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02 Nightfall - Rueckkehr des Engels

02 Nightfall - Rueckkehr des Engels

Titel: 02 Nightfall - Rueckkehr des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Phoenix
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El-Diablo-Sonnenbrille auf die Stirn geschoben.
    »Bist du sicher? Keine Schmerzen? Ich dachte …«
    Dante umfasste Vons unrasiertes Gesicht. Er strich mit den Lippen über Vons Mund und schmeckte den Whiskey und den
Staub der Straße, ehe er mit seinen Daumen über die Ränder des Schnurrbarts streichelte, der die Oberlippe des Nomad zierte.
    »Mir geht’s gut, mon ami« , antwortete Dante, ließ die Hände sinken und löste sich aus Vons Griff, »und ein Kindermädchen brauche ich garantiert nicht.«
    Von reckte den Mittelfinger in die Luft und zog eine Braue hoch. »Wie steht’s damit? Brauchst du den?« Er reckte auch den Mittelfinger der anderen Hand in die Luft. »Vielleicht noch mehr? Wie wär’s damit?«
    »Nehme ich«, meinte Dante. »Gêné toi pas.«
    Von zog seine Sonnenbrille wieder herab, schüttelte den Kopf und seufzte. »Der Junge ist echt ein hoffnungsloser Fall.«
    »Merci.«
    Als sie den mondbeschienenen Weg weiter entlanggingen, legte sich eine Stille auf die Stadt der Toten und trennte sie wie ein tiefer Graben von der Welt jenseits des Friedhofstors. Die Luft war so regungslos, dass das leise Klirren der Ketten auf Dantes Lederjacke und das Knarzen von Vons Lederchaps seltsam unwirklich widerhallten.
    Doch in dieser Stille vernahm Dante einen schwachen Rhythmus, der ihn während der vergangenen zwei Wochen immer wieder begleitet hatte, wenn er in Schlaf gesunken war. Er hatte etwas Urtümliches – wie der Schlag einer Trommel, die den Herzschlag der Erde wiedergab.
    Wie das stumme Lied, das ab und zu von Lucien in ihn floss und dessen komplizierte Melodie sich mit dem Refrain seines Antwortlieds vermengte. Es war ähnlich, aber nicht das Gleiche. Dieser Rhythmus erinnerte ihn eher an das fremde Lied, das in jener Nacht im Club Hell durch sein Bewusstsein geflossen war.
    In jener Nacht, in der Jay ermordet worden war, in der er starb, während Dante versucht hatte, ihn noch rechtzeitig zu erreichen …

    Ich wusste, du würdest kommen.
    In derselben Nacht hatte er Lucien mit gebrochenen Knochen und aufgespießt auf dem Boden der Kathedrale von St. Louis gefunden, die Fittiche zerfetzt, sein Lied nichts weiter als eine ersterbende Glut. Damals hatte er erfahren, dass Lucien, sein engster Freund, sein ami intime , in Wirklichkeit etwas ganz anderes war.
    Du siehst ihr so unglaublich ähnlich.
    Dantes Schläfen klopften qualvoll. Unterdrück es und konzentriere dich. Konzentriere dich auf den Moment. Nur darum geht es.
    Die Melodie stieg wieder wie Dunst in seinem Inneren auf. Es war ein dumpfer, verzagter Rhythmus, der ihn anflehte. Er bewegte sich, raste vorbei an weißen, verblichenen Statuen, die über Gruften wachten und die Trauernden betrachteten, die hierherkamen. Bäume und Marmormonumente verschwammen zu einem flackernden Schatten, als Dante noch schneller wurde.
    Die düsteren Trommelschläge des Lieds pochten im Rhythmus des Bluts, das durch seine Adern rauschte. Das Trommeln wurde immer eindringlicher, bis er spürte, wie es in seiner Brust widerhallte. Dann hörte es auf.
    Dante wurde langsamer und blieb stehen. Er hatte vor einem Grabstein mit dem Namen BARONNE angehalten. Daneben kniete, ein welkes Blumenbukett in Händen, den Mund weit geöffnet und die Fittiche nach vorn gerichtet, ein steinerner Engel.
    Der, von dem es in der Stadt hieß, er sei über Nacht auf dem Friedhof aufgetaucht.
    Magie, sagten manche. Gris-gris, glaubten andere. Ein Zeichen.
    Das flüsterten jedenfalls die Sterblichen.
    Die Nachtgeschöpfe schwiegen beunruhigt.
    Ein kühler Windstoß, der nach Leder, Frost und altem Motorenöl roch, zerzauste sein Haar, als Von neben ihm stehen
blieb. »Na, da hast du’s«, sagte der Nomad. »Bizarrer Hoodoo-Zauber. «
    »Das ist kein Hoodoo-Zauber, Llygad« , flüsterte Dante, ohne den Blick von dem steinernen Engel zu wenden. Er spürte, wie Von ein paar Schritte zurückwich, um seine Pflichten als Auge wahrzunehmen.
    Beobachten. Sichern. Beruhigen.
    Kerzen brannten in Gläsern vor dem Steinengel. Es duftete nach Vanille und Wachs. Mardi-Gras-Perlen aus Plastik hingen an den Flügelspitzen und um den Hals des Wesens. Jemand hatte mit blauer, gelber und rosa Kreide Kreuze in X-Form auf den Weg vor der Statue markiert, während vor den Füßen mit den langen Krallen zusammengefaltete Papierstückchen lagen.
    »Sieht nach einem Gefallenen aus«, sagte Dante. Noch etwas, das Lucien nicht erwähnt hatte. »Jemand hat ihn in Stein verwandelt. «
    Er kniete sich hin,

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