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02_In einem anderen Buch

02_In einem anderen Buch

Titel: 02_In einem anderen Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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kaum
    was zu tun und erst recht nichts zu sagen! Sie sehen ja so ver-wirrt aus, meine Teure! Waren Sie schon einmal in einem
    Buch?«
    »Ich bin mal in Jane Eyre gewesen.«
    Marianne kräuselte dramatisch das Näschen. »Ach, die arme,
    arme Jane! Ich fände es abscheulich, wenn ich in der ersten
    Person leben müsste! Ständig auf der Hut sein, weil die Leute
    alles lesen, was man denkt! Hier tun wir zwar, was man uns
    sagt, aber denken können wir, was uns gefällt. Es ist erheblich
    angenehmer, das können Sie mir gern glauben!«
    »Was wissen Sie über Jurisfiktion?« fragte ich.
    »Die werden sicher bald kommen«, sagte sie. »Wir wollen
    schließlich nicht dasselbe tragische Schicksal wie Verwirrung
    und Geselligkeit erleiden?«
    »Verwirrung und Geselligkeit? Davon hab ich noch nie was
    gehört. Stammt das auch von Jane Austen?«
    Marianne setzte sich neben mich auf die Bank und legte mir
    die Hand auf den Arm. »Mama hat gesagt, es war ein sozialistisches Kollektiv«, flüsterte sie. »Es gab eine Revolution – sie
    haben das ganze Buch übernommen und beschlossen, es nach
    kommunistischen Prinzipien zu führen. Alle Figuren sollten
    gleiche Anteile haben, von der Herzogin bis zum Flickschuster.
    Die Jurisfiktion hat sich bemüht, das Werk noch zu retten, aber
    es war schon zu spät. Der ganze Roman musste ausgebucht
    werden!«
    Letzteres sagte sie mit so offensichtlichem Entsetzen, dass ich
    gelacht hätte, wenn sie mich nicht so unglücklich angeschaut
    hätte.
    »Aber was rede ich da?« sagte sie, sprang auf, klatschte in die
    Hände und drehte eine Pirouette auf dem Rasen. »… und
    unberührt von den Veränderungen derer, die in eurem Schatten
    wandeln …«
    Sie unterbrach sich, bedeckte Nase und Mund mit der Hand
    und kicherte wie ein kleines Mädchen. »Ach, was bin ich doch
    für ein Dummchen! Das hab ich ja schon gesagt. Leben Sie
    wohl, Miss … Ach, vergeben Sie, wie war doch Ihr Name?«
    »Ich heiße Thursday – Thursday Next.«
    »Was für ein eigenartiger Name.« Sie machte einen halb
    scherzhaften Knicks. »Ich bin Marianne Dashwood. Ich heiße
    Sie herzlich willkommen in Verstand und Gefühl.«
    »Danke«, sagte ich. »Ich werde mich hier sicher sehr wohlfühlen.«
    »Das glaube ich auch. Wir fühlen uns alle sehr wohl hier.«
    »Ja, das merkt man, Miss Dashwood.«
    »Nennen Sie mich doch bitte Marianne.« Sie zögerte, lächelte
    höflich und sah sich nach rechts und links um. »Darf ich so
    kühn sein, Sie etwas zu fragen?«
    »Aber natürlich.«
    Sie setzte sich wieder neben mich und starrte mich an. »Darf
    ich Sie fragen, wann Ihr Roman spielt?«
    »Ich bin keine Romanfigur, Miss Dashwood – ich bin aus der
    richtigen Welt.«
    »Oh!« sagte sie. »Bitte entschuldigen Sie, ich wollte nicht unterstellen, dass Sie nicht real sind oder so etwas. Aber vielleicht
    darf ich fragen, wann Ihre Welt spielt?«
    Ich lächelte über diese eigenartige Frage und sagte es ihr:
    1985. Sie war äußerst entzückt, beugte sich ganz nahe zu mir
    heran und flüsterte: »Entschuldigen Sie die Unverschämtheit,
    aber könnten Sie mir vielleicht das nächste Mal etwas mitbrin-gen?«
    »Was denn zum Beispiel?«
    »Mintolas! Ich liebe Mintolas. Sie haben doch davon gehört?
    Die sind so schön minzig. Und wenn's Ihnen nichts ausmacht:
    vielleicht ein paar Nylon-Strumpfhosen und ein Dutzend AABatterien.«
    »Sicher. Sonst noch irgendwas?«
    Marianne dachte einen Augenblick nach. »Elinor wäre mir
    sicher sehr böse, wenn sie wüsste, dass ich eine Fremde um
    Gefälligkeiten bitte, aber ich weiß zufällig, dass sie Suppenwürfel sehr schätzt – und vielleicht etwas Pulverkaffee für Mama.«
    Ich versprach ihr, mich zu bemühen. Sie dankte mir lebhaft,
    zog einen Fliegerhelm und eine Schutzbrille auf, die sie in ihrer
    Stola versteckt hatte, drückte mir einen Moment lang die Hand
    und flatterte über den Rasen davon.

    25.
    Vollversammlung der Jurisfiktion
    Ausbuchung: Dieser Begriff bezeichnet die völlige Auslöschung von Wörtern, Zeilen, Figuren, Nebenhandlungen,
    Büchern, mehrbändigen Werken und Reihen. Ausbuchungen sind vollständig und irreversibel, aber nicht nur deshalb
    sind sie nach wie vor Gegenstand hitziger Diskussionen.
    Manche früheren Mitglieder der Jurisfiktion waren der Ansicht, dass jede Ausbuchung der Zugang zu einer »AntiBibliothek« sein könnte, die sich »jenseits unseres Vorstellungshorizontes« befindet. Denkbar wäre, dass der quasimythologische Snark den Schlüssel des

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