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02_In einem anderen Buch

02_In einem anderen Buch

Titel: 02_In einem anderen Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Art Vulkanausbruch, wenn ich mich recht entsinne.«
    »Dritter Stock!« rief der Neandertaler. »Belletristik, Unterhaltung, Autoren mit den Anfangsbuchstaben A-J.«
    Die Türen öffneten sich und man erblickte zahllose Bücherfreunde, die sich in höchst unwürdiger Weise um Sonderangebote stritten, die allerdings, wie ich zugeben muss, wirklich sehr
    preiswert waren. Ich hatte schon von diesen BelletristikSchlachten gehört, sie aber noch nie selbst miterlebt.
    »Komm, das gefällt mir schon eher!« rief die Herzkönigin
    glücklich, rieb sich die Hände und trampelte, als sie den Aufzug
    verließ, eine kleine alte Dame platt, die ihr im Weg stand.
    »Na, wo bist du, Havisham?« brüllte sie und schob sich rück-sichtslos durch die Menge. »Sie muss doch hier irgendwo … Ja!
    Da ist sie ja! Ahoi, Stella, du alte Seekuh!«
    Miss Havisham blieb abrupt stehen und starrte die Herzkönigin wütend an. Mit einer raschen Bewegung zog sie eine
    kleine Pistole aus den Falten ihres zerfetzten Brautkleids und
    feuerte in unsere Richtung. Die Herzkönigin duckte sich erstaunlich behende, und die Kugel riss ein Stück Gips aus der
    Wand.
    »Immer diese Zügellosigkeit!« rief die Herzkönigin, aber
    Miss Havisham war nicht mehr da.
    »Ha!« sagte die Herzkönigin und stürzte sich ins Gewühl.
    »Der Teufel soll sie holen! Sie ist auf dem Weg zu den Liebesromanen!«
    »Liebesromane?« sagte ich zweifelnd und dachte an Miss Havishams Männerhass. »Das kann ich mir gar nicht vorstellen.«
    Die Herzkönigin ignorierte meine Bemerkung und nahm
    eine Abkürzung durch die Fantasy, um das Gedränge vor dem
    Agatha-Christie-Stand zu vermeiden. Ich kannte die Halle
    besser und schlüpfte durch die Lücke zwischen Haggard und
    Hergé in den nächsten Gang, wo ich gerade rechtzeitig eintraf,
    um zuzusehen, wie Miss Havisham ihren ersten Fehler beging.
    In der Eile hatte sie eine alte Dame beiseite geschoben, die
    gerade ein Zwei-für-den-Preis-von-einem-Angebot prüfte. Die
    alte Dame, offenbar eine routinierte Schlussverkaufskämpferin,
    parierte den Stoß von Miss Havisham und hakte den gekrümmten Bambusgriff ihres Regenschirms um Miss Havishams
    Knöchel. Miss Havisham ging mit einem dumpfen Krachen zu
    Boden und blieb schwer atmend liegen. Ich kniete mich neben
    ihr hin, und im selben Augenblick sprang die Herzkönigin
    vorbei, mit einem lauten: »Hä, hä, hä!«
    »Thursday!« keuchte Miss Havisham, während sie von mehreren bestrumpften Beinen überrannt wurde. »Es geht um die
    signierte Gesamtausgabe der Daphne-Farquitt-Romane in der
    Walnussholz-Kassette! Renn los!«
    Also rannte ich los. Farquitt war eine so produktive und populäre Autorin, dass sie einen ganzen Stand für sich allein
    brauchte, und ihre Kassetten-Ausgaben waren begehrte Sammlerstücke geworden. Es war daher nicht überraschend, dass in
    der Nähe ihres Standes eine heftige Schlacht tobte. Ich war der
    Herzkönigin dicht auf den Fersen, als sie sich ins Getümmel
    stürzte, und erhielt sofort einen Schlag auf die Nase. Während
    ich noch darum kämpfte, aufrecht zu bleiben, stellte mir jemand ein Bein, und ich fiel auf den harten Holzboden. Angesichts der vielen Stiefeletten und hochhackigen Schuhe in der
    Umgebung war das ein höchst gefährlicher Ort, und ich kroch
    hastig aus der sich ständig ausweitenden Kampfzone.
    Bald hatte ich Miss Havisham wieder erreicht, die hinter einem Stapel stark verbilligter Du Maurier-Romane Deckung
    gesucht hatte. »Gar nicht so einfach, was, Mädel?« sagte sie mit
    einem anerkennenden Lächeln und hielt mir ein weißes Spitzentaschentuch unter die blutende Nase. »Wie weit hat sich
    denn die Königliche Schlampe an den Farquitt-Stand vorgekämpft?«
    »Zuletzt stand sie irgendwo zwischen Ervine und Euripides
    im Gefecht.«
    »Verflixt!« grunzte Miss Havisham. »Hör zu, Mädel, ich bin
    erledigt. Mein Knöchel ist verstaucht, ich kann nicht mehr
    weiter. Aber du, mein Kind, du könntest es schaffen!«
    Ich warf einen zweifelnden Blick in die kämpfenden Massen.
    Direkt neben mir fiel ein Derringer auf den Boden.
    »Ich habe schon fast gefürchtet, dass so etwas passiert«, sagte
    Miss Havisham. »Deshalb habe ich dir eine Karte gezeichnet.«
    Sie zog einen Bogen Briefpapier von Satis House aus der Tasche
    und zeigte mir unseren Standort. »Ich glaube, wir sind ungefähr
    hier. Auf direktem Wege kommst du nicht lebend durch den
    Verkaufsraum. Aber wenn du über das Regal mit den Polizeivorschriften hinwegspringst, einen

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