tische und Stühle um, als sie
sich zum Fenster drängten, und zerbrachen eine Scheibe, als sie das Fenster
öffneten. Im Moment schlossen sie Wetten auf die Länge der Halsbinde ab,
während der junge Mann unter jubel- und Angstschreien auf die Straße
gelassen wurde. Das Wettfieber wurde immer hektischer, und die beiden Männer,
die den Schal hielten, der einmal eine raffiniert gewickelte Halsbinde gewesen
war, vergaßen über die Diskussion, wie die Chancen standen, ihre Verantwortung
und ließen das Halstuch los
    Man
hörte von unten einen dumpfen Fall und einen Schmerzensschrei. Alle erschraken,
doch nach einer kurzen Stille fing man von neuem an zu wetten; diesmal ging es
darum, ob sich der Mann, der auf die Straße gefallen war, ein Bein, zwei Beine
oder den Hals gebrochen hatte. Wer hinunterlief, um es nachzuprüfen, aus dem
Fenster schaute oder dem Mann zu Hilfe eilte, war automatisch disqualifiziert.
    Euphemia,
die von allen Seiten gestoßen und im Wettfieber, das Männer und Frauen
gleichermaßen befallen hatte, vergessen worden war, machte ein böses Gesicht
und schmollte. Ihr Gesicht wurde noch wütender, als der schöne Lord Tregarthan
ihre Mutter nur deshalb ansprach, weil er sie um die Erlaubnis bitten wollte,
mit Jane auszufahren. Felice ist an allem schuld, dachte Euphemia und kochte
innerlich vor Wut. Sie hatte aus Jane eine Halbweltdame gemacht mit diesem
raffiniert geschnittenen Kleid.
    LordTregarthan
nahm seinen Freund Mr. Nevill mit, und die beiden Männer stießen beim
Hinausgehen auf den jungen Mann mit der Halsbinde, der unter großen Schmerzen
auf Händen und Knien ins Haus zurückkrabbelte.
    »Wie
ist es dir ergangen?« fragte Tregarthan. »Ich hoffe, du hast nichts von dem
Negus getrunken.«
    »Ich
hab' gar keine Zeit dazu gehabt«, antwortete Mr. Nevill. »Wetten, du errätst
niemals, wer Mr. Hart ist!«
    »Nein,
wer?«
    »Nun,
er ist niemand anderer als Captain James Hart von der Adventure.«
    Lord
Tregarthan wurde ganz still, und der Blick, den er seinem Freund zuwarf, war
auf einmal gespannt und wissbegierig. »Bist du sicher?«
    »Natürlich.
Ich habe den Mann sofort erkannt. Er stand da, ein Held des Vaterlands,
abgedrängt und mit Leichenbittermiene. Wenn du dir vorstellst, dass der tapfere
Mann mit seiner kleinen Fregatte mit vierzehn Kanonen und vierundfünfzig Mann
an Bord die spanische Fregatte Infanta mit dreihundert Mann besiegte!
Nelson hat einmal gesagt, dass Captain Hart mehr Schneid und Ausstrahlung habe
als jeder andere in der Marine.«
    »Und
warum hängt unser Held trübsinnig in London herum, wo wir doch immer noch Krieg
führen?« fragte Lord Tregarthan neugierig.
    »Frauen!«
antwortete Mr. Nevill im Ton tiefster Verachtung. »Er hat es nicht gesagt, und
ich habe

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