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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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im selben Boot sitzen und dass alles gut wird. Davon abgesehen hatte ich nach ein paar Tagen genügend Leute kennengelernt und genug Gespräche mit angehört, um mitzubekommen, dass Cambridge weit davon entfernt war, das Athen des fünften Jahrhunderts oder das Florenz des fünfzehnten zu sein.
    Das Universitätsleben beginnt mit der Freshers’ Fair und allen möglichen »squashes« – Anwerbungspartys, die von Studentenclubs und Vereinigungen veranstaltet werden. Bei dem vergleichsweise gesunden Kontostand eines Studenten in der ersten Woche seines akademischen Jahres einerseits und dem intensiven Wunsch, akzeptiert und gemocht zu werden, der all jenen Unsicherheiten entspringt, die ich beschrieben habe, andererseits, ergibt es sich wahrscheinlich, dass sich ein Studienanfänger schon in der ersten Woche jeder Mengenicht im Lehrplan stehender Gruppen anschließt, angefangen bei den etablierten, dem Club, dem Varsity-Magazin und der Cambridge Union bis zu den obskuren, den Friends of the Illuminati, der Society of Tobacco Worshippers und den Beaglers Against Racism. Alle ziemlich albern und studentisch und hinreißend.

College and Class – College und Klasse
     
    Ich vermute, dass ich hier innehalten sollte, um, wenn es mir denn gelänge, in kurzen und einfachen Worten das Wesen des College-Lebens in Cambridge zu beschreiben. Nur Oxford hat ein vergleichbares System, und es gibt keinen Grund, warum jemand, der nicht darin gelebt hat, verstehen sollte, wie es funktioniert; und natürlich auch keinen Grund, warum es jemanden kümmern sollte. Es sei denn, Sie sind neugierig, wofür ich Sie lieben würde, denn Neugier, was die Welt betrifft und alle ihre Ecken, ist eine gute Eigenschaft, selbst wenn diese Ecken so uncool sind wie die Studierzimmer von Oxbridge.
    Es gibt fünfundzwanzig Colleges in Cambridge (nun ja, im Ganzen einunddreißig, aber zwei davon sind Postgraduates vorbehalten, und die anderen vier nehmen nur Spätstudierende an), die jedes für sich eine selbstverwaltete Institution sind, mit eigener Geschichte, eigenen Statuten, mit eigenem Einkommen und Besitz. Trinity College ist mit siebenhundert Undergraduate-Studenten das größte. Außerdem ist es das reichste aller Oxbridge-Colleges, Hunderte Millionen schwer und mit Landbesitz allerorten. Andere sind ärmer: Im fünfzehnten Jahrhundert unterstützte das Queens’ College KönigRichard III., dessen Wildschweinkopfemblem noch immer das College-Banner ziert, und nach der Niederlage des unglücklichen Monarchen in der Schlacht von Bosworth Field hatte es unter Beschlagnahmungen und anderen Geldstrafen zu leiden.
    Jedes College hat einen Speisesaal, eine Kapelle, eine Bibliothek, »combination rooms« für Abschlusswie Anfangssemester (in Oxford Gemeinschaftsräume genannt) und eine Pförtnerloge. In ihrer Bausubstanz sind die meisten Colleges mittelalterlich, was Strukturen und Verwaltung betrifft, sind sie alle mittelalterlich. Man betritt sie durch Torbögen zwischen aufragenden Türmen, und innen sind sie aufgeteilt in rasenbewachsene oder kopfsteingepflasterte Höfe (in Oxford nennt man diese Höfe »quads«). Eine Lehranstalt würde man gewiss nicht von vornherein so eigentümlich gestalten, und das hat auch niemand je getan. Und doch leisten diese beiden nach dem College-System organisierten Universitäten seit mehr als achthundert Jahren ohne Unterbrechung ihre Dienste, und es gab keinen Grund, die fundamentalen Prinzipien, nach denen sie organisiert sind, zu ändern. Eine langsame graduelle Evolution sorgt so gut wie unmerklich für Veränderung. Ob Oxford und Cambridge den Neid, das Ressentiment, die Abneigung und das Misstrauen zukünftiger Generationen überleben werden, können wir höchstens mutmaßen. Es ist absolut möglich, dass jemand sie mit dem scheußlichen Adjektiv »inadäquat« belegt oder die ähnlich scheußliche Redewendung »nicht mehr zweckdienlich« verwendet, so dass man sie in Museen, Baudenkmäler oder Hotels umwandelt. Aber niemand kann ihnen den historischen Wert absprechen, und nur durch Vandalismus wären sie ihrer physischen Schönheit zu berauben.Allein diese beiden Eigenschaften werden gewährleisten, dass – komme, was da wolle – junge Menschen auch auf die Gefahr hin, für elitär zu gelten, in ausreichender Zahl diese beiden Universitäten werden besuchen wollen.
    Oxbridge-Studenten bekommen ihre Quartiere nicht von der University zugewiesen, sondern von ihrem jeweiligen College. Dort wohnen sie und werden

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