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02 - Die ungleichen Schwestern

02 - Die ungleichen Schwestern

Titel: 02 - Die ungleichen Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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aufsuchen.«
    »Ist
das immer so gewesen?« fragte er neugierig. »Werden Sie immer im Haus
gehalten?«
    »Oh,
nein«, sagte Jane. »Auf dem Land war ich natürlich viel freier. Allerdings
besuchte uns ja auch niemand außer Lady Doyle. Sie kennen selbstverständlich
Lady Doyle?«
    »Ich
würde sagen - selbstverständlich nicht. Sollte ich sie kennen?«
    »Lady
Doyle behauptet, dass sie jeden, der Rang und Namen hat, kennt.«
    »Ich
bin im Ausland gewesen. Sie ist ohne Zweifel meiner Aufmerksamkeit entgangen.
Wo wohnt sie denn?«
    »In
Upper Patchett.«
    »Du
meine Güte. Ist Upper Patchett der letzte Schrei, wenn es sich um Badeorte
handelt?«
    »N-nein.
Es ist ja nur ein kleines Dorf.«
    »Aber
Lady Doyle verbringt viel Zeit in der Hauptstadt?«
    »Nein«,
antwortete Jane überrascht. »Ich habe nie gehört, dass sie nach London fährt.«
    »Wie
ist es dann möglich, dass sie so viele Mitglieder der guten Gesellschaft kennt,
wenn sie nicht nach London kommt und diese doch ganz bestimmt nicht nach Upper
Patchett reisen?«
    »Ich
habe mir schon oft gedacht, dass sie lügt«, erwiderte Jane. »Aber wir kommen
schon wieder vom Thema Miss Clara ab, das viel interessanter ist. Was ist Mr.
Bullfinch für ein Mensch?«
    »Ganz
normal. Ungefähr mein Alter, glaube ich. Wohlangesehen.«
    »Wie
enttäuschend!«
    »Haben
Sie sich einen finsteren Schurken vorgestellt?«
    »Etwas
dergleichen«, nickte Jane bekümmert. »Oje, oje! Ich komme mir allmählich ganz
dumm vor. Ich habe geheimnisvolle Verbrechen gesehen, wo keine sind.«
    »Auf
der anderen Seite«, gab er gutgelaunt zu bedenken, »stirbt jeder an etwas.«
    Jane
lebte wieder auf. »Wie wahr und wie beruhigend, dass Sie das sagen.«
    Der
Beau kippte mit den Stuhlbeinen nach hinten und überkreuzte die Stiefel. »Jetzt
wollen wir aber etwas wirklich Wichtiges besprechen, bis ich mehr über Mr.
Gillespie herausgefunden habe. Wollen Sie, dass der Ball für Sie zu einem
Erfolg wird?«
    »Ja«,
sagte Jane sehnsüchtig, »aber ich fürchte, ich weiß nicht, wie man das
anstellt.«
    »Die
neueste Mode ist Seide, nicht mehr Musselin - Altgold mit grünen
Streifen. Nicht von Madame Duchasse, sondern .von einer noch unbekannten Leonie
in der Conduit Street. Und lassen Sie Ihre Haare schneiden.«
    Jane
errötete. »Über Damenkleidung spricht ein Gentleman nicht«, sagte sie streng.
»Außerdem kann ich Ihre Ratschläge nicht befolgen. Man wird wahrscheinlich
eines von Euphemias alten Kleidern für mich ändern, obwohl Mama mir ein paar
neue Sachen versprochen hat.«
    »Das
erscheint mir nicht fair.«
    »Euphemia
ist nun mal wirklich schön und die Ältere«, gab ihm Jane, loyal wie sie war, zu
verstehen. »Es ist schon in Ordnung, dass für sie das Bestmögliche getan wird.«
Sie spielte nervös mit dem Griff ihres Sonnenschirms, während er sein Monokel
ins Auge klemmte und ihr Gesicht musterte.
    Schließlich
ließ er es wieder fallen und sagte freundlich: »Sie werden eines Tages ganz
überraschend so schön sein wie Ihre Schwester. Aber bei Ihnen - gibt es
außerdem so viel zu entdecken.«
    »Was?«
fragte Jane begierig auf Lob.
    Doch
seine, Augen tanzten nur belustigt, als er sein Glas an der langen goldenen
Kette schwingen ließ. »Eines Tages gebe ich Ihnen eine Liste all meiner
Entdeckungen«, sagte er.
    Eine
seltsame, kameradschaftliche Stille breitete sich zwischen dem Beau und der
kleinen Jane aus. Der Wind bewegte die Chintzvorhänge im Salon, und Sonne und
Schatten sprenkelten den ungepflegten Rasen draußen.
    Schließlich
schlug er vor, aufzubrechen. Als er sich bückte, um Hut und Stock aufzuheben,
sagte er ernster als sonst: »Sagen Sie Ihrem Vater, dass ich ihn morgen Vormittag
um elf Uhr aufsuchen werde. Ich muss ihn etwas Wichtiges fragen.«
    »Ja«,
sagte Jane atemlos. Ihre Augen leuchteten wie Sterne, aber Lord Tregarthan, der
ihr die Türe aufhielt, merkte es nicht. Ein berauschendes Triumphgefühl überkam
sie. Es konnte nur einen Grund geben, aus dem ein Gentleman einer jungen Dame
sagte, er wolle ihren Vater aufsuchen. Lord Tregarthan hatte vor, um die
Erlaubnis zu bitten, ihr den Hof zu machen.
    Jane
schwebte zum Wagen hinaus.
    Obwohl
sie den Heimweg in ruhigem Trab zurücklegten, verschwamm auch diesmal die
Landschaft mit ihren Häusern vor Janes geblendeten und glücklichen Augen. Sie
würde das Stadtgespräch von ganz London sein. Jane Hart. Jane Hart, die den
bestaussehenden Mann von London erobert hatte.
    Sie
bogen von der St. James's Street in den

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