02 - Die ungleichen Schwestern
Häusern herbeigerannt, als Jane und Lord
Tregarthan vorbeirasten, weil sie dachten, die Pferde seien mit ihnen
durchgegangen. Immer schneller flogen Lord Tregarthans Fuchsstuten mit
klappernden Hufen und wehenden Mähnen dahin. Die Räder summten und surrten,
während sich die Kutsche bedenklich in die Kurven legte und alle Gelenke und
Nieten knarrten und ächzten. Lord Tregarthan öffnete den Mund nur, um Jane
zuzurufen, sie solle dem Zollwärter einen Shilling zuwerfen. Manchmal wurde der
Verkehr dichter, aber der Lord schlängelte sich geschickt hindurch. Sobald sie
wieder freie Fahrt hatten, fuhr er schneller und schneller, bis die Felder und
Häuser vor ihren Augen verschwammen.
Auf
einmal sahen sie auf einer Hügelkuppe in einer Staubwolke gelbe Räder
aufblitzen. »Wir haben ihn!« rief Lord Tregarthan. Er stand auf und schwang die
Peitsche über die Pferde, wobei der Riemen über ihren Köpfen knallte, ohne sie
auch nur einmal zu berühren.
Jane
hätte nicht geglaubt, dass die Pferde noch schneller laufen konnten, aber die herrlichen
Tiere rasten den Hügel hinauf, als ob ihnen der Anblick des Gegners wunderbare
Kräfte verliehen hätte. Jane merkte, dass sie ihnen ermutigende Schreie zurief,
sie lobte, ihnen ganze Säcke voller Zuckerstücke versprach, alles, wenn sie nur
den schrecklichen Cully einholten.
Schließlich
lagen sie Seite an Seite mit ihm, die Flanken der Pferde berührten sich fast.
Es war kaum ein Zoll an Straßenbreite übrig, und Jane erwartete jeden Moment, dass
die Räder ineinander griffen und sie durch den Zusammenstoß hinausgeschleudert
werden würde.
Dann
waren sie vorbei,
Es
hätte keinen Augenblick länger dauern dürfen, dachte Jane, die sich ganz
schwach vor Erleichterung und durchlitten ein Schrecken fühlte, als Lord
Tregarthan sein Gespann zum Traben brachte und vor dem Greyhound vorfuhr. Der
Gastwirt kam mit Gin und Ingwerbrot herausgerannt, aber Lord Tregarthan
lächelte und lehnte das Angebot dankend ab. »Wir wollen drinnen etwas zu uns
nehmen«, sagte er. »He, Bursch, kümmere dich um sie.«
Ein
Stallknecht kam herbeigerannt und ergriff die Zügel. Das Klappern von Rädern
ertönte, und Cully mit einem Gesicht wie Donnergroll fuhr vorbei.
»Wird
er nicht zahlen?« fragte Jane.
»Doch.
Er wird irgendwann einen Diener mit dem Geld zu mir schicken. Das ist seine Art.
Ein verdammt schlechter Verlierer, unser Cully!«
Jane musste
geduldig warten, bis Lord Tregarthan sich überzeugt hatte, dass seine Stuten
sorgfältig trocken gerieben, gestreichelt und verwöhnt wurden. Dann führte er
Jane in den Gasthof, und bald saßen sie beide im Kaffeesalon. Sie waren die
einzigen Gäste. Als Jane an ihrer Limonade nippte, war sie plötzlich wieder
ganz verlegen und fragte sich, was ihre Mutter wohl sagen würde. Mehr als eine
Stunde wurde einem Gentleman, der mit einer jungen Dame ausfuhr, eigentlich
nicht zugestanden. Inzwischen war bestimmt mehr Zeit vergangen.
Als ob
er ihre Gedanken gelesen hätte, sagte Lord Tregarthan. »Ich werde Mrs. Hart
sagen, dass die Deichsel gebrochen ist, wenn Sie es wünschen, dann können wir
in aller Ruhe zurückfahren. Ich gelte als gute Partie, wissen Sie«, fuhr er
fort, und seine blauen Augen zwinkerten ironisch. »Es kann sein, dass sie mich
als zukünftigen Schwiegersohn sieht. Sie wird nicht ärgerlich sein.«
»Ich
fürchte, Mama hält mich für Ihre neueste Laune, nicht für Ihre neueste Liebe.«
»Dabei
wissen wir beide, dass weder das eine noch das andere zutrifft«, sagte er. »Wir
sind beide daran interessiert, hinter das Geheimnis um Miss Clara zu kommen.«
»Ja«,
sagte Jane schwach und wünschte, er würde sich so für sie interessieren, wie
sich ein Mann für eine Frau interessierte. Nicht, dass sie ihn liebte, sagte
sie sich wütend. Es wäre nur sehr angenehm, bewundert zu werden.
»Was
haben Sie über Clara erfahren?« fragte der Beau.
Jane
wiederholte, was sie von Rainbird gehört hatte.
»Ich
bin auch nicht weitergekommen«, lächelte er, »außer dass ich erfahren habe, dass
Mr. Harry Bullfinch am, Donnerstag auf dem Ball der Quesnes am Berkeley Square
sein wird. Gehen Sie hin?«
»Wir
sind eingeladen, aber ob Mama mich mitnimmt, ist eine andere Frage«, antwortete
Jane.
»Ich
werde sie bei unserer Rückkehr darauf ansprechen. Was ist mit Mr. Gillespie?«
»Ich
habe gedacht, Sie würden ihn vielleicht aufsuchen«, sagte Jane eifrig. »Ich
darf nicht ausgehen und könnte ihn auch sicherlich nicht von mir
Weitere Kostenlose Bücher