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02 - Die ungleichen Schwestern

02 - Die ungleichen Schwestern

Titel: 02 - Die ungleichen Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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kleinen
Erfolg« nannte, an, dass sich Tregarthan einfach nur eine amüsante Abwechslung
verschaffte, indem er so ein kleines Fräulein einlud. Einige Damen hatten
nämlich keine Mühe gescheut, Mrs. Hart darauf hinzuweisen, dass Tregarthan
äußerst anspruchsvoll sei und, seine zahlreichen Mätressen ausnahmslos
göttliche Schönheiten gewesen seien.
    Euphemia,
der dieser Klatsch von ihrer Mutter hinterbracht worden war, betrachtete Jane
nun nicht mehr als ihre Rivalin und lachte gutgelaunt, während sich Jane
schmollend mit Toast und Tee bediente und sich zusehends kleiner und hässlicher
fühlte. Aber ihr von Natur aus sonniges Gemüt setzte sich schnell wieder durch,
und sie schlich in die Wirtschaftsräume, um Rainbird über die verstorbene Miss
Clara auszuquetschen, damit sie einen Gesprächsstoff hatte, mit dem sie Lord
Tregarthan unterhalten konnte.
    Unbefangen
wie Jane war, glaubte sie, dass die Diener sich riesig freuten, wenn sie Besuch
von oben bekamen, aber ihre Anwesenheit machte die Dienerschaft nur verlegen,
und Mrs. Middleton machte kein Hehl daraus, dass sie schockiert war, dass diese
junge Angehörige der feinen Gesellschaft ihren Platz nicht kannte -welcher
eindeutig oben war.
    Unbekümmert
starrte Jane die Diener an, die sie bisher nicht gesehen hatte - den
Koch, MacGregor, Lizzie, das Küchenmädchen, und Dave, den Topfspüler.
    Sie
wandte die Augen jedoch sofort wieder von Lizzie ab. Das kleine Küchenmädchen
hatte etwas an sich, das Jane schmerzlich an sie selbst erinnerte. Es war
soviel einfacher, sich in der Phantasie auszumalen, dass man unentdeckte,
geheimnisvoll anziehende Seiten hatte, wenn man nicht einem Spiegelbild seiner
selbst gegenüberstand. Wie Janes Haar war Lizzies dunkelbraun, und sie wirkte
wie Jane ein bisschen verloren und schutzbedürftig, klein wie sie war. Aber
während Janes Haut goldbraun war und ihre Augen haselnussfarben, war Lizzie blass
mit stiefmütterchenbraunen Augen.
    »Was
können wir für Sie tun, Miss Jane?« fragte Rainbird. Er fühlte sich sehr müde.
Er und die anderen hatten kaum geschlafen, weil sie fast die ganze Nacht die
Möbel wieder an Ort und Stelle geschafft und aufgeräumt hatten. Obwohl Mrs.
Hart auch erst um drei Uhr morgens ins Bett gekommen war - in das Bett,
das Rainbird und Joseph wieder nach oben hatten schaffen müssen -, war
sie mit der Lerche aufgestanden und hatte die Dienerschaft herbeigeklingelt,
statt bis um zwei Uhr nachmittags zu schlafen wie alle anderen respektablen
Mitglieder der feinen Gesellschaft.
    »Ich
wollte ein bisschen mehr über Miss Clara herausfinden«, sagte Jane und fühlte
sich nun doch unbehaglich unter Mrs. Middletons missbilligenden Blicken.
    »Gehen
wir in das Esszimmer der Dienerschaft«, schlug Rainbird gutmütig vor. Die
Glocke vom Speisezimmer begann zu klingeln. »Geh du hinauf, Joseph«, sagte
Rainbird über die Schulter, als er mit Jane aus der Küche ging.
    »Meine
Füße«, stöhnte Joseph. Er trug Schuhe, die ihm um zwei Nummern zu klein waren,
weil er kleine Hände und Füße für vornehm hielt. Deshalb sahen seine gequälten
Zehen auch wie Artischocken aus. Er sehnte sich danach, zum »Running Footman«
zu entfliehen, um einen gemütlichen Plausch mit Luke, dem Lakaien von nebenan,
zu halten. Nie zuvor hatte Joseph solch aufregenden Klatsch zu berichten
gehabt. Nie zuvor hatte er so viele prominente Mitglieder der allerersten
Gesellschaft unter einem Dach versammelt und sich sämtlich daneben benehmend
gesehen.
    »Setzen
Sie sich, Miss Jane«, sagte Rainbird und zog einen Stuhl unter dem Tisch
hervor. Jane setzte sich, und Rainbird beschloss nach einigem Zögern, dass er
zu müde war, um sich an Sitte und Brauch zu halten, und setzte sich ebenfalls.
    »Es ist
etwas ganz Wunderbares geschehen, Mr. Rainbird«, sagte Jane mit großen Augen.
»Lord Tregarthan wird heute nachmittag mit mir ausfahren, und er will mir dabei
helfen, herauszufinden, auf welche Weise Miss Clara ums Leben gekommen ist.«
    »Da
steckt kein Verbrechen oder sonst etwas Geheimnisvolles dahinter, wie ich Ihnen
schon gesagt habe«, meinte Rainbird. »Wenn Mr. Gillespie, der Arzt, keine
Todesursache feststellen konnte, dann muss ihr Tod durch irgendeine seltene
Krankheit eingetreten sein. Diese seltenen Krankheiten kommen und gehen. In
meiner Jugend gab es eine tödliche Seuche, die die Ärzte Whirligigitis nannten,
und heutzutage hört man nichts mehr davon. Außerdem hat der Leichenbeschauer
einen Unfalltod

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