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02_In einem anderen Buch

02_In einem anderen Buch

Titel: 02_In einem anderen Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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haben, Next.«
    Er zögerte einen Moment und zeigte dann mit dem Finger
    auf Stiggins. »Und wenn Sie hier eine falsche Zeugenaussage
    gemacht haben, dann mach ich Sie fertig. Sie sind nur deshalb
    Chef der Tall-Abteilung bei SO-13, weil wir politische Rücksichten nehmen müssen, das wissen Sie, Stiggins.«
    Stiggins blieb unbeweglich. »Wie Sie die herrschende Spezies
    geworden sind, ist mir unbegreiflich«, sagte er schließlich. »So
    voller Eitelkeit, Hass und Wut.«
    »Das war unser Vorteil bei der Evolution, Stiggins. Veränderung und Anpassung an eine feindliche Umgebung. Wir waren
    dazu in der Lage, ihr nicht. Quod erat demonstrandum.«
    »Darwin wird die Verantwortung für Ihre Sünden nicht ü-bernehmen, Flanker«, erwiderte Stiggins. »Ihr selbst habt die
    Natur zu eurem Feind erklärt. Ihr werdet auch untergehen.
    Aber nicht wegen einer neuen herrschenden Lebensform oder
    Spezies. Ihr werdet an euren eigenen Fehlern scheitern.«
    »Blödsinn, Stiggins. Ihr habt eure Chance gehabt, und ihr
    habt es vermasselt.«
    »Auch wir haben das Recht auf Gesundheit, Freiheit und das
    Streben nach Glück.«
    »Juristisch gesehen ist das keineswegs so«, sagte Flanker
    gleichmütig. »Diese Rechte gehören nur Menschen. Wenn ihr
    gleichberechtigt werden wollt, müsst ihr mit Goliath reden.
    Denen gehört ihr. Wenn ihr Glück habt, werdet ihr vielleicht als
    gefährdet eingestuft und kommt auf die rote Liste.«
    Flanker schlug meine Akte zu, griff nach seinem Hut, nahm
    beide Tonbänder aus dem Rekorder und steckte sie ein. Ohne
    ein weiteres Wort verließen er und die beiden anderen den
    Raum.
    Sobald sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, stieß ich
    einen Seufzer der Erleichterung aus. Mein Herz schlug wie ein
    Hammer, aber ich hatte nach wie vor meine Freiheit.
    »Das mit Kaylieu tut mir leid.«
    Stiggins zuckte die Achseln. »Er war nicht glücklich, Miss
    Next. Er hatte nicht darum gebeten, dass man ihn zurückholte.«
    »Sie haben für mich gelogen«, sagte ich ungläubig. »Ich dachte immer, Neandertaler könnten nicht lügen.«
    Er starrte mich einen Augenblick an. »Es ist nicht so, dass wir
    nicht lügen könnten«, sagte er schließlich. »Wir haben bloß
    keinen Grund, es zu tun. Wir haben Ihnen geholfen, weil Sie ein
    guter Mensch sind. Sie haben nicht nur die Aggressivität eines
    Sapiens, Sie besitzen auch Mitleid und Empathie. Wenn Sie
    wieder Hilfe brauchen, werden wir da sein.«
    Stiggins' ruhiges und unbewegtes Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, die zwei Reihen weit auseinander stehender
    Zähne enthüllte. Einen Moment lang fürchtete ich mich, bis mir
    bewusst wurde, dass ich gerade ein Neandertallächeln erlebte.
    »Miss Next –«
    »Ja.«
    »Unsere Freunde nennen uns Stig.«
    »Meine nennen mich Thursday.«
    Er streckte seine große Hand aus, die ich dankbar ergriff.
    »Sie sind ein guter Mann, Stig.«
    »Ja«, sagte er langsam. »So hat man uns auch gezüchtet.« Er
    raffte seine Notizen zusammen und ging.

    Ich verließ das SpecOps-Gebäude zehn Minuten später, um
    Landen im Café abzuholen. Er war noch nicht da, deshalb
    bestellte ich mir einen Kaffee und wartete zwanzig Minuten. Als
    er dann immer noch nicht auftauchte, hinterließ ich eine Nachricht für ihn an der Theke und fuhr nach Hause. Die Welt war
    schon merkwürdig, dachte ich. In den letzten beiden Tagen war
    ich dem Tod durch Zufall gleich mehrmals nur um Haaresbreite entronnen, in wenigen Wochen würde die Welt enden, aus
    dem Nichts war ein neues Shakespeare-Stück aufgetaucht, und
    irgendjemand wollte mir wegen unbekannter Verbrechen den
    Prozess machen. Verrückter konnte es nicht mehr kommen,
    dachte ich. Aber da irrte ich mich gewaltig.

    9.
    Je mehr die Dinge sich gleichen
    Kleine Veränderungen bei Textilien und Polstermöbeln
    sind oft die ersten Hinweise auf einen ZeitRutsch. Vorhänge, Kissenbezüge und Lampenschirme sind hervorragende
    Anzeiger für kleine Strudel im Zeitstrom, ähnlich wie Kanarienvögel in Bergwerken die Luftqualität anzeigen und
    Goldfische in japanischen Häusern auf die Erdbebengefahr
    hinweisen. Teppiche, Tapetenmuster und Farbveränderungen bei Anstrichen können ebenfalls wertvolle Hinweise geben, bedürfen aber eines geschulten Auges. Solange man
    sich selbst im ZeitRutsch befindet, bemerkt man nichts, aber
    wenn Ihre Vorhänge plötzlich ohne Grund die Farbe wechseln, Ihre Wolkenstores plötzlich glatt hängen und Ihre Sesselschoner das Muster verändern, sollten Sie

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