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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Inspirationsquellen heranwachsender Knaben.
    Ich schalte das Licht in Meerschwalbe und Papageientaucher aus und gehe auf dem Treppenflur in Richtung Kormoran, aus dem ein ungehöriges Maß an Lärm nach außen dringt.
    »Schon gut, beruhigt euch hier drinnen. Warum muss es immer bei euch im Kormoran sein?«
    »Sir, Sir, mein Kissen ist kaputt.«
    »Sir, hier drinnen zieht es ganz furchtbar.«
    »Sir, ich habe einen Geist gesehen, ganz ehrlich.«
    »Wir haben Angst, Sir.«
    »Hört zu. Es reicht. Ich lösche das Licht. Und keinen Mucks mehr. Keinen. Einzigen. Mucks. Und ja, Philips, das gilt auch für dich.«
    Ich gehe nach unten ins Lehrerzimmer. Das Kaminfeuer lodert, und ich setze mich mit einem Stapel Hefte,um sie zu zensieren. Bevor ich mit den Korrekturen anfange, fische ich meine Pfeife aus der Tasche meines Tweedjacketts. Zusammen mit ihr hole ich mein Pfeifenwerkzeug hervor – eine Kombination von Taschenmesser, Löffel, Stopfer und Dorn. Ich fummle, kratze und bohre eine Weile, schlage den Tabakrest der letzten Füllung in einen Aschenbecher und puste ins Mundstück wie ein Trompeter, der sein Instrument anwärmt. Als Nächstes hebele ich eine Blechdose Player’s Whisky Flake auf und schäle eine einzige Schicht des festen und leicht feuchten Tabaks ab. Der süß-holzige Geruch, der durchaus mit Whisky angereichert sein könnte, wie der Markenname verheißt, steigt mir zum Gruß in die Nase wie Balsamduft. Ich lege den Tabak in die linke Hand und massiere ihn mit festem Kreisen der rechten Fingerspitzen in die Handfläche. Die meisten Pfeifenraucher bevorzugen einen Beutel mit zerriebenem Tabak, für mich hingegen ist das Ritual, ein gepresstes Tabakplättchen aufzulockern und zu zerpflücken, fast so wichtig wie das Inhalieren des Rauchs.
    Es gibt einen hervorragenden Ausspruch in Ian Flemings letztem Bond-Roman
Der Mann mit dem goldenen Colt
: »Der beste Drink des Tages«, bemerkt Bond, »ist der kurz vor dem ersten.« So geht es mir auch mit dem Rauchen. Nichts ist schöner als die Vorfreude, während ich die Pfeife säubere und stopfe und mich bereitmache für die ersten Züge.
    Gerade als ich den Kopf stopfe und mir die Pfeife anzünden will, höre ich über mir das Stampfen bloßer Füße auf den Dielenbrettern.
    Kormoran.
    Mit einem Stoßseufzer lege ich die Pfeife zusammen mit einem kleinen Knäuel frisch geriebenen Tabaks beiseite.Als ich die Treppe hinaufsteige, höre ich bereits unterdrücktes Kichern, Klatschen, Knallen und Geflüster. Ich marschiere hinein und schalte das Licht an. Eine rituelle Rauferei ist im Gang – Schulkrawatten werden geschwungen und knallen wie Peitschen – und erstarrt im plötzlichen Lichtschein. Ich erinnere mich aus meiner Schlafsaalzeit an solche Kämpfe.
    »Ruhe! Alle zurück in die Betten! Und zwar auf der Stelle!«
    Ein scharrendes Durcheinander, als sie in die Betten springen und sofort so tun, als schliefen sie.
    Ich schalte das Licht aus. »Noch ein Ton aus diesem Schlafsaal, und wer auch immer dafür verantwortlich ist, bekommt eine Tracht. Habt ihr verstanden? Eine Tracht. Ich spaße nicht.«
    In meinem Arbeitszimmer muss ich enttäuscht feststellen, dass die zwei oder drei Minuten, die das Tabakhäufchen auf meinem Schreibtisch verbringen musste, gereicht haben, die aufgelockerten Fasern ein wenig trocknen zu lassen. Ich fülle den Pfeifenkopf und drücke den Tabak mit dem Daumen fest. Immer noch feucht genug, um sich gut stopfen zu lassen. Fest, aber dennoch eine Spur geschmeidig.
    Jetzt beginnt der Augenblick, nach dem sich mein Kopf und meine Lungen verzehrt haben.
    Nur Swan Vestas kommen jetzt in Frage, kein anderes brandstiftendes Werkzeug kann mit ihnen konkurrieren: keines der Spezialfeuerzeuge für Pfeifenraucher, mögen sie noch so clever konstruiert und ausgeklügelt sein, keine Zündhölzer von Bryant and May, kein Bic, Clipper, Zippo, Ronson, Calibri, Dupont oder Dunhill, so exzellent sie alle auf ihre Weise sein mögen. Swan Vestas sind die wahren Zündhölzer, womit gesagt seinsoll, dass man ihre magentafarbenen Köpfe an jeder rauen Oberfläche reiben kann und nicht nur an dem schimmernd braunen Streifen, auf den sich Sicherheitshölzchen beschränken müssen. Man kann einen Mauerstein benutzen oder, wie ein Cowboy, die Stiefelhacke. Das Sandpapier an der gelben Swan-Vesta-Schachtel ist goldfarben, und keine Reibefläche funktioniert besser. Ich reibe das Hölzchen in meine Richtung. Ich weiß, dass man es eigentlich von sich weg reiben

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