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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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Zeit.«
    Golwyth betrachtete ihn amüsiert, aber Medwin erklärte sich nicht weiter.
    »Ich glaube, Meister Medwin, es wäre klug, wenn wir uns auf den Strand zurückziehen, auch wenn es dort nur bedingt sicher ist«, schlug der Händlerprinzipal vor.
    Medwin schüttelte den Kopf. »Ich will noch ein bisschen bleiben und versuchen, unseren mutigen Hauptmann Redrigh ausfindig zu machen. Vielleicht unternehme ich bei der Gelegenheit noch einen Versuch, diesen Hexenmeister zu irritieren.«
    Golwyth lächelte gequält. »Nun, man sagt ja, dreimal bringt Glück.«
    »Vermutlich bringt mir das dritte Mal eher Kopfschmerzen«, erwiderte Medwin ironisch. »Kehrt auf Euren Besitz zurück, Golwyth, und falls die Marschalle mich suchen, informiert sie, dass ich mich in Kürze zu ihnen gesellen werde.«
    Der Händlerprinzipal nickte und ging. Als das Hufgetrappel von Golwyths kleiner Gruppe verklang, trat Medwin einige Schritte näher an den zerbrochenen Rand des langen, zerstörten Kanaleingangs und musterte den Schauplatz der Vernichtung. Aus den Trümmern drangen das Stöhnen der Gefangenen und das Schluchzen und Murmeln ihrer Retter zu ihm hinauf. Medwin wollte sich in einen Zustand der Ruhe versetzen und versuchte, die Geräusche auszuschließen, doch vergeblich. Der Tod hing wie ein erstickender Schleier über diesem Ort. Hinter ihm waren die Feuer in Scallow außer Kontrolle geraten und erstreckten sich fast durch die halbe Stadt, während vor ihm im Brückenbezirk … Wer konnte sagen, wie viele schon gestorben waren? Der blinde, fanatische Geist, der ein solch gnadenloses Gemetzel unter Unschuldigen anzurichten vermochte, war in einem Maß verderbt, das Medwin zuvor noch nie erlebt hatte.
    Insgeheim stellte er sich die ängstliche Frage, was es kosten würde, einen solchen Feind zu besiegen, und ob das überhaupt möglich war.
    In dem breiten Kanal zu seiner Linken hatten die großen Schlachtschiffe aus Jefren Feuer gefangen und sanken. Sie waren hinter den Rauchwolken nur noch als Schatten zu erkennen, während kleinere Gefechte zwischen den Schiffen weitergingen. Eine Armada aus kleinen Booten schwärmte vom Strand aus, vollgeladen mit Soldaten, welche die Schiffe unter blutigen Verlusten enterten. Die Insulaner schienen besiegt zu sein, und das war ganz allein Yared Hevrins Verdienst. Er hatte sich vor anderthalb Monaten an Bardow gewendet und von seinen Beobachtungen berichtet, was die Forderungen der Insulaner und ihre heimlichen Abmachungen anging. Gleichzeitig hatte er dem Erzmagier einen kühnen Plan vorgetragen, eine «Flotte schneller, von Ruderern angetriebener Rammschiffe über den Roten Weg über Land nach Dalbar zu schaffen. Nach einigen Konferenzen mit dem Hohen Konklave wurde beschlossen, dass ein Drittel der Schiffe am Tal von Gronanvel entlang zur Hornbucht gebracht würde und von dort aus durch den Seekanal in den Sarlek-See fahren sollte, als Vorsichtsmaßnahme gegen einen Angriff aus dem Norden.
    Aber noch war das Brunn-Quell-Schiff dort draußen, und die Präsenz des Hexenmeisters drängte sich Medwin wie eine Naturgewalt auf. Kurz vor dem Eintreffen der feindlichen Flotte hatte sich ein brütender, bedrückender Nimbus über die ganze Region gelegt, der gewisse Aspekte der Niederen Macht einfach erstickte. Die meisten Gedankengesänge blieben davon zwar unberührt, Gedankensprache über eine weite Entfernung war jedoch nahezu unmöglich.
    Ach, Bardow, mein Freund, dachte Medwin. Dabei wären dein Rat und deine Hilfe jetzt sehr willkommen … Er faltete seine Hände, reinigte seine Gedanken, vertrieb Furcht und Zweifel und bereitete sich darauf vor, es erneut mit dem Feind aufzunehmen.
    Tief unter dem Hohen Turm lag eine geheime Kammer, von deren Existenz nur wenige wussten. Sie war rechteckig, nicht besonders groß und hatte jedoch eine hohe Decke. An einer Wand verteilten sich sechs elegante, durch Schmuckbögen verbundene Pfeiler, zwischen denen sich komplizierte Mosaiken befanden. An der gegenüberliegenden Wand befanden sich ebenso viele Pfeiler, nur gelangte man zwischen den Bögen in kleine Alkoven, welche einst die Priesterinnen der Erden-Mutter für ihre Gebete und zur Meditation nutzten. Die Mauern bestanden aus dunkelgrauem und dunkelblauem Stein, und auf Regalen neben der Tür brannten zwei dicke Kerzen. Ihr Lichtschein reichte jedoch kaum bis zu dem einfachen, viereckigen Tisch, an dem Bardow saß und nachdenklich ein Objekt vor sich betrachtete. Auf der abgenutzten, unbehandelten

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