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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Leitung gesagt wurde, erhellte ein Lächeln ihre Miene, und sie schenkte mir einen aufmunternden Blick. Sie war eine sehr hübsche junge Schottin und verblüffend fröhlich trotz der damals noch nicht computerisierten Arbeitslast, die sie zu bewältigen hatte. Ich sehe ihr Gesicht noch genau vor mir.
    »Nun, das waren gerade die Leute von Rowan Atkinson. Sie sagen, dass sie wegen der großen Nachfrage eine zusätzliche Spätvorstellung am Sonnabend angesetzt haben. Würde Ihnen das passen?«
    Ich kaufte fünf Tickets und eins für den Cambridge Footlights Club und trollte mich erfreut davon.
    Wir führten unseren
Ödipus
zwei Wochen lang jeden Abend im Adam House in der Chambers Street auf. Das Szenenbild war »inspiriert« von Science-Fiction-Filmen,und die Hauptdarsteller mussten ebenso wie der Chor eigenwillige Kostüme tragen, die aus farbigen Cellophanfolien zugeschnitten und höllisch schwer anzuziehen waren. Schließlich musste ich trotz der knappen Pause zwischen den Vorstellungen rechtzeitig fertig werden. Peter Rumney hatte sich für W. B. Yeats’ Übersetzung des Originals von Sophokles entschieden, und mir gelang die Sprache gut, fließend und einschmeichelnd, aber ich schaffte es nicht, den Gipfel der Tragik und der Verzweiflung zu erklimmen, den das Stück verlangt. Ja, ich kam nicht einmal bis ins Vorgebirge. Der Weg des Ödipus Rex aus gebieterischer Höhe hinunter in wimmernden Verfall verlangte, im Bild Edinburghs gesprochen, nach einer Royal Mile, die sich aus den eleganten Plätzen der New Town hinabstürzt in die finsteren Slums der alten Welt. Ich hingegen wartete mit einer flachen Straße in Cambridge auf, die zu einem netten Schaufensterbummel einlud, aber Mitleid und Schrecken weniger heraufbeschwor als ein Bananen-Milchshake. Auch im stürmischen Wettstreit um die Gunst des Fringe-Publikums schnitt unsere Inszenierung nicht gut ab. Die Kritikerin des
Scotsman
nannte mich die Galionsfigur des Schiffs, was gut klang, bis sie erläuterte, dass sie damit mein dominantes und hölzernes Spiel meinte. Na schön. Mich scherte all das nicht: Ich fühlte mich wohl wie nie. In der Nachmittagsvorstellung der Mummers-Inszenierung von
Artaud at Rodez
spielte ich neben diversen anderen Rollen den großartigen französischen Schauspieler Jean-Louis Barrault. Unsere Regisseurin war die dynamische und leidenschaftliche Pip Broughton, die Jonathan Tafler (dem Sohn des Filmschauspielers Sidney) die Hauptrolle des Artaud anvertraut hatte. Der spielte exquisit und dominiertedie Bühne und die Inszenierung, obwohl er die meiste Zeit in einer Zwangsjacke steckte.
    An meinem fünften Abend entcellophanierte ich mich, kaum dass der Vorhang bei
Ödipus
gefallen war, und eilte davon, um mich in die Schlange einer ungeduldigen Ausverkauftes-Haus-Menge einzureihen, die in das Theater drängte, in dem The Footlights ihre Revue
Nightcap
aufführen sollten.
    »Die sollen ja dieses Jahr scheiße sein«, hörte ich jemanden hinter mir sagen, als ich mich setzte.
    »Ja,
Nightcrap «
, kicherte sein Begleiter.
    Es war keine Scheiße. Es war erstaunlich gut, und die beiden hinter mir waren als Erste auf den Beinen, pfiffen und trampelten ihren Beifall, als sich die Akteure verbeugten.
    Zwei Studenten aus dem zweiten Jahr traten bei der Show auf: meine Freundin Emma Thompson und ein hochgewachsener junger Mann mit großen blauen Augen, dreieckigen roten Wangenflecken und einer befangenen Ausstrahlung, die gleichzeitig furchtbar ulkig und unerklärlich magnetisch wirkte. Laut Programm, in dem sich hilfreicherweise Fotos der Ensemblemitglieder fanden, war sein Name Hugh Laurie. Ein weiterer hochgewachsener Mann mit helleren, aber ebenso blauen Augen, lockigem Haar und charmanten 40er-Jahre-Manieren war Robert Bathurst, der gegenwärtige Präsident des Footlights. Martin Bergman, der vorjährige Präsident, trat ebenfalls in der Show auf, und zwar in der Rolle eines einfallsreichen, mondgesichtigen und geschlechtslosen Conferenciers. Zur Besetzung gehörte überdies ein erstaunlich agiler und temperamentvoller Schauspieler mit sehr viel komischem Talent, der Simon McBurney hieß und den ich kannte, weil er EmmasFreund war. Zu meiner riesigen Verblüffung wurde ich Zeuge einer Comedy Show, wie ich sie zuvor noch nicht gesehen hatte. Es war mir nie in den Sinn gekommen, dass die Footlights so gut sein könnten. Ja, so gut, dass auf der Stelle alle meine Träume platzten, im nächsten Jahr ins kalte Wasser der Sketch-Comedy zu

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