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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Klienten von Noel Gay, Richard Stilgoe, Chris Barrie, Hinge and Bracket, Dollar, die Cambridge Buskers, Jan Leeming, Manuel and the Music of the Mountains, die King’s Singers, Geoff Love – es war eine überaus exzentrische Mischung.
    Diesmal waren es nur ich, Richard und Lorraine Hamilton, die bezaubernde, schüchterne junge Frau, mit der er sein Leben teilte und die als seine Assistentin arbeitete. Wir drei hatten Richards Koch/Butler ganz für uns allein.
    Als uns Ken nach einem ausgezeichneten Dinner am Freitagabend im Salon Kaffee einschenkte, sprach Richard zu meiner Überraschung auf einmal von seinem Vater. Reginald Armitage war der Sohn eines Lakritztaler-Herstellers in Süd-Yorkshire. Er hatte die Queen Elizabeth Grammar School in Wakefield, das Royal College of Music und das Christ’s College in Cambridge besucht. Sein musikalisches Können hatte ihm in frühem Alter zur Anstellung als musikalischer Direktor und Organist an der St. Anne’s Kirche in Soho verholfen. Ragtime, Jazz und Swing, die in dem Teil Londons damals allgegenwärtig waren, müssen auch Reginald infiziert haben, und er merkte sehr bald, dass ihm die leichten, heiteren und ins Ohr gehenden modernen Melodien außergewöhnlich gut lagen. Um seine ehrbaren Eltern in Yorkshire und die Kircheninstanzen, die seine Arbeitgeber waren, nicht zu verärgern, komponierte er seine Songs unter dem Pseudonym Noel Gay. Für unsere Ohren ein nicht besonders glücklicher Name, aber in den späten Zwanzigern und den Dreißigern gemahnteer an die glückliche und fröhliche Welt leuchtender Sonnenstrahlenmuster an vorstädtischen Eingangstüren, die überlebt haben, und das Design mancher Rundfunkgeräte jener Zeit. Wenn es einen Song gibt, der dieses Image perfekt vermittelt, ist es sein eigener: »The Sun Has Got His Hat On«.
    Der Komponist Noel Gay hatte riesigen Erfolg. Es gab einen Zeitpunkt, da wurden vier seiner Musicals im West End gleichzeitig aufgeführt, eine Bravourleistung, mit der nur Andrew Lloyd Webber mithalten konnte. Seine berühmteste Komposition, »The Lambeth Walk«, bleibt der einzige Song, über den je in einem Leitartikel der
Times
geschrieben wurde. Außerdem verschaffte er, wie Richard mir erzählte, Noel Gay einen Eintrag im legendären schwarzen Buch mit den Namen derer, die nach einer Invasion der Nazis als Erste an die Wand gestellt worden wären. Wie es hieß, hatte Hitler nicht amüsiert auf einen Wochenschauausschnitt reagiert, der während des Krieges in englischen Kinos sehr beliebt war und den Führer zeigt, wie er einem Kader im Stechschritt marschierender SA-Männer salutiert. Als Soundtrack war die Filmschleife mit »The Lambeth Walk« unterlegt worden.
    Ich wusste nur sehr wenig darüber und war gerührt, dass Richard meinte, ich könne Interesse an den Heldentaten seines berühmten Vaters haben.
    »Sein größter Erfolg«, sagte Richard, »war natürlich das Musical, in dem ›The Lambeth Walk‹ vorgestellt wurde –
Me and My Girl

    »Genau«, sagte ich und dachte in meiner Verwirrung an den Standard von Gene Kelly und Judy Garland: »The bells are ringing, for me and my gal …« – aber war das nicht ein amerikanischer Song?
    »Natürlich nicht zu verwechseln«, sagte Richard, »mit der Nummer ›For Me and My Gal‹ von Edgar Leslie.«
    »Aber nein doch. Natürlich nicht«, sagte ich, schockiert bei dem Gedanken, das könne tatsächlich jemandem passieren.
    »
Me and My Girl
«, sagte Richard, »war das erfolgreichste britische Musical seiner Zeit. Es ist erst kürzlich von
Cats
übertroffen worden.«
    Richard besaß eine dieser gewinnenden Angewohnheiten, die Agenten, Produzenten und Magnaten häufig eigen sind: Er beschrieb alles und jeden, das oder den er kannte, als das mehr oder weniger wichtigste, erfolgreichste und respektierteste Beispiel seiner Art und aller Zeiten: »ganz sicher der bedeutsamste Choreograph seiner Generation«, »der beste Weinhändler in Großbritannien«, »unbestreitbar der am meisten bewunderte Koch Asiens« – und dergleichen. Es ist für Menschen wie Richard auch völlig unmöglich, nicht den besten Arzt Londons zu haben, den fähigsten Zahnarzt Europas und mehr noch als alles andere und ewig aufs Neue aufgetischt, sobald jemand auch nur das leiseste dorsale Zipperlein erwähnt, »den weltbesten Mann für den Rücken«. Ich hatte diese Eigenart Richards bereits durchschaut und konnte mir daher nicht ganz sicher sein, wie viel von dem, was er über
Me and My Girl
sagte,

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