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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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Sergeant der Miliz antwortete.
    »Vier Züge Speerträger und zwei Züge Axtträger, Hauptmann. Die Bogenschützen stehen alle dort oben auf der Straße oder dem Deck, oder wie die Einheimischen das nennen.«
    Die drei verrenkten sich fast die Hälse, als sie nach oben sahen, wo eine Reihe von undeutlichen Gestalten zu erkennen war.
    »In der Wrackstadt scheint es ziemlich ruhig zu sein«, meinte Keren, als sie den Blick wieder senkte. »Habt Ihr die Bewohner in der Nacht evakuiert?«
    Sergeant Jirgo warf ihr einen verwirrten Blick zu. »Es gab keine Evakuierung, Sergeant Asherol.« »Ist das nicht etwas riskant?«
    »Vielleicht«, erwiderte Jirgo und lächelte unmerklich. »Vor allem für die Invasoren. Wenn Ihr mir folgen wollt, zeige ich Euch, was ich meine.«
    Redrigh übertrug einem der erfahreneren Reiter seiner Abteilung das Kommando. Er und Keren stiegen ab und folgten Jirgo über ein halbes Dutzend krummer Stufen zu einer niedrigeren, schmaleren Mole. Die schiefen, rissigen und verfallenen Rümpfe auf beiden Seiten der Mole bildeten eine schattige Schlucht, die verlassen dalag. Bis auf das Knallen ihrer Stiefelabsätze auf den alten Planken war es auch still. Ein ganzes Stück weiter vor sich sah Keren eine Abteilung von Speerträgern und Axtkämpfern, die hinter einer Barrikade aus Kisten und Ballastsäcken wartete. Gleichzeitig hörte sie auch Stimmengemurmel, das ihren Blick nach oben zog. In den Hecks der Schiffe auf beiden Seiten standen Gestalten an den Schanzkleidern, meistens Männer mit Speeren und Schlingen, aber es waren auch Frauen und Kinder darunter. Letztere spielten vollkommen unbekümmert, als gäbe es nicht den geringsten Grund zur Sorge.
    Während Redrigh zu den Soldaten ging und mit ihnen redete, sah Keren Jirgo an. »Gehen diese Leute nicht ein überflüssiges Risiko ein? Wir haben es mit einer Invasion zu tun, nicht mit einem Picknick.« Der Sergeant zuckte mit den Schultern. »Niemand kann sie zwingen, etwas zu tun, was sie nicht wollen. Außerdem sind einige von ihnen besser bewaffnet als wir. Vertraut mir, Sergeant Asherol, Ihr werdet froh sein, dass sie da sind, wenn diese verrückten Insulaner angreifen.«
    Davon war Keren zwar nicht überzeugt, aber je mehr sie von den anderen Verteidigern der Mole sah, desto deutlicher wurde ihr, dass jede Streitmacht von Invasoren sich einer erbitterten Gegenwehr aus diesen Schiffswracks gegenübersehen würde, die fast kleinen Festungen ähnelten. Die Stege zwischen ihnen würden zu mörderischen Gräben werden, und Redrigh und seine Reiter fiel offenbar die Aufgabe zu, sich der Invasoren anzunehmen, denen es gelang, durchzubrechen.
    Nachdem Keren ein halbes Dutzend Verteidigungsstellungen gesehen hatte, ging sie zu ihrem Pferd zurück und machte sich auf den Weg zum höheren Ende der Mole am östlichen Ende der Wrackstadt, nahe der abschüssigen Rampe, über die sie am Tag zuvor hierher geritten war. Redrigh hatte sie mit der Hälfte seiner Reiter hier stationiert. Sie führte ihr Pferd an einer Reihe verlassener Hütten und Schuppen vorbei und blieb vor einem schäbigen Erden-Mutter-Schrein stehen, wo sie dem Pferd ein bisschen Hafer gab. Sie starrte auf die verwitterte Statue in dem Schrein und sann über die roten Tränen auf deren Gesicht nach, als sie Rufe hörte. Rasch band sie das Pferd an einen Pfosten des Schreins, lief zur nächsten, niedrigeren Mole und bis an ihr Ende. »Segel in Sicht!«
    Als sie die niedrige Mauer aus Kisten und Fässern erreichte, waren die aufgetakelten Masten der feindlichen Schiffe deutlich zu erkennen. Sie segelten zügig vor dem kalten Wind, der vom Draakilis-Meer landeinwärts blies. Die Soldaten neben ihr spekulierten aufgeregt über die Taktik der Insulaner. Wollten sie einen Brückenkopf am Ostufer errichten und versuchen, die Stadt zu erobern, oder würden sie am anderen Ufer landen und die westliche Hälfte des Festlandes von Dalbar besetzen?
    Währenddessen segelte die feindliche Flotte immer näher heran, und die gewaltige Größe einiger Schiffe wurde allmählich ersichtlich. Der größte Teil der Armada bestand zwar aus langen, schmalen Zweimastern, welche die Insulaner wegen ihrer Schnelligkeit und Manövrierfähigkeit bevorzugten, sechs oder sieben Boote jedoch waren gewaltige Schlachtschiffe mit zwei oder drei Decks und drei oder gar vier Masten. Keren spürte, wie die Stimmung um sie herum düsterer wurde, als sie sich näherten, und hörte, wie Soldaten mit gesenkten Stimmen auf die Banner

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