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02 - Keiner werfe den ersten Stein

02 - Keiner werfe den ersten Stein

Titel: 02 - Keiner werfe den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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sein Auge blutunterlaufen, und als er den Brieföffner wieder auf den Schreibtisch legte, sah Marguerite, daß seine Hände zitterten. Aber nichts von alledem rührte sie, da sie wußte, daß die Ursache nicht etwa die Sorge um sie oder ihre Tochter oder auch nur die Sorge um sein eigenes Wohl war; nein, ihn beschäftigte einzig das Problem, wie er es anstellen sollte, die Geschichte von Geoffrey Rintouls nichtswürdigem Leben und gewaltsamem Tod vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Sie hatte Jeremy Vinney hinten in der letzten Reihe des Zuschauerraums gesehen. Sie wußte, warum er da war. Ihr Zorn schwoll von neuem an.
    »Und ich habe zu Hause gesessen, Stuart, und geduldig gewartet wie immer. Stunde um Stunde habe ich da gesessen und mir Sorgen um dich gemacht und mir den Kopf darüber zerbrochen, was vorgeht. Ich glaubte - da siehst du wieder einmal, wie naiv ich war -, diese Geschichte mit allen ihren Schwierigkeiten würde uns vielleicht einander näherbringen. Ja, das glaubte ich tatsächlich, stell dir vor! Ich bildete mir ein, trotz dieser Lüge über meine ›Affäre‹ mit deinem Bruder, die du dir ausgedacht hattest, könnten wir irgendwie unsere Ehe retten. Aber du hast es nicht einmal für nötig gehalten, mich anzurufen. Und ich habe brav gewartet, genau wie immer. Bis mir mit einem Schlag die Erkenntnis kam, daß zwischen uns alles aus ist. Ich weiß jetzt, daß es schon seit Jahren so war, aber ich hatte immer Angst, dieser Wahrheit ins Gesicht zu sehen. Bis gestern nacht.«
    Stinhurst hob abwehrend die Hand. »Du suchst dir wirklich immer die seltsamsten Augenblicke für deine Ergüsse aus. Jetzt ist doch nicht der Moment, um über unsere Ehe zu sprechen. Das wenigstens müßtest du erkennen, denke ich.«
    Wie immer tat er ihre Worte einfach ab. Wie immer war seine Stimme kalt, sein Ton von entschiedener Zurückweisung. Nur berührte es sie jetzt überhaupt nicht mehr.
    Sie lächelte höflich. »Du hast mich nicht richtig verstanden.
    Wir sprechen nicht über unsere Ehe, Stuart. Da gibt es nichts zu besprechen.«
    »Warum hast du dann -«
    »Ich habe Elizabeth die Wahrheit über ihren Großvater gesagt. Ich hatte mir eigentlich vorgestellt, daß wir es ihr gemeinsam sagen würden. Gestern abend. Aber als du nicht nach Hause kamst, habe ich es ihr selbst gesagt.«
    Sie ging durch das Zimmer und blieb vor seinem Schreibtisch stehen. Sie legte ihre Hände leicht auf die Platte, auf der alle Gegenstände in peinlicher Präzision angeordnet waren. Ihre Finger waren ohne Ringe. Das war neu. Er sah sie an, doch er sagte nichts.
    »Und weißt du, was sie sagte, als ich ihr eröffnete, daß ihr geliebter Großvater ihren Onkel Geoffrey getötet hat? Daß er ihm mit eigener Hand das Genick gebrochen hat?«
    Stinhurst schüttelte den Kopf. Er senkte die Lider.
    »Sie sagte: ›Mutter, du stehst direkt vor dem Fernseher. Kannst du nicht ein Stück zur Seite gehen?‹ Wunderbar nicht? Das ist dabei herausgekommen, daß wir jahrelang versucht haben, das heilige Andenken ihres geliebten Großvaters zu schützen. Ich bin selbstverständlich sofort aus dem Bild gegangen. So bin ich nun mal, nicht wahr? Immer zuvorkommend, immer bemüht, jedem gefällig zu sein. Immer voller Hoffnung, daß sich alles zum Guten wenden wird, wenn ich nur lang genug die Augen verschließe. Ich bin eine wandelnde Tote, die jahrelang an einer Ehe festgehalten hat, die schon lange keine mehr war, und die nicht bereit war, ihre Illusionen aufzugeben. Ich habe ein prachtvolles Haus in Holland Park und genieße alle Vorzüge, die das Leben bieten kann. Nur eines fehlt mir: Liebe.« Marguerite beobachtete das Gesicht ihres Mannes, wartete auf eine Reaktion. Aber es zeigte keine Regung. »In dem Moment«, fuhr sie fort, »war mir klar, daß ich Elizabeth nicht retten kann. Sie hat zu lange in eine!Haus voller Lügen und Halbwahrheiten gelebt. Sie kann sich nur selbst retten. Genau wie ich.«
    »Was soll das heißen?«
    »Daß ich dich verlasse«, antwortete sie. »Ich weiß nicht, ob es auf Dauer sein wird. Ich habe leider nicht den Mut, das zu behaupten. Aber ich gehe nach Somerset, bis ich mir über alles klar geworden bin und weiß, was ich will. Und wenn ich mich auf immer von dir trennen werde, brauchst du keine Angst zu haben. Ich verlange nicht viel. Nur eine kleine Wohnung irgendwo und Frieden und Ruhe. Ich bin sicher, wir können zu einer gütlichen Einigung kommen. Wenn nicht, werden unsere Anwälte -«
    Stinhurst sprang auf. »Das

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