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02_In einem anderen Buch

02_In einem anderen Buch

Titel: 02_In einem anderen Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Hindernis aus
    dem Weg geräumt ist, können wir endlich deine Ausbildung
    fortsetzen. Heute Mittag beginnt der Große Schlussverkauf auf
    der Swindon Booktastic und ich habe Lust auf eine kleine
    Schnäppchenjagd. Bring mich hin.«
    »Aber wie denn?«
    »Benutz deinen Verstand, Mädel!« sagte Miss Havisham
    grimmig und schlug mit ihrem Spazierstock ärgerlich in die
    Luft. »Wenn du mich nicht direkt hinbringen kannst, müssen
    wir eben einen Umweg über deine Wohnung machen und dann
    mit dem Auto fahren – aber beeil dich! Die Herzkönigin hat
    einen erheblichen Vorsprung, und es gibt so ein paar Kassettenausgaben, auf die sie besonders scharf ist. Wir müssen unbedingt vor ihr da sein!«
    »Es tut mir leid –«, stammelte ich. »Ich weiß nicht. Es geht
    nicht –«
    »Geht nicht gibt's nicht!« bellte Miss Havisham. »Benutz das
    Buch, Mädel! Das Buch!«
    Plötzlich verstand ich. Ich zog das ledergebundene Jurisfiktion-Buch aus meiner Tasche und schlug es auf. Die erste Seite
    kannte ich schon. Sie handelte von der Großen Bibliothek. Auf
    der zweiten Seite stand ein Absatz aus Jane Austens Verstand
    und Gefühl, und auf der dritten eine Beschreibung meiner
    Wohnung zu Hause in Swindon. Sie war sehr detailliert, bis hin
    zu den Wasserflecken an der Küchendecke und den Illustrierten
    unter dem Sofa. Die restlichen Seiten waren mit eng gedruckten
    Regeln und Vorschriften, Tipps und Tricks, Empfehlungen und
    Warnhinweisen gefüllt. Es gab auch Illustrationen und Karten,
    wie ich sie noch nie gesehen hatte. Genau genommen waren in
    dem Buch viel mehr Seiten, als zwischen die Deckel gepasst
    hätten.
    »Nun?« sagte Miss Havisham ungeduldig. »Können wir endlich aufbrechen?«
    Ich schlug die Seite mit der Beschreibung meiner Wohnung
    auf und fing an zu lesen. Miss Havishams knochige Hand griff
    nach meinem Ellbogen, die schäbigen Mietskasernen und
    leuchtenden Dächer von Prag versanken, während meine eigene
    Wohnung sich in den Vordergrund schob.
    »Ach!« sagte Miss Havisham und sah sich in der kleinen Küche verächtlich um. »Das also ist dein Zuhause?«
    »Im Augenblick, ja. Mein Mann –«
    »Das ist der, von dem du nicht weißt, ob er lebendig oder tot
    ist, nicht wahr? Und ob du mit ihm verheiratet bist oder nicht?«
    »Ja«, sagte ich mit fester Stimme. »Genau der.«
    Darüber musste sie lächeln. Aber dann sagte sie plötzlich
    misstrauisch: »Du bist doch nicht etwa mit irgendwelchen
    geheimen Absichten zu mir gekommen?«
    »Nein«, log ich.
    »Du bist nicht etwa wegen etwas ganz anderem bei mir?«
    »Nein, keineswegs.«
    »Du bist keine Buch-Freibeuterin, die Gold und Abenteuer
    sucht?«
    Ich schüttelte den Kopf. Dass ich zu ihr gekommen war, weil
    ich auf der Suche nach Landen war, hätte Miss Havisham
    möglicherweise gar nicht gefallen, und so beschloss ich, es lieber
    für mich zu behalten.
    »Du verschweigst mir doch irgendwas«, sagte sie langsam,
    »ich weiß nur nicht, was. Kinder sind so raffiniert, wenn sie
    lügen. Haben dich deine Dienstboten kürzlich verlassen?«
    Sie starrte auf das schmutzige Geschirr in der Spüle.
    »Ja«, sagte ich; denn ich hatte keine Lust auf weitere abfällige
    Bemerkungen. »Dienstboten sind im Jahre 1985 ein heikles
    Thema.«
    »Im 19. Jahrhundert war das auch nicht viel besser«, sagte
    Miss Havisham und hielt sich am Küchentisch fest, um sich zu
    stützen. »Jedesmal, wenn ich ein gutes Dienstmädchen finde,
    locken diese Kerle sie weg, diese Lügner und Gangster.«
    »Gangster?«
    »Männer!« zischte Miss Havisham voller Verachtung. »Das
    lügnerische Geschlecht. Denk an meine Worte: Wenn du ihrem
    Charme unterliegst, dann geht es dir schlecht, liebes Kind. Sie
    haben den Charme einer Schlange.«
    »Ich werde wachsam bleiben!« versprach ich.
    »Und achte auf deine Tugend«, verlangte sie ernsthaft.
    »Das versteht sich von selbst.«
    »Gut. Kann ich mir dieses Jackett leihen?« Sie zeigte auf die
    Swindon Mallets-Jacke von Miles Hawke. Ohne meine Antwort
    abzuwarten, nahm sie die Jacke und streifte sie über. Ihren
    Brautschleier ersetzte sie durch eine SpecOps-Mütze. Zufrieden
    fragte sie: »Geht es hier raus?«
    »Nein, das ist die Besenkammer. Die Ausgangstür ist da drüben.«
    Als wir die Tür öffneten, standen wir vor meinem Vermieter,
    der gerade die Faust gehoben hatte, um zu klopfen. »Aha!«
    knurrte er. »Da sind Sie ja endlich, Miss Next!«
    »Sie haben gesagt, ich hätte bis Freitag Zeit«, sagte ich.
    »Ich stelle Ihnen das Wasser

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