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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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auch den Wahnsinn und die Verstörungen, die mit ihr einhergingen. Jene Sucht war abgelöst wordenvon einer in Tweed gehüllten und altmodischen maskulinen Abhängigkeit, die, solange der Vorrat hielt, weder die Stimmung noch das Verhalten veränderte und zudem dienlich war, mir ins Gedächtnis zu rufen, dass ich inzwischen ein gereifter, nüchterner und rationaler Erwachsener war. Liebe, Sex oder meinem Körper schenkte ich keine Aufmerksamkeit mehr. Ganz Feuer und Luft – mit anderen Worten: Rauch – gab ich wie Kleopatra dem niedern Leben die andern Elemente.
     
    Zehn Jahre später, 1988, lernte ich einen von Großbritanniens größten Rauchern kennen. Er war zu der Zeit auch ein bedeutender Trinker.
    »Ich stamme«, sagte er zu Rik Mayall, John Gordon Sinclair, John Sessions, Sarah Berger, Paul Mooney und mir, als wir uns zur ersten Probe seines Stücks
Verlorenes Glück
trafen, »aus der Saufen-und-Schmöken-Generation.« Er ließ reumütig die Schultern sinken, um zu betonen, dass es sich um eine unentrinnbare Tatsache handelte, angesichts deren Erbarmungslosigkeit er machtlos war.
    Simon Gray war damals, und das macht mich leicht schaudern, exakt so alt, wie ich bin, da ich dies niederschreibe. Er besaß wie sein Lieblingsschauspieler Alan Bates volles schwarzes Haar, aber sein Körper war weniger gut in Schuss. Jahrelanges Trinken hatte seinen Bauch zu einer sanft gerundeten Wampe anschwellen lassen, aber gleichzeitig seine untere Körperhälfte ausgezehrt, so dass er spindeldürre Flanken und so gut wie keinen Hintern vorwies. Ich habe ihn nie ohne eine Zigarette in der einen und ein Trinkgefäß in der anderen Hand erlebt. Morgens schüttete er Champagner in sich hinein, der seinem Dafürhalten nach als Alkohol kaumzählte. Nach dem Lunch schlürfte er ohne Unterlass Glenfiddich aus Kaffeebechern oder Plastikbechern. Es war das erste Mal, dass ich so eng mit einem echten Alkoholiker in Berührung kam. Manche aus meiner Generation tranken mehr, als gut für sie war, und machten so lange weiter, bis sie ihr Ziel erreicht hatten, aber im Augenblick stand ihnen noch ihre Jugend zur Seite.
    Die Proben für
The Common Pursuit
begannen erst nach dem Lunch, ungewöhnlich im professionellen Theaterbetrieb. Wir alle kamen schon früh zu der Überzeugung, dass dies Simons wegen so arrangiert worden war, der Regie führte und vor diesem Zeitpunkt nicht zu gebrauchen war. Wie ich herausfand, lag es aber tatsächlich daran, dass er den Morgen an seinem Schreibtisch verbrachte. Unabhängig davon, wie viel er trank, schien er doch in der Lage zu sein, als Stückeschreiber und Tagebuchautor viele Stunden täglich kreativ zu arbeiten. Nur gelegentlich bekam ich ihn frühmorgens vor seinem ersten Champagner zu Gesicht. Er bot einen gespenstischen Anblick. Sein Gesicht war in sich zusammengefallen, seine Augen schauten trübe und wässrig, seine Stimme krächzte heiser, und seine gesamte Erscheinung vermittelte den Eindruck, dass er völlig erledigt und unfähig war, zu denken, zu handeln oder irgendeine Absicht zu verfolgen. Ein Schluck Alkohol jedoch, und er erblühte wie eine Wüstenblume im Regen. Er schien um Zentimeter zu wachsen, Funkeln erleuchtete seine Augen, seine Gesichtshaut glättete sich und schimmerte, seine Stimme wurde kräftiger und klarer. Simon Gray, zu dem Schluss kam ich, als ich zum ersten Mal Zeuge seiner Verwandlung vom Frosch zum Prinzen wurde, hatte kein Problem mit dem Alkohol. Für ihn war der Alkohol die Lösung.
    Rik Mayall nannte ihn nur »Mr Drinky«. Wir verehrten ihn, und er schien uns zu schätzen. »Ich weiß nichts über eure Generation«, sagte er. »Ich sehe nicht fern und kenne daher nicht die Serie
The Young Ones
oder
Blackadder
oder wie die Sachen heißen, die ihr macht. Man hat mir geraten, euch vorsprechen zu lassen, und danach habe ich mich gerichtet. Ihr wirkt allesamt so absurd jung und selbstbewusst, und ich bin überzeugt, dass ihr ein Publikum ins Theater holen werdet.«
    Dass wir ihm jung erschienen, kann ich mir vorstellen, aber dass wir bei ihm den Eindruck von Selbstbewusstsein erweckten, hielten wir bei uns allen, natürlich mit Ausnahme von Rik Mayall, für merkwürdig. Rik war eine Naturgewalt, wirkte vor lauter Charisma unschlagbar und hatte unerschrocken hemmungslos Anfang der Achtziger zusammen mit seinem Freund Ade Edmondson die Comedy-Szene gestürmt. Ich nehme an, dass ich ebenfalls, wie immer, Selbstvertrauen verbreitete, ohne es in mir zu spüren.
    Der Titel

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