Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
02_In einem anderen Buch

02_In einem anderen Buch

Titel: 02_In einem anderen Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
Vom Netzwerk:
ab. Und das Gas auch.«
    »Das können Sie nicht machen!«
    »Wenn Sie mir 600 Pfund oder einen Dodo Version 1.2 geben, nicht«, sagte er mit hämischem Grinsen.
    Aber sein lüsternes Feixen fiel jählings in sich zusammen, als
    Miss Havishams Spazierstock sich in seinen Hals bohrte. Sie
    drängte ihn rückwärts an die gegenüberliegende Wand und
    hielt ihn dort fest. Er würgte und wollte den Stock mit der Hand
    wegschlagen, aber Miss Havisham wusste genau, was sie tat: Sie
    drückte ein bisschen fester zu, und seine Hand sank herab.
    »Hör zu!« fauchte sie. »Wenn du Miss Next noch einmal in
    die Quere kommst, kriegst du es mit mir zu tun, Bursche. Sie
    wird dir dein Geld schon rechtzeitig geben, dafür werde ich
    sorgen, du elender Mistkerl.«
    Er keuchte, aber ihr Spazierstock lag weiter auf seiner Luftröhre. Die Angst zu ersticken weitete seine Augen, aber er
    konnte nur krampfhaft japsen und nicken.
    »Gut!« sagte Miss Havisham. Sie zog den Stock zurück, und
    der Vermieter fiel wie ein Mehlsack zu Boden.
    »Mistkerle«, erklärte Miss Havisham. »Verstehst du jetzt, was
    ich meine?«
    »Sie sind nicht alle so«, versuchte ich einzuwenden, als wir
    die Treppe hinuntergingen.
    »Unsinn!« sagte Miss Havisham. »Das war noch einer von
    der besseren Sorte. Zumindest hat er sich nicht bei dir einzuschmeicheln versucht. Ich würde sogar sagen, er war gar nicht
    so übel. Hast du ein Auto?«

    Miss Havishams Augenbrauen zuckten leicht, als sie die eigenartige Lackierung meines Porsche bemerkte.
    »Er war schon so, als ich ihn gekauft habe«, erklärte ich leicht
    verlegen.
    »Ich verstehe«, sagte Miss Havisham. »Gib mir die Zündschlüssel.«
    »Ich glaube nicht, dass –«
    »Gib mir die Schlüssel, Mädel! Wie lautet die Erste Regel?«
    »Ich tue genau, was Sie sagen.«
    »Nun, zumindest hast du ein gutes Gedächtnis«, sagte sie mit
    einem dünnen Lächeln.
    Zögernd gab ich ihr den Zündschlüssel. Miss Havishams Augen begannen zu leuchten. Schwungvoll setzte sie sich hinters
    Lenkrad. »Ist es der Sechszylinder?« fragte sie aufgeregt.
    »Nein«, sagte ich. »Der Standard-Motor. 1,6 Liter.«
    »Na schön!« knurrte Miss Havisham und trat den Gashebel
    zweimal durch, ehe sie den Zündschlüssel umdrehte. »Besser als
    gar nichts.«
    Mit lautem Donnern sprang der Motor an. Miss Havisham
    zog die Drehzahl bis in den roten Bereich hoch, legte den Gang
    ein und ließ die Kupplung abrupt kommen. Wir schossen die
    Straße hinunter und ließen eine schwarze Wolke von verbranntem Gummi zurück. Der Wagen schleuderte von einer Seite zur
    anderen, während die Räder verzweifelt nach Halt suchten.
    Ich habe selten Angst in meinem Leben gehabt. Der Angriff
    auf die massierte Artillerie der kaiserlichen russischen Armee
    auf der Krim, der Kampf mit Acheron Hades und andere Polizeieinsätze waren nicht ungefährlich gewesen und hatten mir
    viel abverlangt. Aber nichts davon bewirkte eine solche Todesangst, wie ich sie als Beifahrerin von Miss Havisham in meinem
    eigenen Porsche erlebte. Wir müssen wohl gegen jede Verkehrsvorschrift verstoßen haben, die es je gab. Haarscharf
    rasten wir an Fußgängern, anderen Fahrzeugen, Verkehrsschildern und Laternenmasten vorbei. Wir überfuhren drei rote
    Ampeln, ehe Miss Havisham doch stoppen musste, um einem
    Sattelschlepper die Vorfahrt zu lassen. Sie lächelte zufrieden,
    und obwohl ihr Fahrstil erratisch und selbstmörderisch war,
    schien sie die Instinkte und das Glück eines idiot savant zu
    besitzen. Jedesmal, wenn ich dachte, wir müssten unweigerlich
    an einen Pfosten oder eine Hausmauer rasen, tippte sie auf die
    Bremse, schaltete herunter oder lenkte zur Seite – und verpasste
    das Hindernis jeweils um Haaresbreite.
    »Der Vergaser ist ein wenig unausgeglichen!« bellte sie, als
    wir an einer Gruppe erschrocken kreischender Fußgänger
    vorbeijagten. »Lass mich mal nachsehen, ja?« Sie zog die Handbremse an, wir schlidderten über einen abgesenkten Bürgersteig
    und stoppten einen halben Meter neben den Tischen eines
    Straßencafés, während ein halbes Dutzend Nonnen in einem
    Hauseingang Zuflucht suchten. Miss Havisham kletterte aus
    dem Wagen und klappte die Motorhaube auf.
    »Bring ihn mal bisschen auf Touren, Mädel!« rief sie mir zu.
    Ich tat, was sie von mir verlangte. Gleichzeitig versuchte ich die
    Stimmung der Leute im Café, die uns wütend und misstrauisch
    ansahen, mit einem zaghaften Lächeln ein wenig zu bessern.
    »Sie kommt nicht viel raus«,

Weitere Kostenlose Bücher