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02_In einem anderen Buch

02_In einem anderen Buch

Titel: 02_In einem anderen Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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und
    Mützen regneten auf uns herab.
    »Nicht blau und nicht hellblau, sondern grün«, sagte der
    Richter, schüttelte traurig den Kopf und gab den Wächtern ein
    Zeichen, den Staatsanwalt zu ergreifen. »Sie haben Schande
    über Ihren Berufsstand gebracht, Herr H. Sie stehen unter
    Arrest!«
    »Und wie lautet die Anklage?« fragte Hopkins arrogant.
    »Das darf ich Ihnen nicht sagen!« rief der Untersuchungsrichter voller Triumph. »Das Verfahren ist eingeleitet, und Sie
    werden zu angemessener Zeit unterrichtet.«
    »Das ist doch absurd!« brüllte Hopkins, während er weggezerrt wurde.
    »Nein«, sagte der Richter, »das ist Kafka.«

    Als Hopkins draußen war und die Menge aufgehört hatte,
    aufgeregt durcheinander zu schnattern, wandte der Richter sich
    wieder mir zu und sagte: »Sie sind Thursday N., 36, eine Stunde
    und fünf Minuten verspätet und von Beruf Zimmermaler?«
    »Ja.«
    »Sie stehen hier vor Gericht wegen eines Verstoßes gegen –
    Wie lautet die Anklage?«
    Es herrschte Schweigen im Saal.
    »Wo ist der Vertreter der Anklage?« fragte der Richter.
    Einer der Gerichtsdiener flüsterte ihm etwas ins Ohr, während die Menge in spontanes Gelächter ausbrach.
    »In der Tat«, sagte der Richter. »Wie außerordentlich nachlässig. Ich fürchte, wegen der Abwesenheit des Anklagevertreters bleibt uns nichts anderes übrig, als den Fall zu vertagen.«
    Mit diesen Worten zog er einen großen Gummistempel aus
    seiner Tasche und ließ ihn heftig auf die Papiere niederkrachen,
    die Snell ihm blitzschnell auf den Tisch gelegt hatte.
    »Vielen Dank, Euer Ehren«, konnte ich gerade noch sagen,
    ehe Snell mich am Arm packte.
    »Nichts wie raus hier«, flüsterte er mir ins Ohr und steuerte
    mich durch das Gedränge der dunklen Anzüge zur Tür.
    »Bravo!« schrie ein Mann von der Galerie. »Bravo! … und
    noch einmal bravo!«

    Im Vorzimmer fanden wir Miss Havisham ins Gespräch mit
    Esther vertieft. Gegenstand ihrer Unterhaltung war die Gemeinheit der Männer im Allgemeinen und das niederträchtige
    Wesen von Esthers Ehemann im Speziellen. Sie waren nicht die
    Einzigen im Vorzimmer. Auf der Wartebank saßen ein braungebrannter, mürrischer Grieche und ein Zyklop mit einem
    blutdurchtränkten Kopfverband. Die Rechtsanwälte in ihrer
    Begleitung standen in der Ecke und diskutierten den Fall.
    »Wie ist es gegangen?« fragte Miss Havisham.
    »Vertagung«, sagte Snell, wischte sich die Stirn und schüttelte
    mir die Hand. »Gut gemacht, Thursday. Mit Ihrer Zimmermaler-Verteidigung haben Sie mich überrascht. Sehr gut!«
    »Aber es ist doch nur eine Vertagung.«
    »Ja, ja. Einen Freispruch habe ich in diesem Gericht noch nie
    erlebt. Aber das nächste Mal stehen wir vor einem richtigen
    Richter, einem, den ich ausgewählt habe.«
    »Und was wird aus Hopkins?«
    »Der?« sagte Snell lachend. »Der braucht jetzt einen sehr guten Anwalt.«
    »Gut!« sagte Miss Havisham und erhob sich. »Es wird höchste Zeit, dass wir zum Ausverkauf kommen. Los jetzt!«
    Als wir gerade gehen wollten, hörte ich den Richter in den
    Vorraum hinausrufen. »Odysseus? Anklage wegen schwerer
    Körperverletzung, begangen an Polyphem dem Zyklopen?«
    »Er hat meine Gefährten gefressen!« knurrte Odysseus.
    »Der Fall wird morgen behandelt. Davon wollen wir heute
    nichts hören. Und im Übrigen sind Sie zu spät dran!«
    Damit schloss der Untersuchungsrichter die Tür wieder.

    19.
    Modernes Antiquariat
    Meine Einführung in die Jurisfiktion war der schnellste
    Schnellkurs, den ich je mitgemacht habe. Ich nehme an,
    man hatte mich sehr viel früher erwartet. Miss Havisham testete meine Fähigkeiten des Buchspringens, kurz nachdem
    ich eingetroffen war, und ich erreichte mickrige 38 Punkte
    von 100. Mrs Nakijima erreichte 93 und Miss Havisham 99.
    Ich brauchte immer das Buch, um zu springen, auch wenn
    ich mir den Text noch so gründlich eingeprägt hatte. Das
    hatte seine Nachteile, aber in mancher Hinsicht war es vielleicht auch ganz gut. Wenigstens konnte ich ein Buch lesen,
    ohne gleich darin zu verschwinden …
THURSDAY NEXT
    – Geheimnisse der Jurisfiktion

    Kaum hatten wir den Raum verlassen, als Snell auch schon den
    Hut lüftete und sich verabschiedete, um einen Klienten zu
    vertreten, der im Schuldturm vor sich hin schmachtete. Der Tag
    war mild, auch wenn der Himmel bedeckt war. Ich lehnte mich
    zum Fenster hinaus und blickte in den Hof hinunter, wo Kinder
    auf dem Pflaster spielten.
    »So!« sagte Miss Havisham. »Nachdem dieses

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